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Der ÖFB in der selbstverschuldeten Krise

Teil 2 eines dreiteiligen Reality Checks zur Zukunft des österreichischen Fußballs, für die in den letzten Wochen entscheidende Weichen gestellt wurden. Teil 3 zur Liga folgt Montag.

Von Martin Blumenau

Der ÖFB steht derzeit ganz schlecht da. Angezählter Präsident, selbstzerstörerische Landeschefs, ein durch den unvorsichtigen Sportchef beschädigter Teamchef, öffentliches Kopfschütteln, weil man Peter Stöger ohne Not eintunkte, durch Entlassungen und Abgänge bedingter Personal- und Kompetenz-Notstand.

Siehe dazu auch Teil 1 eines dreiteiligen Reality Checks zur Zukunft des österreichischen Fußballs, Fodas Trippelschritte.

Außerdem: Warum Franco Foda der richtige ÖFB-Teamchef ist. Not. vom 27. 10. und auch Das starke und das schwache Fundament vom 9. Oktober und Clowns of the Stone Age vom 11. Oktober.

No one is innocent: Peter Schöttel kann etwas für die Umstände seiner Bestellung. Sein Einverständnis zum abgekarteten Ruttensteiner-Loswerden-Spiel katapultierte ihn ins Zentrum der aktuellen Krise des ÖFB. Und seine ersten Taten zeigen, dass er nicht einkalkuliert hatte, was auf den Verband und ihn zukam.

Schöttel wurde als kompetenzgestutzter Nachfolger des Sportlichen Leiters Willibald Ruttensteiner installiert, dessen zunehmende (durch die Erfolge von Koller oder den ÖFB-Frauen gestützte) Macht nicht nur den mittlerweile notorisch bekannten (Amateur-) Landespräsidenten, sondern vor allem den Profi-Geschäftsführern in Verband und Liga ein Dorn im Auge war. Dass dabei auch Ruttensteiners inhaltliche Verdienste (kurz gefasst: der Einzug der Moderne im verschlafenen, österreichischen Fußball, Stichwort: Einsatz von Sportwissenschaft & Analyse-Technik) mitentsorgt wurden, war und ist in einem bildungsfeindlichen Klima inmitten einer populistischen Gesamtgesellschaft mehr als ein Kollateralschaden.

The daily blumenau bietet seit 2013 ebenso wie sein Vorgänger, das Journal, regelmäßig Einträge zu diesen Themenfeldern.

Schöttel sollte die neue Ära moderieren; im Sinn der Doppelspitze Hollerer/Neuhold (hier ein Blick in die Orga-Struktur des Verbandes). Die Nachfolger des langjährigen ÖFB-Allmächtigen Gigi Ludwig haben mit dem Outsourcing der Wirtschaftsbetriebe den zuvor wie ein Wirtshaus geführten Verband (der bis tief in die Euroquali-Erfolgsphase des A-Teams nicht einmal Merch-Trikots anbot) ins 21. Jahrhundert gehoben, wollen aber selber das Tempo bestimmen und sich nicht von einem innovationsbegabten Sportlichen Leiter mit lehrerhaften Anwandlungen treiben lassen.

Peter Schöttel ist diesbezüglich ambitionslos. Und versuchte sich seit seiner Nominierung insofern von seinem Vorgänger abzusetzen, als dass er einerseits freundlich zuhörend allen Wichtigtuern das Gefühl von Bedeutung gibt, andererseits aber auch eine ungewohnte Transparenz nach außen an den Tag legt. Prompt wurde Schöttel Opfer eines klassischen Medien-Double-Binds, was die Trainersuche betrifft. Vor allem, weil seine (und Präsident Windtners) Darstellung der Geschehnisse im Fall von Weinzierl und vor allem im Fall Peter Stöger auf Interpretations-Widerstand stießen. Und auch weil sich Neo-Teamchef Franco Foda (durchaus zurecht) als dritte, vierte, fünfte Wahl abqualifizieren darf. Andreas Herzog, dem auf seine Zurückweisung angesprochen derzeit fast die Stimme versagt, wäre da wohl weinend aus dem Saal gelaufen.

Präsident Leo Windtner ist nach dem Mai-Putsch der Landespräsidenten und der Bundesliga (deren Einfädler-Rolle auch hier medial unterging) ein König ohne viel Land; blöd, weil er seit Februar in Pension ist und viel Zeit hätte. Der Gesichtsverlust, den der ÖFB in diesem Jahr erlitten hat, fällt aber in erster Linie auf ihn zurück. Aus der aktuellen Lose-lose-Situation kommen Präsident/Verband aber nur durch Erfolge des A-Teams (das sich in Trippelschritten konsolidieren soll) raus.

Denn mit den zwischendurch schon wieder preisgekrönten Fußball-Frauen verhält es sich zuschreibungstechnisch wie bei FM4 in Relation zur Mutter ORF: hat keine breite öffentliche Relevanz. Detto beim seit einiger Zeit höchst erfolgreichen Nachwuchs bis hin zur U19 - der heuer einen clean sweep einfahren konnte. Oder der stark verbesserten Trainerausbildung.

Die im übrigen nach der Entlassung von Ruttensteiner und dem nicht aufgehaltenen Thomas Janeschitz recht kopflos dasteht. Wie auch der Nachwuchs nach dem Neuseeland-Abflug Andreas Herafs im April nur noch mit Zsak/Stadler/Marko aufwarten kann. Apropos braindrain: Mit dem erfahrenen Pressechef Wolfgang Gramann, den Windtner im Juni opfern musste, wäre Schöttel sein Kommunikationsdebakel womöglich nicht passiert.

Dass Schöttels doch recht einfach gestrickte und erwartbare Liste nicht interessantere Namen enthielt (als Foda-Nachfolger bei Sturm gibt’s wohl eine diversere Liste) hat wiederum wohl nichts mit Können, sondern entsprechenden Vorgaben zu tun: weg vom Anstrengenden, hin zum Berechenbaren, weg vom internationalen Anspruch, hin zur Aufwertung des ureigenen Produkts. Und exakt das ist der Masterplan hinter den aktuellen Entscheidungen von Verband und Liga. Wobei der Verband den Turnaround extrem ungeschickt angegangen ist und sich so in die Krise geschossen hat.

Die Liga (deren Vertreter auch bei allen relevanten Entscheidungen entscheidend beteiligt waren) hat ihren Job besser erledigt - dazu Montag mehr.

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