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Die Band Kasabian

Sony Music

Englands beste Band

Kasabian melden sich mit einem neuen Album zurück. „For Crying Out Loud“ ist der bereits sechste Longplayer des Quartetts aus der mittelenglischen Stadt Leicester. Zurück zur Gitarre heißt es für die Band rund um Sergio Pizzorno und Tom Meighan.

von Eva Umbauer

Sergio „Serge“ Pizzorno gab sich bloß ganze sechs Wochen, um die Songs von „For Crying Out Loud“ zu schreiben, um ihnen, wie er sagt, einen „sense of urgency“ zu geben, eine gewisse Dringlichkeit. Er nahm sich vor, nicht allzulange über einem Stück zu brüten, sondern es diesmal wieder direkter, einfacher anzugehen. Zurück zur Gitarrenmusik sollte es gehen, ja, Sergio Pizzorno nahm sich vor, den Gitarrenpop zu „retten“, weil dieser immer wieder gern als „alte“ Musik abgestempelt wird. Klassisch(er)e Songs sollten es also werden, kein neumodisches Zeug. Mit neuen Sounds hatten Kasabian in der Vergangenheit experimentiert, etwa am letzten Album „48:13 “.

Kasabian in Kürze

Kasabian wurden Ende der 1990er Jahre in Leicester gegründet. Die Band ist benannt nach Linda Kasabian, jener Frau, die Mitglied der sogenannten „Manson Family“ war. Sie war die Fahrerin jenes Autos, in dem am 8. August 1969 Susan Atkins, Charles Watson und Patricia Krenwinkel zum Haus von Sharon Tate in Los Angeles fuhren und sie dort ermordeten. Kasabian veröffentlichten 2004 ihr erstes Album, das nach der Band selbst, „Kasabian“, benannt wurde.

Serge Pizzorno weiß, dass seine Bandkollegen ihm vertrauen, wenn er in seiner „Sergery“ an neuen Songs werkt. Der Name seines Studios zuhause in Leicester ist ein Wortspiel aus Sergios Vorname und dem Wort „surgery“, also „Arztpraxis“. Was aber wäre ein Macher wie Sergio Pizzorno ohne einen Tom Meighan, ist Letzterer doch gesegnet mit diesem ganz besonderen Gen des britischen Rockband-Frontmannes, einem Gen, das Liam Gallagher von Oasis hat, oder auch andere Britpopper wie etwa Liam Fray von den Courteeners.

Kasabian-Albumcover - ein weinender Mann

Kasabian

Kasabian - „For Crying out Loud“ ist bei Columbia erschienen.

Kasabian spielen am 4.11.2017 im Gasometer in Wien.

Der Typ des selbstbewussten Britpop-Mannes am Mikro, der ganz ohne Musikinstrument auskommen und der die Songs, die der Bandleader geschrieben hat, glaubwürdig rüberbringen muss. Dieser Frontmann hat immer einen Touch britischer Working Class, also einen starken Akzent der Gegend, aus der er kommt. Außerdem ist er gut gekleidet - will heißen, er ist ein Mod. Im Sommer würde er selbstverständlich nie Shorts anziehen, auch wenn es noch so heiß ist, Style ist schließlich Style.

Mitsingen, bitte!

Und da sind wir auch schon mitten im neuen Album von Kasabian, beim romantisch angehauchten Song „Wasted“, samt Flamenco-Gitarre von Sergio Pizzorno, in dem es heißt „Summer is here once again, but you won´t catch me in shorts.“ Nein, so weit soll es nicht kommen, schließlich haben Kasabian - wohl Großbritanniens beste Band - schon mit genug Schwerwiegendem zu tun, etwa mit dem Verliebtsein in einen, äh, Psycho. „You´re In Love With A Psycho“ heißt die erste Single vom neuen Kasabian-Album, ein Song, bei dessen Refrain man nur schwer nicht mitsingen kann.

In „You´re In Love With A Psycho“ geht es um Attraktion, und dass man sich nicht aussuchen kann, in wen man sich verliebt. Und manchmal, so sagt Serge Pizzorno in Interviews zum neuen Album seiner Band, ist diese Person eben eine Art „Psycho“, jemand, der total schimpft, weil man den Müll nicht rausgetragen hat, oder weil man vergessen hat, die Katze zu füttern. Eigentlich hätte der Text ja, „I´m in love with a psycho“ heißen sollen, aber das hätte wohl der Frau von Sergio Pizzorno nicht so gut gefallen, also änderte Sergio den Songtext um und machte „you´re in love with a psycho“ daraus. Und eigentlich, so Serge Pizzorno, sei ja ohnehin er der Psycho, wenn er seiner Frau sagt, er wäre in einer halben Stunde wieder zurück, dann aber die ganze Nacht mit seinen Kumpels abhängt.

Comedy fürs Video

Psycho hin oder her, es gibt ein beeindruckendes Video zu diesem Song, mit dem die Band den Inhalt noch einmal besonders unterstreicht, samt Tanzeinlagen, die man extra in einer Tanzschule geprobt hat. Comedy a la Groucho Marx meets „Einer flog über das Kuckucksnest“. Stephen Graham aus dem brtischen Film „This is England“ spielt übrigens in diesem Video mit.

Die Gitarre ist insgesamt verstärkt zurück am neuen Album von Kasabian, zusammen mit dem großen Popsong zum Mitsingen, etwa in Gestalt von „Bless This Acid House“. Aber auch das eine oder andere nachdenkliche Stück mit schöner Akustigitarre gibt es auf „For Crying Out Loud“, etwa das wunderhübsche „All Through The Night“. Dann gibt es aber auch Rap-Rock, nämlich gleich mit „Ill Ray (King)“, dem Albumopener, und es gibt Songs, die wie Cartoon-Rock sind, oder wie Glam-Pop mit einem Augenzwinkern, wie ihn die englische Band Slade einmal spielte.

Hier geht´s nicht um Coolness, hier dürfen auch die Arme in die Luft gerissen werden. Und während wir das tun, erinnern sich die Älteren unter uns vielleicht an den sogenannten „Madchester Rave“ der frühen ´90er Jahre, an Manchester-Bands wie die Charlatans oder die Happy Mondays. Ja, es ist Brexit-Zeit, aber das soll uns trotzdem nicht in die Depression stürzen. Kasabian helfen gerne dabei.

Der Mann am Albumcover, der für diesen lustigen Schnappschuss herhalten musste, ist übrigens ein langjähriger Roadie der Band. Und der Albumtitel, „For Crying Out Loud“, ist ein Ausdruck, den Sergio Pizzornos Vater oft verwendete, wenn er sich über etwas ärgerte, wenn es also „zum aus der Haut fahren“ war; dieser Ausdruck bedeutet in etwa so viel wie „es ist zum Schreien“. Zum Schreien - vor Freude - ist auch der neue Kasabian-Longplayer.

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