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Kerosin95 springt in der Nacht

Hanna Fasching

Kerosin95 brennt

Ganz schön on fire: Multitalent Kathrin Kolleritsch ist mit ihrem* Empowering Rap Projekt Kerosin95 unser FM4 Soundpark Act des Monats August.

Von Katharina Seidler

Fragt man Kathrin Kolleritsch nach der treibenden Kraft hinter Kerosin95, dann sagt sie* nur ein Wort: „Wut“. Das überrascht, wenn man sich den bisherigen musikalischen Output ihres* neuesten Alter Egos anhört, denn allzu aggressiv und roh klingt hier nichts. Die Kerosin-Tracks - bisher offiziell erschienen „Außen hart innen flauschig“ und „Hass“ - sind vielmehr funky und beinahe freundlich, sie kommen mit Wortwitz in präzise vorgetragenem Sprechgesang um die Ecke und werden von smoothen Basslines und Beats getragen: „Nicht immer taktvoll, doch stets im Rhythmus des Metronoms.“

Kerosin95 springt in der Nacht

Hanna Fasching

Kerosin95 live

  • 7. September: Strandgut Festival, K Kulturverein Kamptal Oberplank
  • 14. September: Take the A-Train Festival, Salzburg

Auch der Single-Titel „Hass“ führt insofern auf den ersten Blick in die Irre, bis man auf den Text lauscht oder bis Kolleritsch den Hintergrund zu diesem Song erklärt. Es geht darin nämlich um den Hass der anderen. „Das Lied beschreibt eine Art, mit queerfeindlichen Situationen umzugehen, auf der Straße und im Alltag. Es geht darum, die hasserfüllten Kommentare zu entlarven und zu analysieren, und sich komplett über das Gegenüber zu stellen, das diese Kommentare auf einen wirft, völlig grundlos eigentlich. Es ist ein Ego-Boost-Track für zache Situationen im Alltag“.

Passend dazu treten Freund*innen aus Kerosins Umfeld im dazugehörigen Videoclip vor die Kamera und performen den Text, der auch für sie spricht: „Wieso immer so hart, wieso nicht bisschen zarter? (...) Glaubst du hast ’nen Panzer, doch bist ziemlich durchsichtig. (...) Nimm dein Herz aus dem Kühlschrank und schmeck es."

Weil sich solche persönlichen Messages am besten in der Muttersprache verbreiten lassen, ist die deutsche Sprache neben dem Sprechgesang die größte Neuerung an dem Projekt Kerosin95. In der Popmusikwelt ist Kathrin Kolleritsch, die als Nicht-Cis-Frau das Gendersternchen neben dem Personalpronomen bevorzugt, nämlich bei weitem keine* Unbekannte, war sie* doch über viele Jahre bei den Bands Kaiko und James Choice and the bad decisions für Schlagzeug und Stimme verantwortlich. Auch bei der hierzulande derzeit am heißesten gehandelten Indie-Garagen-Band des Jahres, My Ugly Clementine, teilt sie* ihre Talente zwischen Rhythmusgruppe und Mikrophon auf. Auch dort trifft Könnerschaft, neben Kolleritsch die ihrer prominenten Mitmusikerinnen Sophie Lindinger, Mira Lu Kovacs und Barbara Jungreithmeier, auf erfrischend unperfektionistische Lust am Spielen.

„Rap war immer schon ein Teil, der mich begleitet hat, aber ich dachte immer, das sei zu schmalzig auf Deutsch. Ich werde niemals Lauryn Hill werden - auch, wenn es darum gar nicht geht. Aber irgendwann habe ich doch Mut gefasst. Ich habe das Gefühl auf Deutsch ist alles viel direkter, und es macht auch extrem viel Spaß,“ erklärt Kolleritsch ihren Weg zum deutschsprachigen Hip Hop. Ihre* Raps, wenn auch ein gutes Ventil für wütende Gefühle, sind an dem freundlichen, mitunter Rollenspielhaften Duktus von Poetry Slammer*innen wie Yasmo oder auch Deutschrap-Gentlemen wie Fanta 4 geschult. Augenzwinkern kommt auch bei Kerosin95 nicht zu kurz, etwa wenn die von Gästen wiederholt belästigte Kellerin* ihrer Genervtheit freien Lauf lässt und bei sich schwört, was Menschen mit Lokalerfahrung sicherlich bekannt vorkommt: „Nie wieder Gastro!“

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Die Kraft hinter ihren* Tracks konnte man vor allem kürzlich beim Wiener Popfest spüren, als Kerosin95 am Eröffnungstag auf der neuen Hall of fame-Stage im Wien Museum ein vielbeachtetes Konzert spielte. Die beinahe schon akademische Präzision der Darbietung, die sie* mit ihrer Band (Max Plattner/Schlagzeug, Oliver alias Olinclusive/Decks, Nastasja Ronck/Synth & Gitarre) unlängst im Rahmen einer FM4 Acoustic Session im Studio 2 erreichte, wich live vor Publikum einer mitreißenden Energie. Kolleritsch wirbelte in grüner Latzhose über die Bühne, ließ ihrer Wut freien Lauf und schien dabei zu sich selbst zu finden. Bei Zeilen wie „Du und deine Macker, setzt euch hin“ kippt ihre* Stimme. Man spürt, dass diese Kunst nicht vom Können kommt, sondern vom Müssen, und ihr Anfangslaut steht außerdem für „community“. Es ist wahr: Kerosin95 brennt, und zwar lichterloh.

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