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Generationen und ihre Klischees: Was ist dran?

Populärwissenschaftlich gilt: Alle 15 Jahre entsteht eine neue Generation. Die Gen Y, oft auch Millennials genannt, ist zwischen 1980 und 1995 geboren. Die viel debattierte Gen Z, geboren zwischen 1995 und 2010, folgt ihnen. Aber macht diese Einteilung überhaupt Sinn? Bestimmt unsere Generationenzugehörigkeit unseren Charakter und unsere Arbeitsmoral?

Von Alina Brandstötter

Babyboomer, Gen X, Millennials und Gen Z: Bezeichnungen für verschiedene Generationen gibt es genügend. Generationszugehörigkeiten sind mehr denn je ein Grund für Debatten und Stereotypisierungen.

Auf Social Media ist humorvoller Content über Generationenunterschiede schon lange gang und gäbe. „Ok, Boomer“ wird 2019 zum weltweiten (Internet-)Meme, in dem sich über die „spießigen“ Baby Boomer lustig gemacht wird. Millennials werden hingegen für ihre Liebe zu Avocado-Toast und Harry Potter verarscht. Im Internet werden sie auch abwertend als „Snowflakes“ bezeichnet. Sie sollen also besonders individuell und sensibel sein und die Work-Life-Balance ernster nehmen als beispielsweise ihre Gen-X-Kolleg:innen.

Studien und Artikel interessieren sich auch für sämtliche Lebensaspekte der Gen Z. Wie essen, schlafen, protestieren und lieben die Jungen? Jetzt, wo die jungen Erwachsenen der Gen Z in den Arbeitsmarkt eintreten, wird ihnen nachgesagt, arbeitsfaul und aufmüpfig zu sein. Die Gen Z ist mit dem Internet groß geworden und scheint in vielen Aspekten liberaler als ihre Vorgänger zu sein.

Aber was ist dran an diesen Generationenklischees?

Wir haben mit dem Psychologen und Generationenforscher Rüdiger Maas über die gängige Generationeneinteilung geredet. Er sieht die starre Generationeneinteilung durchaus kritisch. Er sagt: „Diese Einteilungen [werden] oft viel zu statisch gesehen und vor allem so holistisch, also so ganzheitlich. Und was wir so ein bisschen kritischer sehen bei den Einteilungen, ist, dass da immer eine Zuschreibung gemacht wird.“

Generationenforscher Rüdiger Maas

Rüdiger Maas

Die Einteilung von Menschen in Generationen ist immer auch eine Art Stereotypisierung. Baby Boomer sind Arbeitstiere, Millennials sensibel und Gen Z ist faul. Die Eigenschaften, die Altersgruppen zugeschrieben werden, sind wissenschaftlich aber gar nicht so leicht nachweisbar.

Rüdiger Maas: „Wenn man jetzt sagt, die Generation Z sei ungeduldig oder die Generation Z sei faul oder was auch immer da so die Klischees sind, dann müssten die das auch noch mit 40 sein oder mit 50. Wenn die das nicht sind, dann haben wir einfach nur die heutige Jugend ist so. Das ist ein Riesenunterschied. Wir haben nämlich eben auch Alterseffekte oder Dinge, die sich ausschleichen. Das muss man eben mit berücksichtigen. Das machen eben die meisten Studien nicht. Also ich müsste eigentlich etwas messen, was mehr oder weniger biografisch stabil ist. Und jetzt merkt man schon, so einfach geht das nicht.“

Generationen in Geburtsjahre einzuteilen, ist aus wissenschaftlicher Sicht also nicht immer sinnvoll. Auslöser für die Bildung einer neuen Generation ist oft etwas anderes.

„Das müssen oft Ereignisse sein, wo es danach keine Umkehr mehr gibt“.

Ein Beispiel dafür ist die Wiedervereinigung oder die Digitalisierung. Rüdiger Maas dazu: „Das heißt, die nächsten Kohorten [zusammengehörige Menschengruppen], die da kommen, kennen gar keine andere Welt mehr und die anderen eben schon. Und da könnte es tatsächlich unterschiedliche Denkmuster geben.“

Also ja, es gibt in einer Gesellschaft Generationen oder sogenannte Kohorten. Aber die starre 15-Jahre-Einteilung ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht automatisch sinnvoll. Herr Maas, was braucht es denn in der aktuellen Debatte um Generationen und ihre Unterschiede?

Rüdiger Maas: „Es ist schade, dass die Debatte jetzt in so eine Stereotypendebatte läuft und nicht mehr eine Verständnisdebatte ist. Es ist auch okay, wenn Ältere Jüngere nicht verstehen und umgekehrt. Aber wir sollten weg von diesem Schubladendenken und hin zum Verständnis.“

„Wir sollten weg von diesem Schubladendenken und hin zum Verständnis.“

Was heißt das jetzt?

Letztendlich sollten wir die starre 15-Jahre-Einteilung in Generationen dynamischer sehen. Auch in der Forschung werden gängige Generationenunterteilungen wie Gen X, Gen Y und Gen Z hinterfragt. Die Untergruppe der sogenannten Zillennials, einer Mischung aus Gen Y und Gen Z, beweist, dass die Trennung der beiden Generationen nicht einer magischen Jahresgrenze unterliegt, sondern durchaus auch von anderen Faktoren abhängt. Unumkehrbare historische Veränderungen - wie die Digitalisierung und Kriege - prägen uns und können eine Gesellschaft in Generationen teilen. Aber hier, wie auch in vielen Aspekten des Lebens, ist Identität und Charakter etwas Vielfältiges und Individuelles.

FM4 Auf Laut zu Generationen(-unterschieden)

Welcher Generation gehörst du an? Was macht sie aus? Und wie sinnvoll sind diese Kategorien überhaupt? Am 19.3.2024 um 21 Uhr diskutieren wir in FM4 Auf Laut darüber live mit Studiogästen der Gen Z und der Millennials, mit dem Generationenforscher Rüdiger Maas und mit Anrufer:innen. Wenn du Fragen oder Erfahrungen hast, ruf an oder schick uns eine (Sprach-)Nachricht per Whatsapp: 0664 8284444!

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