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DJ Shadow vor Studio Equipment

DJ Shadow (c) Derick Daily

artist of the week

DJ Shadow ist live ein Erlebnis

DJ Shadow spielt diesen Donnerstag im Wiener Wuk. Aus diesem freudigen Anlass eine kleine Tour de force durch 2 Dekaden des Werks unseres Artist of the Week.

Von Natalie Brunner

Zum ersten Mal habe ich DJ Shadow vor über 10 Jahren im Wiener Flex gesehen. Damals war er noch unter Turntablist gelistet. Die Location war rappelvoll und alle waren gespannt, was für eine Art von Show er bieten würde, um das Prädikat „live“ zu verdienen.

Es war ein Schulausflug der Class of 96, der Schule der heiligen vier Elemente, Leistungsgruppe 1, DJing. Für viele Vertreter dieser Kunst( Ich spreche hier von HipHop und Vinyl und nicht von irgendwelchen überbezahlten House DJ Douchebags die auf Auto Sync drücken) gilt das Credo: I talk with my hands.

Nicht so für DJ Shadow, ihm war wichtig, dass das Publikum versteht, was er wie und warum macht.

DJ Shadow der Kulturvermittler

Es gab eine Einführungsansprache, die mit der Frage begann, wer die frühere Musicbox Redakteurin Katharina Weingartner kennt. Mit der war er nämlich einmal 2 Wochen lang durch Amerika Unterwegs: Beathunting, also Platten, schwarzes Gold, in entlegenen Ecken und Enden Nordamerikas aufstöbern. Sowas machte der seiner Kunst verfallene in Prä- Internetzeiten. Es sollte auch eine Musicbox Sendung zu der Exkursion geben. Eine Reise war auch die Performance, die DJ Shadow vorbereitet hatte und bis ins Detail erklärte: Er mit den Decks hinter drei Leinwänden die in einem bestimmten Winkel zueinander stehen und auf die drei verschiedene Filme projeziert werden.

Ich glaube mich dunkel zu erinnern, dass er bei der Einführungsansprache erwähnte, dass der Preis des für die Tour gemieteten Equipments 2 Millionen Dollar sei, falls man es verliert oder zerstört. Dann rekonstruierte er mit zwei Plattenspielern und einem Sampler sein Debütalbum „Endtroducing“, auf eine ähnliche Art wie er es wohl gemacht hatte.

Ich habe den Abend nach so langer Zeit noch in Erinnerung, weil mensch die Liebe spüren konnte, die Shadow zu seiner Kunst hatte, und auch seinen Willen, zu erklären wie es zustande kam. Ein Botschafter von HipHop in einem damals für viele US_Künstler wohl noch nicht so genau kartographiertem Terrain.

Der Meilenstein „Endtroducing“

1996 veröffentlichte James Lavelle auf seinem Label Mo Wax DJ Shadows Debütalbum „Endtroducing“. Ein Meilenstein des Turntablismus, ein Album, das nur aus Zitaten und Samples besteht und dennoch etwas genuin Neues war. „Endtroducing“ ist nicht digital, sondern mit einem MPC Sampler gemacht worden.

Die Reviews überschlugen sich damals vor Begeisterung: „‚Endtroducing. . .‘ mit seinem abstrakt groovenden Eklektizismus stößt mit Wucht eine Tür in die Zukunft auf, eine Zukunft, in der Popmusik sogar ihrem Zitatcharakter entsagt und auf molekularer Ebene eine Rekombination der eigenen Geschichte erfährt."

DJ Shadow hat, so schien es, das Rad neu erfunden und „Midnight in a Perfect World“ erzeugt auch nach 21 Jahren noch Gänsehaut beim Hören.

Eine weitere Live Begegnung mit DJ Shadow hatte ich 2010 bei einem ziemlich großen Festival in Serbien, dem Exit in Novi Sad. Shadow spielte auf der Hauptbühne vor tausenden Menschen und die audiovisuelle Show wirkte, als wäre Shadow seit unserer ersten Begegnung vom Rebellencommander auf Endor zum Besitzer des Todessterns geworden. Er schwebte über der Bühne in einer Kugel aka Todesstern, auf die projiziert wurde, was den magischen Kristallkugeleffekt erzeugte.

Der Ausflug ins HipHop-Subgenre Hyphy

Drei Jahre davor war Shadows Album „The Outsider“ erschienen, für das er von der nicht HipHop spezialisierten Öffentlichkeit geschmäht worden war, weil es großteils eine Auseinandersetzung mit dem in der Bay Area populären Hyphy war. Der Rapper E-40 ist einer der wichtigsten Protagonisten des Albums, genau so wie aufgemotzte Karren, auf deren Dach mensch, wenn er genügend Uppers Downers und Alk intus hat, die Hyphy Tanzrituale aka „go dumb“ praktizieren kann.

Beim Sonar Festival 2006 offerierte Shadow verstrahlten Easy-Jet-Set-Ravern um 6 Uhr in der früh „DJ Shadow presents The Hyphy Movement". Die Einführungslektion in das HipHop Subgenre aus Oakland und Vorgeschmack auf das neue Shadow Album. Hinter dem Mischpult DJ Shadow. An den Mics Keak da Sneak, Turf Talk und Nump.

Nachdem die Terminologie geklärt war und wir alle wussten, was Purple ist und versprachen, es in Zukunft nur beim Bouncen auf den Dächern unserer Autos zu rauchen. Als die doch sehr zahlreich vertretenen Musikjournalistenkollegen zuviel diskutierten, ob das jetzt Post Dizzee Rascal West Coast HipHop sei oder Bay Area Crunk, wurden die ersten paar Reihen von den Herren mit den Masken auf der Bühne mit irgendwas beworfen, was wie Konfetti aussah und durchs Mikrophon als The Ultimate Party Pills angepriesen wurde.

Oops, ich war auch dort, hatte also meine 45 Minuten Hyphy-Spaß. Scheiße ist nur, dass ich mich nicht im Geringsten daran erinnere und nur anhand der niemals vergessenden und vergebenden FM4 Seite weiß, dass ich dort war.

Für die fassungslosen DJ Shadow Fans gab es aber dann als Zugabe doch ein 15-minütiges „Endtroducing“-Medley, damit sie sich nicht in den Schlaf weinen müssen, weil sie keine einzige Orgel gehört haben.

Der gefragte Producer

Die Welt hat sich weitergedreht. DJ Shadow hat als Producer mit exzellenten MCs gearbeitet, die HipHop Heads wie auch Beirut-, Arcade Fire- und Massive Attack-Hörerinnen abnicken können.

Ich bin neugierig was DJ Shadow live 2017 bedeutet, was für ein Versuch der Synthese von HipHop-Purismus und Pop-Appeal es sein wird.

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