FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Akademikerball 2023

APA/CHRISTIAN HABERHAUER

„Burschenschaften sind stärker in der FPÖ als je zuvor“

Der umstrittene Akademikerball ist auch heuer wieder in der Wiener Hofburg – begleitet von mehreren Gegenprotesten. Rechtsextremismusexperte Andreas Peham sieht die Verankerung der Burschenschaften in der FPÖ stärker als sie je war.

Von David Riegler

Seit 1952 treffen sich die Burschenschaften (bis auf wenige Ausnahmen) jährlich zu einem Ball, der mehr ist als nur eine Tanzveranstaltung. Auch heuer feiern sie wieder in einem der geschichtsträchtigsten Gebäude Österreichs, der Wiener Hofburg, veranstaltet von der Parlamentspartei FPÖ. Mehrere Organisationen haben Gegendemonstrationen und Kundgebungen angekündigt, darunter die „Offensive gegen Rechts“ und die Österreichische Hochschüler:innenschaft (ÖH), die schon Tage zuvor einen Konflikt mit der FPÖ hatte. Auf Instagram hat die ÖH dazu aufgerufen „den Burschenschaften das Tanzbein zu brechen“ und fügt später hinzu, dass dies natürlich rhetorisch gemeint sei und man generell nur zur friedlichen Demonstrationen aufrufe. Die FPÖ versteht das Posting aber als Aufruf zur Gewalt und die Polizei prüft den Vorfall nun.

Jahr für Jahr treffen beim Wiener Akademikerball die Fronten aufeinander und ein Teil der Wiener Innenstadt wird abgeriegelt. Auch heuer gilt wieder eine Platzsperre für den Bereich rund um die Hofburg und eine Teilsperre des Wiener Rings. Rund 900 Polizist:innen werden heuer im Einsatz stehen und gleich fünf Kundgebungen wurden angemeldet. Aber warum löst der Ball jedes Jahr derartige Reaktionen aus und welche Rolle spielen Burschenschaften in der politischen Landschaft? Das haben wir den Rechtsextremismusexperten Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes gefragt.

Der Akademikerball wird auch als Burschenschafterball bezeichnet, wird jedoch von der Parlamentspartei FPÖ veranstaltet. Welche Rolle haben die Burschenschaften in der Partei?

Andreas Peham: Die Burschenschaften stellen das intellektuelle oder akademische Rückgrat der FPÖ und als solches waren sie insbesondere in Krisenzeiten immer sofort zur Stelle, wenn es darum ging, der FPÖ wieder aufzuhelfen. Sie dominieren die Partei auch ideologisch. Das drückt sich etwa in der Wiederaufnahme des Bekenntnisses zur deutschen Volksgemeinschaft ins Parteiprogramm der FPÖ aus. Ich würde sagen in keiner Phase der Geschichte der FPÖ war das Verhältnis zwischen Burschenschaften, oder allgemein deutschnationalen Verbindungen, und der Freiheitlichen Partei enger als in den letzten Jahren. Und das drückt sich auch alljährlich am Akademikerball aus.

Der Akademikerball war in der Vergangenheit ein wichtiges Vernetzungstreffen. Wer vernetzt sich dort?

Andreas Peham: In den letzten Jahren haben sich vor allen Dingen Politiker:innen der befreundeten AfD ein Stelldichein gegeben, während die Beteiligung anderer europäischer Rechtsextremer und Neofaschisten eher zurückgegangen ist. Das hängt auch mit dem Rückzug von Andreas Mölzer zusammen. Aber er ist nach wie vor natürlich ein sehr attraktives Ziel für Rechtsextreme aller Schattierungen, auch aus dem Ausland natürlich.

Welche Themen werden dort besprochen?

Andreas Peham: Es geht sicher auch um die Konflikte innerhalb europäischer rechtsextremer Parteien, aktuell etwa entlang der Frage Ukraine, Russland. Im Vordergrund steht aber die Allianzen-Bildung. Dabei geht es ganz konkret um die Formation einer möglichst geeinten rechten bis rechtsextremen Fraktion im Europäischen Parlament, die man schaffen will. Solche Treffen hat es im Vorfeld der EU-Wahl bereits gegeben.

Nach dem rechten Geheimtreffen in Potsdam haben europaweit rechte Parteien diskutiert, wie man mit dem Thema „Remigration“ umgehen soll. Teile der europäischen Rechte fordern, dass man auch Staatsbürger:innen ihre Staatbürgerschaft entziehen soll, wenn diese nicht „assimiliert genug“ seien. Wird das auch ein Streitthema beim Akademikerball 2024?

Andreas Peham: Also ich würde sagen, die, die zum Akademikerball kommen, sind sich gerade in den Fragen der sogenannten Remigration weitgehend einig. Es ist, wenn man so will, der rechte, völkische Flügel der europäischen Rechtsextremen, der sich hier versammelt.

Jedes Jahr gibt es viele Gegendemonstrationen rund um den Akademikerball. Wie stark wird die Gegenbewegung heuer sein?

Andreas Peham: Angesichts der aktuellen Mobilisierung von Deutschland ausgehend nach dem Skandal-Treffen in Potsdam ist ein Aufwachen zu bemerken, auch in der Zivilgesellschaft. Auch wenn in den letzten Jahren die Zahl der Teilnehmer:innen eher zurückgegangen ist, ist wahrscheinlich heuer mit einer höheren Teilnehmer:innen-Zahl zu rechnen. Mehr Menschen sind bereit, auch öffentlich gegen Rechtsextremismus zu protestieren und auf die Straße zu gehen.

Die Gegendemonstrationen bezeichnen sich als „antifaschistischen Protest“. Wie gefährlich ist der Akademikerball für die Demokratie?

Er ist in diesem Sinne jetzt keine unmittelbare Bedrohung für die Demokratie. Aber es ist doch ein fatales Signal, wenn Deutschnationale, Burschenschaften und andere mehrheitlich Rechtsextreme, aber eben nicht nur, hier sich in den repräsentativen Räumen der Republik treffen können. Das verleiht ihnen eine gewisse Stärke und natürlich auch eine Salonfähigkeit.

mehr Politik:

Aktuell: