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Deerhunter

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Einmal noch Sommerabend

Der Song zum Sonntag: Deerhunter - „Death in Midsummer“

Von Christoph Sepin

Die ersten paar Sekunden von „Death in Midsummer“ wirken fast belanglos: Nebensächlich tröpfeln die Melodien vor sich hin, Bradford Cox singt über Wolken und Ängste, über das große Gemeinsamsein und die ewige Leere. Je länger man drinnen bleibt in den Wiederholungen der Instrumente, desto mehr wird aber klar: Zu diesem Lied kommt man nicht für den Anfang und die ersten dreißig Sekunden, sondern für den ganzen Rest.

Was beginnt wie die Introsequenz einer nachmittäglichen Familienserie, lässt immer mehr und mehr in sich finden. Cox beginnt eine Geschichte zu erzählen, über alte Freunde, die in Fabriken arbeiteten, aber jetzt nicht mehr hier sind. Spricht über Vergänglichkeit und Reue, Dinge, die man noch tun hätte können. Eine Geschichte über die unveränderliche, starre Vergangenheit, das wird klar. Am Cover zur Single ist eine schwarz-weiße Fotografie zu sehen: „Revolution In The Streets of St. Petersburg, July 1917“, lautet die Bildunterschrift.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Das nächste, mittlerweile achte Album von Deerhunter aus Atlanta, Georgia kommt am achten Jänner 2019 raus und nennt sich „Why Hasn’t Everything Already Disappeared?“. Eine Frage als Titel, einerseits als Beobachtung der Welt und des Zeitgeists, andererseits als Spiegel des Orts, wo einiges für das Album aufgenommen wurde: Eine Geisterstadt in Texas, in der die Welt scheinbar schon verschwunden ist.

Es ist eine graue, herbstliche Atmosphäre, die hier aufgebaut wird, trotz dem Mittsommer, der im Titel des Lieds steht. Wie passend, dass dieser Track auf einem „Science-Fiction-Album über die Gegenwart“ gefunden werden kann, wie es der Pressetext beschreibt.

Und nicht nur in der Geschichte, die in „Death in Midsummer“ erzählt wird, verbirgt sich mehr als Anfangs vermutet, auch in den Instrumenten. Was viele gute Lieder ausmacht, wird auch hier umgesetzt: Spannung durch Wiederholung zu kreieren. Wenig verändert sich in den Melodien, immer mehr Instrumente kommen dafür dazu, bauen aufeinander auf, bis alles wieder auseinander fällt. Wie die Welt, die Deerhunter in diesem Lied besingen.

„I go around and feel how it fades“, weiß Bradford Cox zum Finale hin, während im Musikvideo mit Cowboyhood durch die verfallene Wild-West-Stadt spaziert wird. „Walk around and you’ll see what’s faded“. Müde wird sich noch einmal festgehalten, wie ein alter Cowboy in einer alten Welt mit einem letzten Blick zurück auf das was war.

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