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Zwei Männer schütteln sich die Hände

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Mehr Andreasse als Frauen in den Chefsesseln des ATX

Die Chefetagen sind männlich. Immer noch. Es gibt mehr Chefs mit dem Vornamen Andreas als Frauen in den wichtigsten österreichischen Unternehmen an der Wiener Börse. Und das ist nur die Spitze der ATX-Männerwelt.

Von Paul Pant

Ich sag’s ungern. Es gibt mehr Wirtschaftskapitäne mit dem Vornamen Andreas als Frauen in der Position eines CEO in den im ATX versammelten österreichischen TOP-20-Unternehmen an der Wiener Börse.

Nur bei der Immofinanz AG steht eine Frau, Radka Doehring, als CEO an der Spitze. Gemeinsam mit Pavel Měchura herrscht im Immofinanz-Management damit Fifty-fifty. In neun Konzernen des ATX gibt es überhaupt keine Frau im Vorstand. In Summe sind es 78 Männer (86,67%) und nur 12 Frauen (13,33%), die führend am österreichischen Wirtschaftsherz operieren.

3 Dinge, die Mann 2024 sich vor Augen halten sollte:

1. Männerwirtschaft

In den Aufsichtsräten der ATX-Unternehmen besitzen 143 Männer fast eine Zweidrittelmehrheit gegenüber 76 Frauen. Das ist insofern bemerkenswert, da der Aufsichtsrat von den Aktionär:innen bzw. der Hauptversammlung gewählt wird. Hier könnte man durchaus meinen, dass Geschlechterparität von politischer Seite und Kernaktionär:innen stärker gefördert werden könnte. Zu meinen, Politik spiele in diesen Sphären überhaupt keine Rolle, und man habe keine Handhabe, kann man mit den jüngsten Erkenntnissen zu Einflussnahme in staatsnahen Betrieben durchaus auch als Schutzbehauptung qualifizieren.

2. Politik

Im österreichischen Nationalrat liegt der Frauenanteil bei 40,44 Prozent. Von allen Gemeinde- bzw. Bezirksvorsteher:innen auf kommunaler Ebene ist nur rund jede Zehnte eine Frau (11%). Beim Schlusslicht Vorarlberg gibt es überhaupt nur in sechs Prozent der Gemeinden eine Bürgermeisterin. In Niederösterreich (auf Platz 2 im positiven Sinn) liegt der Frauenanteil bei 15 Prozent und in Wien (auf Platz 1) bei 26 Prozent.

3. Lohn

Der dritte Punkt, in der „List of shame 2024“, ist der Gender-Pay-Gap. Hier ist Österreich nur bei den Bottom 3 in Europa. Frauen erhalten in Österreich durchschnittlich 18,4 Prozent weniger Stundenlohn als Männer. Das zeigt der „unbereinigte“ Gender-Pay-Gap von 2022. Damit ist dieser Gender-Pay-Gap bei uns um ein Drittel höher als im EU-Durchschnitt und höher als bei allen unseren Nachbarländern.

Was ist der Unterschied zwischen „bereinigtem“ und „unbereinigtem“ Gender-Pay-Gap?

Die, der oder das Gender Pay Gap, zeigt geschlechtsspezifische Lohnunterschiede. Zum Gender-Pay-Gap kann man wirklich der, die oder das sagen - alles richtig laut Duden. Der Gap (die Lücke) beschreibt den Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von Frauen und Männern. Aus dieser Rechnung ausgenommen sind Beschäftigte im öffentlichen Dienst und in Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitenden.

Beim unbereinigten Gender-Pay-Gap zählen Beschäftigungen unabhängig von der Karrierestufe und davon, ob es sich um Vollzeit oder Teilzeit handelt. In Österreich beträgt der unbereinigte Gender-Pay-Gap 18,4 Prozent.

Vergleicht man nur gleichwertige Tätigkeiten und Qualifikationen (also Verkäufer mit Verkäuferinnen, Ärzte mit Ärztinnen), dann beträgt der Unterschied rund sieben Prozent. Das ist das bereinigte Gender-Pay-Gap.

Der unbereinigte Gender Pay Gap offenbart die strukturellen Unterschiede besser. Denn wenn ein Chef genauso viel verdient wie eine Chefin, dann ist das zwar positiv, tatsächlich erreichen die meisten Frauen aber keine Führungsposition und arbeiten oft in schlechter bezahlten Berufen und in Teilzeit.

Warum diese drei Punkte relevant sind

Fifty-fifty-Quoten in den wichtigsten börsennotierten Unternehmen Österreichs genauso wie in der Politik und gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit: Diese drei Punkte könnten im Vergleich zu anderen Dingen rasch mit dem nötigen politischen Willen umgesetzt werden. Es sind keine hochkomplexen Materien, bei denen es wenige Hebel und viele Schrauben gibt.

Die Gleichstellung der Geschlechter ist historisch betrachtet ein recht junges Konzept in Österreich. Erst seit 1975 können Frauen ohne Zustimmung des Ehemannes überhaupt selber entscheiden, ob sie arbeiten gehen möchten. Und erst seit 1993 gibt es das Gleichbehandlungsgesetz.
2024 wäre ein guter Zeitpunkt, wieder einen Meilenstein zu setzten und ernsthaft die Baustellen in der Gleichstellung zwischen Männern und Frauen anzugehen.

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