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Queens Of The Stone Age live in der Wiener Stadthalle

FM4 | Franz Reiterer

Nicht schlecht für einen Sonntag!

Große Aufgeregtheit beim Konzert der Queens Of The Stone Age in der Stadthalle Wien.

Von Susi Ondrusova

Im Zuge ihrer Europa-Tour rund um das siebente Album „Villains“ haben Josh Homme & Co ihre Instrumenten-Trucks erneut in der Stadthalle Wien geparkt und sich von 12.500 BesucherInnen feiern lassen.

Josh Homme’s Konzertwoche war mindestens genauso spektakulär wie die der österreichischen Musikfans, die in der vergangenen Woche beim Konzertangebot die Qual der Wahl hatten: Entweder Nick Cave & The Bad Seeds oder Mogwai oder Mark Lanegan beim Ahoi Pop Festival besuchen? Josh Homme sei auch ein wenig frustriert, erst vor ein paar Tagen hat er mit Warren Ellis telefoniert und bedauert, dass sich die Wege seiner Band mit den Bad Seeds kreuzen, aber keine Zeit bleibt die gegenseitigen Gigs auch zu besuchen. Auch Josh Homme kann sich nicht zweiteilen, auch er muss arbeiten.

„I always think it’s either Saturday or Monday!“, meint er beim Interview vor dem Konzert und erinnert an die Bandphilosophie, die erklärt, wie eine Queens Of The Stone Age Show vom Gefühl her abläuft: immer auf 100, immer bereit sein. Es geht jeden Moment um jeden Moment.

Auf der Bühne wird er später sagen: „People come to me and say ‚You know what the truth is?‘ And I say ‚Fuck you Hitler!‘“ Lasst euch nicht in eine Schublade zwängen, will er seinen Fans mit den empor gestreckten Händen sagen. Lasst euch nicht einreden, wie ihr wann zu denken oder zu sein habt. „Right now is all we will ever get!“, meint er, bevor die Band passenderweise „Domesticated Animal“ anstimmt.

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Josh Homme spricht wahlweise in Kalendersprüchen oder Tagebucheinträgen. Beim Interview seziert er das Wort „Schurke, Schuft, Bösewicht“, dafür steht nämlich der schöne Albumtitel „Villains“. Ihm gefällt, wie das Wort alleine schon am Papier ausschaut: „I love the way it shapes. To be blocked off by a V. The two Ls together is just gorgeous and that vertical rise! The S is unfortunate but what you’re gonna do. Everything else is almost sharp and roman in a way. That title has so much agitation there. There’s so much prodding!” Ein dringlicher Titel, der in Aufruhr versetzen kann. Glaubst du, ich bin der Schurke? Du bist es doch selber! Josh Homme mag es, wenn jeder Fan zu einem Titel eine sofortige Assoziation hat und eine Gefühlsregung zeigt.

Überhaupt mag er das: Aufregung, Unruhe, Anstiftung. „Agitation“ und „instigation“ sind die Worte, die er am öftesten beim gestrigen Interview verwendet.

„I think there’s something in the agitation that demands an open mind. I think the more I feel like I´m poking and prodding the more I’m reminding myself I must have an open mind. I must see not just what I want (to see) but what’s there to see.“ Angesprochen darauf, ob ihm nicht langweilig geworden ist, weil die Nachricht, dass das neue Album vom Mark „Uptown Funk“ Ronson produziert worden ist, doch auch große Wellen geschlagen hat, weil eine Annäherung von Rock und Pop im Jahr 2017 doch längst kein newswürdiger Ausnahmezustand mehr wert sein sollte, meint der Musiker, dass er doch genau damit gerechnet hat: „I always assumed we would lose 15% of our people every record because this is the nature of agitation!“ Und auch: „When there’s an interest and a conversation that occurs about a collaboration: this is the positive friction of agitation. Positive friction is how fucking happens and how music happens and how art happens and conversations of something that you’re passionate about!”

Natürlich ist ein Konzertrahmen im Jahr 2017 nur noch ein kontrollierter Ausnahmezustand. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Stadthalle erlaubten keine Rucksäcke, die größer waren als eine Bauchtasche, so verwandelte sich die Eingangshalle zu einem riesigen Taschenlager. Wenn man es positiv sehen will: So hatte jeder wenigstens mehr Platz und durfte an rucksackfreien Schultern sich in die ersten Reihen vorkämpfen.

Die Band spielte auf einem Feld von Lichtschwertern ähnlichen Stangen ein 22 Songs umfassendes Set. Also nicht schlecht für einen Sonntag. Die Band kickt die Leuchtstäbe in einem Moment und schmiegt sich im anderen an sie an. Bassist Michael Schuman fährt sein Hals-und-Haar-Akrobatik-Programm und wirbelt durch die Gegend. Gitarrist Troy Van Leeuwen spuckt elegant zwischen den Strophen über seine Schulter. Losgelöst und gut gelaunt schaut die Band aus. Bequem schlichtet Josh Homme das Hemd in die offene Hose, als es mal kurz zu warten gilt, bis der Roadie ihm die richtige Gitarre reicht.

Jeder Abend soll ein anderer, frischer, neuer Abend sein. Jetzt ist jetzt eben. Die Reproduzierbarkeit von „Shows“ ist auch nett, aber interessiert ihn für diese Band nicht.

„I need to be different every night. I need it to be a moment only. So we change things in and out and standing up there based on what’s going on. We have a lot of luxury in our music to play things differently and turn things inside out if we want. I need to have this dynamic event where things are rising and falling and moments that are softer and moments that are a bit polarizing.“

Soviel Josh Homme auf die Frage, was denn passieren muss, damit er am Ende des Abends sagt: Das war ein gelungenes Konzert! Der Wunsch nach einem polarisierenden Abend ist ein interessanter Vorsatz. Die Einstellung, den Fans jeden Abend alles geben zu wollen, als ob es die erste und letzte Show gleichzeitig wäre, ist eine begrüßenswerte und für eine Hallenshow auch absolut die richtige. Allerdings merkt man die Ekstase oder Aufgeregtheit am besten im Moshpit, also vorne Mitte. Jener Zauberort bei einem Konzert, bei dem Josh Hommes Wunsch sich erfüllt. Weil dort die tatsächliche Reibung durch Nähe und Hüpfsituation der Fans entsteht.

Queens Of The Stone Age live in der Wiener Stadthalle

FM4 | Franz Reiterer

Wer sich eher seitlich der Bühne befindet und den Abend auch eher schunkelnd verbringen möchte, muss sich trotzdem nicht fürchten, dass einem die Superlative ausgehen. Der Sound ist nämlich gut an diesem Abend. Gleich zu Anfang gibt es bei „Feet Don’t Fail Me“ auch eine erste euphorische Mitklatsch-Einlage. Das finale Gitarrensolo bei „I Appear Missing“ sollte überhaupt eine Blaupause für alle Gitarrensoli sein. Da hört man die Band auf ihrem Höhepunkt.

Große Freude dann meinerseits, als die Band das Versprechen vom Interview einhält und tatsächlich den neuen Song „Un-Reborn Again“ in den Zugabenblock einbaut.

Ein Song, der so dicht und vollgepackt mit Ideen ist, dass er fast schon die repräsentativere Single für das ganze „Villains“-Werk wäre. Von seinen lautpoetischen Dududus und Nananas, dem schüchternen, fast schon witzig anmutenden Keybord-Einsatz, dem hämmernden Bass und diesem unglaublichen Schlagzeug-Einsatz, bei dem man kurz schauen muss, ob da jetzt Mensch oder Maschine am Hocker sitzt. Dass auch bei diesem Track das Publikum von selbst anfängt im Takt mitzuklatschen, ist ein gutes Zeichen dafür, dass dieses Songmonster bis zur Festivalsaison 2018 nicht in der Schublade verschwinden wird, sondern noch wachsen wird können. Schließlich gibt es bei den Queens Of The Stone Age keine Wiederholung. Die einzige Wiederholung ist die, dass die Fans von gestern, vielleicht schon morgen den nächsten Städtetrip planen, um die Band noch einmal live sehen zu können.

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