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Aktueller Musiktitel:

Nas hinter Kunstblumen am Bühnenboden liegend

Phile Deprez

Mäandern im Multiversum

Trap, Drummachines und Diskokugeln auf der Theaterbühne: Es wummert bei der Geburtstagsedition des Linzer Schäxpir Festivals rund um Theater, Performance, Musik und Tanz.

Von Lina Simon

Die Jubiläumsausgabe des Schäxpir Festivals läuft noch bis Sonntag (30.6.) in Locations in ganz Linz. Mit dabei z.B.: Landestheater, Theater Phönix, Ars Electronica Center, Moviemento, Anton Bruckner Uni und Posthof.

Das Display glänzt, ein Memoji weint, Digital Touch - du hast einen neuen Herzschlag am Handy. Alles echt.

Im Kosmos der gleichzeitigen Wirklichkeiten schwebt das Schäxpir Festival: „Multiversum“ heißt das Leitthema der zehnten Ausgabe des biennalen Festes. Alle Sterne der Milchstraße glitzern am Eröffnungsabend über das Kleid von Theatermacherin Julia Ransmayr, in ihren Händen und jenen von Sara Ostertag liegt die künstlerische Leitung heuer zum zweiten Mal. Letztere inszeniert für das Opening gemeinsam mit Johan De Smet auch das Stück „Homo Deus Frankenstein“ vor einem in Blau getunkten Bühnenbild, on stage zuckt ein Maschinenmensch. Die Aufführung ist eine österreichisch-belgische Koproduktion - Vertreter*innen des flämischen Theaters blinken im gesamten Schäxpir Programm grell auf. Viele von ihnen lassen Diskokugeln über die Linzer Theaterbühnen rollen.

Multiverse

Drehende Turntables und Loopstations in einem Multiversum aus buntem Plastikzeug: eine Gießkanne, Skateboards, ein Wischmob, Sprühflaschen, ein Schirm. Louis Vanhaverbeke tänzelt und umkreist die Dinge, türmt sie auf, bespielt und beschwört sie in Spoken Word und Rap Mashups. „And everywhere those boxes, yeah boxes all around. Box here, box there, box, boxes with diverse sound,“ regnet es über ein Piano aus 2Pac’s „Changes“.

Louis ist der DJ, er recyclet Samples und Objekte in Endlosschleifen. Auf den Plattentellern dreht sich aufgeblasen ein Globus, es duften frische Pancakes. Ein immer höher werdender Schlagobersturm aus der Sprühdose bringt sie aus ihrer Umlaufbahn, bei der nächsten Umdrehung werfen sie den Haufen ab.

Louis Vanhaverbeke an einem von der Decke hängenden Plattenspieler

Jolien Fagard

Wer lebt auf unserem Planeten der Wegwerfgesellschaft? Der Mensch? Oder leben die Dinge selbst, während wir an unserem Zeug ersticken? Louis setzt sich einen Plattenspieler auf den Kopf und die Nadel auf eine eiernde Police Platte: „There’s no political solution to our troubled evolution.“ Im Gespräch sagt er: „This song talks about how we’re just spirits in a material world and it’s very much at stake today. We’re using our hands and bodies just trying to find our way through this world that we’ve jammed with all this stuff ourselves. And then - where are we heading to?“ Aus all dem Zeug auf der Bühne baut Louis Vanhaverbeke ein wackeliges Spaceshuttle, bereit für den Lift-Off.

The only way is UP

Es wummert auf der von Neonschlangen beleuchteten Theaterbühne. Zwei klobige Tischpulte, dahinter zwei junge Typen in Ganzkörperanzügen. Sie zitieren sich durch die Popgeschichte von Red Hot Chili Peppers bis Daft Punk, Morricone bis Waits, schlagen in die Synths und Drumpads, werfen sich Gitarren um und Dialoge hinterher. Ist das noch Theater oder schon Konzert?

Jonas Vermeulen und Boris Van Severen sind beide Schauspieler und Musiker - letzterem hat dies etwa eine Rockstar-Rolle im Film „Belgica“ von Beautiful Boy Felix Van Groeningen eingebracht. Sie werken an der Schnittstelle: „The word ‚concert theater‘ is probably most correct in our case, because our show is equally a concert as well as a theatre performance. We try to mash it all up and mix it in a bowl.“

Boris van Severen mit Gitarre bei "The only way is up"

Thomas Dahnens

Live Musik abseits der Theaterbühnen gibt es beim Schäxpir Festival im KLUB CLUB, UNTEN im OK. Hier ist der Eintritt frei!

Freitag, 28.6.

  • Kerosin95
  • Culk
  • Love Good Fail
  • Ashida Park Label Showcase (mit Amblio, Antonia XM und Nahshi)

Samstag, 29.6.

  • Luca Carlotta
  • Welia

Boris und Jonas spielen Instrumente und gleichzeitig vier Charaktere, teils bis zum Tod - und mixen random Turning Points des Lebens am Mischpult. Am Anfang der Geschichten liegt die „Future tomorrow“ und ein Meer aus Möglichkeiten: „I can do what I want and nevertheless, the options are limitless, which gives me a bit of stress. My friends don’t have a clue.“ Irgendwo im Älterwerden liegt ein glänzender Schatz - oder ist es doch nur ein Wenigerwerden von Optionen?

Coming Up: Solo von Nas & Jim

„Ik ik ik ik ik ik ik ik“ spuckt Nastaran Razawi Khorasani ins Mikrofon, „what about me?“ schreit sie. „Love me, love me, love me,“ johlt Jimi Zoet zurück. Gemeinsam und trotzdem Solo liegt den zweien eine Wiese aus künstlichen Blumen zu Füßen.

Nas mit geschlossenen Augen und Mikro in der Hand

Phile Deprez

Dramatisches Scheinwerferlicht, Stroboskop Flackern, eine Nebelmaschine, silberner Confettiregen: „Solo von Nas & Jim“ zwinkert Richtung Selbstüberhöhung im Pop und ist ein autogetuneter Trap-Schlager über Geltungsdrang und Selbstverliebtheit. Ein Hoch auf Cell Phones, Instagram und Selfie Sticks. Reach out to the whole world! Und sieh dabei nur dich selbst im Porträtmodus. „If you don’t love yourself, how the hell are you gonna love someone else?“

Das Schäxpir Festival behält sein junges Publikum im Fokus. Zum Geburtstag läuft ein zeitgeistiger (Re-)Mix aus Pop und Theater, Performance und Konzert - und die Torte wartet im Club. Happy Birthday, Schäxpir!

Empfehlungen für das Schäxpir Festival:

  • Solo von Nas & Jim
  • Blind Cinema
  • Artefakt
  • White Hole
  • Memories of Borderline
  • Paradise Now
  • Unkraut

Das gesamte Programm gibt es hier!

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