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Wörgl DIY Skatepark

Alexander Gretter

Wie baut man den größten DIY-Skatepark des Landes? Freestyle!

Im Tiroler Wörgl steht der größte DIY-Skatepark Österreichs, vielleicht sogar Europas. Local-Skateboarder haben über 13 Jahre hinweg mit eigenen Händen ihr Skateboard-Paradies erschaffen. Doch wie baut man einen Park ohne Handwerkswissen, Masterplan oder großes Budget? Freestyle!

Von Florian Wörgötter

Zwischen Innfluss, Autobahn und Tierkrematorium erstreckt sich der Skatepark Wörgl DIY. Aus der Vogelperspektive gleicht die Anlage einem 150 Meter langen Backförmchen-Set. Roman „Asti“ Astleitners stolzer Blick leuchtet durch die schwarzen Gläser seiner Sonnenbrillen, wenn der schlanke Skateboarder erklärt, warum ausgerechnet im Tiroler Wörgl der größte DIY-Skatepark des Landes steht: „Alles eine spontane G’schicht“, lacht Astleitner, der mit seinem 40-Mann-Team über 13 Jahre hinweg den Park step by step gebaut hat.

Wörgl DIY Skatepark

Florian Wörgötter

„Wann immer wir wieder genug Budget gesammelt haben, haben wir was Neues gebaut – und konnten einfach nimmer aufhören", sagt der gebürtige Kufsteiner, der seit knapp 30 Jahren auf dem Deck steht. "Wir hatten zwar keinen Schimmer vom Betonieren, doch den Background von Skateboardern, daher wussten wir schon, was wir brauchen.“ Heute stehen auf der 2.500m²-Fläche drei Pools, ein Snake-Run, Quarterpipes, Handrails, Pyramiden, Curbs und Banks. Schwierigkeitsgrad: Fortgeschritten.

Just do it yourself!

Der DIY-Gedanke („Do it yourself“) steht dafür, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, wenn nötige Strukturen fehlen. Subkulturen wie Punk und HipHop nutzten die kreative Selbstermächtigung einer engagierten Jugend stets als Triebfeder. Auch im Skateboarden bestimmt die Do-it-yourself-Philosophie maßgeblich seinen freigeistigen Spirit: Wo anfangs noch keine Skateboards verfügbar waren, wurden Rollschuh-Rollen mit Brettern verschraubt.

Und wo ein Skatepark fehlte, wird eben selbst einer gebastelt – ohne Baufirma, oftmals ohne Genehmigung, mit literweise Herzblut und dem Wissen, was Skater wirklich wollen. Wenige dieser DIY-Skateparks überstehen jedoch die Lebensdauer eines Zwischennutzungsprojektes und werden abgerissen wie etwa der Skatepark auf dem ÖBB-Grund am Wiener Nordbahnhof (2017).

Wörgl DIY Skatepark

Florian Wörgötter

„DIY ist nicht für die Ewigkeit bestimmt“, betont Astleitner die Kurzlebigkeit des Improvisierten. Dennoch prophezeit er dem Park in Wörgl eine höhere Lebenserwartung, schließlich gelte ein Zehnjahres-Pachtvertrag für das Grundstück der Stadtwerke, die Stadt Wörgl und der Tourismusverband seien zuletzt auch an Bo(a)rd gekommen. „Sollten wir den Park irgendwann doch räumen müssen, finden wir eben einen neuen Platz, den wir bebauen können“, zeigt sich Astleitner zuversichtlich. Von den Anrainern im benachbarten Tierkrematorium habe sich jedenfalls noch keiner beschwert.

How to build your paradise

Hinter dem 13 Jahre langen Bau – laut Astleitner eine „Neverending Story“ – steht der Union Skateboardclub „Bones“ und ein kalter Winter, der den einstigen Holz-Skatepark marode gemacht hat. Statt diesen im Geiste Sisyphos’ zu renovieren, entschieden sich die Skateboarder im Jahr 2005 für einen wetterresistenten, damals noch unüblichen Betonpark. Ein paar Euro kamen vom Land Tirol, ein paar vom lokalen Skateshop, ein bisschen Beton von Sponsoren.

Doch wie baut man nun einen Skatepark? Roman Astleitner steht an der Kante des kleinsten der drei Betonpools und erklärt: „Zuerst wird ein Loch gegraben, mit steinigem Frostkoffer gedämmt, damit die Winterkälte den Beton nicht durchbricht, und mit Baustahlgittern verstärkt.“ Dann kommt der Stoff, aus dem seine Träume sind: der Beton, bereits streichfähig im Mischwagen angeliefert. „Die Radien und Kurven shapen und glätten wir mit der Hand“.

Betonschalung für eine Skate-Bowl

Alexander Gretter

Wie man Beton verarbeitet, mussten sich die Jungs erst selbst beibringen. Heute lacht Astleitner über die „Wellen“ der ersten Jahre und nennt sie den „Charakter des Parks“. Da nun jeder einzelne Zentimeter verbaut ist, könnte ja jetzt mit dem Lifting begonnen werden.

Zukunft aus grauem Beton

Über die Jahre haben Astleitner und sein Team das Handwerk des Betonierens zu ihrem gemacht. Seit drei Jahren bauen die Jungs professionell Skateparks in Österreich und Deutschland – selbständig oder für namhafte Skatepark-Hersteller. Bauzeit: zwei bis drei Monate. Mit Know-How, genügend Budget und einem Detailplan von Höhe und Gefälle ginge es also auch ein bisschen schneller.

Wörgl DIY Skatepark

Florian Wörgötter

Doch die Liebe zum Beton ist über das Skateboarden hinausgewachsen: „Wir erzeugen heute alles aus Beton: Lampenschirme, Küchenplatten, Esstische, Waschbecken, Trophäen oder Skulpturen“, erklärt Astleitner seinen vielseitig verformbaren Wunderwerkstoff. „Ein Kollege baut sogar Skateboards und BMX aus Beton“.

DIY vs. Dabeisein ist alles

Welche Rolle spielt der DIY-Gedanke heute noch, wenn Skateboarden 2020 erstmals zur Olympischen Disziplin erhoben wird? „Eine besonders wichtige!“, sagt Astleitner. Die Zukunft sei eine Gratwanderung, auf der zu achten sei, dass der Freiheitsgedanke im Skateboarden nicht verloren gehe, wenn Großkonzerne in das Skateboarden drängen, weil sie das große Business wittern. „Wie sehr das dem Sport schadet, werden wir sehen“, sagt Astleitner, selbst kein Fan der drohenden Kommerzialisierung.

Ein Vorteil aber sei, dass immer mehr Geld fließe, das viele Gemeinden in den Bau neuer Skateparks stecken würden anstatt wie bisher in den Fußball, so Astleitner. Um eine spannende Skate-Anlage zu entwerfen, empfiehlt Astleitner allen Bauverantwortlichen zwei Dinge: „Hört auf die Expertise der Local-Skateboard-Szene. Die wissen am besten was gebraucht wird.“ Und: „Arbeitet mit fachkundigen Bauunternehmen. Die guten Skatepark-Bauer bestehen zu 90% aus Skateboardern.“

Wörgl DIY Skatepark

Florian Wörgötter

Ansonsten: Wenn der Park die heimischen Skater mangels Qualität nicht interessiert, würden dort die Kiddies lediglich auf falsche Gedanken kommen. Wenn der Park aber wegen seiner Attraktivität von vielen Skatern besucht wird, funktioniere alles wie von selbst. Dann braucht es auch – wie hier in Wörgl – weder Regeln, eine Aufsicht oder Eintritt. So wie das beim Skaten eben sein sollte: Freestyle.

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