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Miley Cyrus

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Miley Cyrus und das Zahnrad der Provokation

Der Song zum Sonntag: Miley Cyrus - „Mother’s Daughter“

Von Christoph Sepin

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Über Miley Cyrus und ihre Lieder kann gut und lange debattiert werden und Menschen haben verschiedenste Zugänge zur Musikerin: Da gibt es die, die immer noch ihren, einmal sogar von Nick Cave zitierten, Disney-Charakter Hannah Montana mit ihr in Verbindung bringen, dann gibt es wieder die, die, spätestens seit dem viel diskutierten Video zu „Wrecking Ball“ in ihrer Karriere beabsichtigte Provokationen sehen, um sich von der braven Vergangenheit zu distanzieren.

Und dann gibt es wieder Leute, die Cyrus als kluges Enfant Terrible der Popwelt sehen, eine Musikerin, die mit Leuten wie den Flaming Lips sehr gute Lieder aufgenommen hat, die heuer als Headlinerin am Musikauskenner*innen-Festival Primavera Sound aufgetreten ist und deren Performance kürzlich in Glastonbury vom NME als „Neuerfindung“ bezeichnet worden ist.

Trotz all dem bleibt Cyrus ein Teil der Popmaschinerie, die sie selbst anzuprangern scheint: Erst vor kurzem beispielsweise, als von ihr veröffentlichtes Promomaterial große Ähnlichkeiten zu Arbeiten mehrerer Künstler*innen aufzeigte und sie sich mit Plagiatsvorwürfen auseinandersetzen musste. Cyrus selbst reagierte darauf im besten Fall mit einer kurzen Entschuldigung, im schlechtesten Fall mit Funkstille. Für eine Künstlerin, die sich mit Empowerement und Gerechtigkeit beschäftigt, macht das mehr als einen schlechten Eindruck - auch jetzt, zur Veröffentlichung von „Mother’s Daughter“. Und letzten Endes erinnert es nur an Klischees musikindustrieller Praktiken.

Don’t fuck with my freedom

Kalkuliert oder nicht, Zahnrad der Popmaschine oder nicht, mit „Mother’s Daughter“ ist Cyrus trotz allem wieder ein Track zwischen Provokation und starken Messages gelungen, die in solcher Deutlichkeit im Mainstreampop immer noch nicht oft auftauchen. Schon zu Beginn, als sie tatsächlich „Hallelujah“ mit der Zeile „I’m gonna do ya“ reimt.

Um zu verstehen, worum sich „Mother’s Daughter“ dreht, muss das Musikvideo, in dem Messages wie „Every woman is a riot“ und „My body my rules“ über den Bildschirm blitzen, gar nicht angesehen werden: „She got the power“ singt Cyrus über den Beat und vergleicht sich mit Krokodilen, mit Piranhas und dem nicht zu bändigenden Wind in den Wäldern der amerikanischen Südstaaten.

Alle, die damit ein Problem haben, werden von Cyrus in ihre Schranken verwiesen: „Back up, boy“, so die Zeile und „I’m nasty, I’m evil“. Dann das zentrale Statement, das sich durch den Refrain hindurch stetig wiederholt: „Don’t fuck with my freedom“ als Antwort auf die zunehmende Abtreibungsdebatte innerhalb der USA. Und so entpuppt sich das Lied als trojanisches Pferd für Cyrus, um Botschaften zu verbreiten und Diskussionen zu starten. Was bleibt ist ein weiterer, selbstbewusster Schritt für die Musikerin, die dann am Ende des Tracks ihre Hater einfach mit einem kurzen „Swish, swish“ aus dem Gedächtnis wischt.

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