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Reisfeld im Sommer

Österreis

auf laut

Der Reisbauer von Gerasdorf

Ein dreißigjähriger App-Entwickler baut in der Nähe von Wien Reis an. Ganz ohne geflutete Terrassen, dafür mit viel Leidenschaft und Einsatz.

von Ali Cem Deniz

„Es ist mehr als einmal passiert, dass ich mitten in der Nacht schweißgebadet aufgewacht bin.“ sagt Gregor Neumeyer. Wenn er über Reis redet, funkeln seine Augen und wenn man ihn nicht stoppt, könnte er stundenlang über die Pflanze reden. Auf seinem schwarzen T-Shirt ist eine abstrakte Zeichnung einer Reispflanze abgedruckt. Darunter zu lesen: Österreis.

Eine verrückte Idee

Die Idee in Österreich Reis anzubauen ist wie viele gute und schlechte Ideen bei einem gemeinsamen Bier mit einem Freund entstanden. Gregor Neumeyer war anfangs skeptisch. „Ich habe gesagt, du bist ein Trottel. Das kann ja nicht gehen.“ erinnert sich der Reisbauer.

Doch die Idee ließ die beiden nicht los und bald fingen sie an zu experimentieren.

Bilder aus der Reisfarm "Österreis"

Ali Cem Deniz

Den Platz dafür hat Gregor Neumeyer auf dem landwirtschaftlichen Betrieb gefunden, den er von seinen Eltern übernommen hat. Mit 40 Reissorten hat er Versuche durchgeführt. Auf dem drei Hektar großen Feld wachsen mittlerweile drei Mittelkornreissorten.

Fast trocken

Die malerischen gefluteten Reisterrassen, die man aus Südostasien kennt, wo der meiste Reis angebaut und konsumiert wird, braucht man gar nicht. Was Gregor Neumeyer anbaut, nennt sich Trockenreis.

"Reisanbau in Österreich ist gar nicht so skurril, wie man glaubt. In umliegenden Ländern wird ja auch Reis angebaut.“

Der Reis braucht tatsächlich viel Wasser, aber geflutet werden die Felder in Asien aus einem anderen Grund: um das Unkraut zu bekämpfen. Die zierliche Pflanze kann nämlich nur schwer mit anderen Gewächsen konkurrieren. Da die Flutung in Österreich wegen der Bodenbeschaffenheit und dem enormen Wasserverbrauch nicht möglich ist, muss Gregor Neumeyer bei der Unkrautbekämpfung selbst Hand anlegen. Mehrmals im Jahr jätet die Familie Neumeyer das Unkraut – größtenteils händisch.

Unberechenbarer Reis

Das erfordert viel Einsatz und Zeit. Unter der Woche arbeitet Gregor Neumeyer an der Entwicklung von Apps für Banken. Ab dem Frühjahr, wo die Aussaat beginnt bis zur Ernte im Herbst, steht er jedes Wochenende auf dem Feld. Ein kontrastreiches Arbeitsleben.

„In der IT ist alles Null oder Eins. Es ist relativ gut berechenbar. In der Landwirtschaft hat man Abhängigkeiten, die man nicht beeinflussen kann. Denen muss man sich einfach aussetzen. Dafür kriegt man am Ende mehr für sich selbst, wenn es gut läuft.“

Bilder aus der Reisfarm "Österreis"

Ali Cem Deniz

Im ersten Jahr hat er gerade Mal eine Handvoll Reis geerntet.

„Am Ende des Tages steht man am Feld und da ist Nichts. Da waren schon ein paar Momente, wo man Tränen in den Augen hat.“

Der Reisbauer bleibt hartnäckig und sucht nach neuen Methoden um den österreichischen Reisanbau ertragsreich zu machen. Dafür arbeitet er mit der Bodenkulturuniversität und anderen Forschungseinrichtungen zusammen. Die Kooperationen tragen Früchte. Der Reisanbau wird langsam rentabel und inzwischen bauen mehrere Betriebe gemeinsam mit ihm Reis an.

Die japanische Reismühle

Der mühsame Anbau bringt nicht nur Nachteile mit sich. Bei Trockenreis ist die Arsenbelastung deutlich geringer. Die gefluteten Reisfelder Asiens sondern enorme Mengen an Methan ab. Der trockene Anbau ist klimafreundlicher. Doch das hat seinen Preis. Ein Kilo „Österreis“ kostet derzeit um die dreizehn Euro. Dass sein Produkt für die meisten KonsumentInnen ein Luxusgut darstellt, weiß Gregor Neumeyer. „Wenn wir den Anbau weiterentwickeln, werden in Zukunft vielleicht etwas günstiger werden, aber den Ein-Euro-Reis aus Österreich wird es niemals geben.“

Bilder aus der Reisfarm "Österreis"

Ali Cem Deniz

Wer auf den günstigen Supermarktreis verzichtet, bekommt hier frisch vermahlenen Reis, der wesentlich besser schmecken soll. Dazu hat Gregor Neumeyer eine Reismühle aus Japan importiert. Die ist so groß wie zwei aufeinander gestellten Waschmaschinen und kommt in Japan in Kommunen und sogar in privaten Haushalten zum Einsatz. Hierzulande wird der Reis wohl auch in absehbarer Zukunft für die meisten eine nette Beilage bleiben. Nicht für Gregor Neumayer.

Er experimentiert mit Reiswaffeln, Reisbier, Reisöl und mit Feuerwerken. Mit den Hüllen der Reiskörner werden Feuerwerkskörper gefüllt. „Wir haben auch schon die ersten Raketen mit Österreis gestartet.“ sagt Gregor Neumeyer. Und ob die auch besser fliegen? „Ich weiß nicht, aber auf jeden Fall regionaler.“

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