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Nino aus Wien

Pamela Russmann

Immer auf der Suche

Obwohl er sie oft besingt, Lethargie kann man dem Nino aus Wien nicht vorwerfen: dieser Tage veröffentlicht er nämlich sein siebentes reguläres Studio-Album namens „Wach“. Trotzdem geht es am Album auch ums Schlafen.

von Christian Pausch

„Es lebe der Schlaf“ heißt einer der insgesamt zwölf Songs auf Ninos neuestem Album. „Es gab: ‚Es lebe der Sport‘ und ‚Es lebe der Zentralfriedhof‘ jetzt habe ich ‚Es lebe der Schlaf‘ geschrieben. Ich schlaf’ sehr gern, ich hab’ einen guten Schlaf.“, erklärt der Liedermacher im FM4 Soundpark Interview.

Viele dichten dem Nino ja eine natürliche Verschlafenheit an, aber eigentlich steckt hinter dieser Fassade eine Art erwachsener Lausbub, immer an irgendwas dran, immer am Machen, Tun und Werkeln. Der Nino aus Wien ist ein umtriebiger Musiker, seit 2008 hat er sieben Alben herausgebracht– alle Specials und Alben mit anderen Projekten, zusammen mit Natalie Ofenböck oder Ernst Molden oder mit Krixi, Kraxi und die Kroxn - nicht einmal mitgezählt.

Die Ungeduld des Musikers

„Man wird halt ungeduldig, wenn man zu lang kein Album macht.“, erklärt er. „Wenn ich weniger Alben machen würde, wären sie vielleicht besser, aber es macht halt Spaß. Und Problembär Records bringt alles raus was ich mach’. Ich könnt jetzt echt ein neues ‚Metal Machine Music‘ aufnehmen, nur Feedback oder so, und sie würden’s rausbringen. Aber man darf das Vertrauen natürlich nicht ausnutzen.“

Albumcover: Nino aus Wien - "Wach"

Problembär Records

Die Präsentation des neuen Albums findet am Freitag, 7.4.2017 in der Arena Wien statt.

Problembär Records ist die Plattenfirma, die seit Anfang an an Ninos Seite steht und oft scheint es tatsächlich, als würden sie aber auch wirklich alles rausbringen, was dem Nino so einfällt. „Jetzt kommt das Wach-Album raus, dann vielleicht noch eins und dann mal Pause.“, sagt der Künstler selbst ein wenig resignierend - man will ja das eigene Publikum nicht überfordern. Gleichzeitig hat kein Nino-Release je enttäuscht, also warum nicht noch mehr hervorzaubern?

Auch „Wach“ überzeugt, nicht nur von der Vielfalt der angesprochenen Themen her, sondern auch rein musikalisch. Die Bandbreite der Genres ist beachtlich, auch wenn der Nino-Sound natürlich bei jedem Song zumindest durchschimmert. Besonders beim Song „Zeit zum Werden“ fällt auf, dass hier gerne mit verschiedensten Stimmungen experimentiert wird. Die Beats klingen fast schon arabisch, eine indische Sitar kommt zum Einsatz und am Ende mündet das ganze in einen Trance-artigen Zustand. „Der Produzent hat gemeint: Wir sind mit dem eigentlich vierzig Jahre zu spät.“, lacht der Nino. Der angesprochene Produzent ist Paul Gallister, der auch für andere Kaliber wie Wanda oder Conchita gearbeitet hat.

Nicht so der Videotyp

Zum Opener des Albums „Was ich schon gefunden hab“ gibt es ein Musikvideo, gedreht von Stephan Stanzel von A Life, A Song, A Cigarette. „Es war ein sehr angenehmer Dreh, weil es war nur ein Take in der Wohnung vom Stephan. Ich reiß’ mich sowieso nicht so um Videodrehs, ich bin gar nicht so der Videotyp, mich nervt das oft ziemlich. Aber wenn’s so funktioniert, taugt’s mir schon. Wir haben fast nur fünf Minuten gebraucht.“ Sehen lassen kann es sich aber gerade deshalb:

„Mir gfallt’s ganz gut, weil es so real ist irgendwie. Es passiert nix und so ist es ja auch in Echt, wenn man in der Wohnung ist.“

Der Arbeitstitel des neuen Albums war „Der Nino aus Wien sucht...“ - kein Wunder, lauten doch gleich die ersten Zeilen auf der Platte: „Ich such’ am Himmel oben, die rosa Lichter in Blau verwoben.“, und überhaupt ist das Suchen, aber auch das ein-bisschen-was-Finden, das große Thema des Albums und gleichzeitig das Thema unser aller Leben, oder?

Ein Album über das Musikhören

Der Song „Deine Boheme“ ist eine Hommage an Dichter_innen und Künstler_innen, die niemand kennt. Inspiriert wurde der Nino zu diesem Lied durch Gespräche mit dem Kaffeehausdichter Thomas Frechberger. Der Song ist also auch eine Hommage an ihn. In „Sandy Simmons“ - benannt nach einer Fantasiefigur, die den Nino schon lange begleitet, geht es einfach nur darum, die Kinks zu hören mit der Person, die man gerade lieb hat.

Es ist tatsächlich auch ein Album über das Musikhören selbst geworden. „Für mich ist das ein Zurückerinnern an meine Jugend“, sagt der 29-jährige Nino. Auf dem Bett liegen, an die Decke starren und selbstgemachte Tapes durchhören. Viele verlieren ja später im Leben die Lust und Neugier auf neue Musik, aber der Nino entdeckt schon noch immer wieder viele neue und auch neue alte Sachen, wie er im Interview sagt: „Zur Zeit bin ich in einer Billy Joel-Phase. Jetzt hör‘ ich halt seit zwei Wochen nur noch ‚The longest time‘ von ihm.“

Berufswunsch Schwarzkappler

„Was soll ich anderes, als gar nichts machen“ heißt eine schöne Zeile auf dem neuen Album „Wach“. Dass sie aus der Feder eines Musikers stammt, der so viel Output hat, wie der Nino aus Wien, ist fast schon ironisch.

Angesprochen auf seine Umtriebigkeit winkt er ab: „Wenn man sieht, was ich alles nicht mach‘, oder wie viel ich nichts mach‘, das ist schon beängstigend. Ich hab’ halt ein Glück, so einen Beruf zu haben, wo das Nichts-Tun anscheinend dazugehört.“

Einen 40-Stunden-Job und nebenbei Songs schreiben, kann er sich nicht vorstellen. Zwanzig Stunden schon eher, obwohl: „Ich mach’ sicher irgendwann einen Blödsinn und dann würde man mich feuern.“ Aber Schwarzkappler zu sein, das stelle er sich schön vor, sagt er kichernd.

Das Wort „Wach“, das Munter-sein, Aufmerksam-Sein, das Nicht-Schlafen zieht sich durchs ganze Album, im Titel kommt es nur im Song „Tränen machen wach“ vor. Ist dieses Lied dann sozusagen der tonangebende Titelsong? Da drückt sich der Nino vor einer eindeutigen Antwort: „Es ist so ein Disko-Depressions-Lied. Vielleicht machen wir ein Video dazu…“

Dass sich Depression und Disko nicht ausschließen, ist wie immer das Schöne an Ninos Musik. Die Schattenseiten gehören eben auch dazu. Darum heißt es dann auch so wunderbar im letzten Song des Albums: „Das Leben wird das Sterben sein.“

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