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Portraitfoto Band Bon Jour

Paul Schütz

Soundpark Act des MOnats

FM4 Soundpark Act des Monats: Bon Jour

Unser Soundpark Act des Monats Dezember ist eine Supergroup: Bon Jour, ein Salzburger Kollektiv, bei dem durch viele therapeutische Gespräche die Musik zur schönsten Nebensache geworden ist.

von Andreas Gstettner-Brugger

Sanfte Stimmen eröffnen das Debütalbum des Musiker*innen-Kollektivs Bon Jour. Es ist ein Chor der Befreiung. Denn mit „If I Let Myself Unwind“ machen Bon Jour in einer halben Minute sofort hörbar, was passieren kann, wenn man sich öffnet.

Hier passiert etwas Wunderbares. Musik die Hoffnung gibt, auch wenn sie schwere Themen verhandelt. Kein Hedonismus, sondern Transformation. Dabei haben sich hier anfangs drei Musiker zu Sessions im Studio getroffen, die nicht die Besten darin waren, über Gefühle zu sprechen. Doch Mario Fartacek (Mynth), Dominic „Dodo“ Muhrer (The Makemakes) und Leo-Constantin Scheichenost (Olympique) waren von der Leichtigkeit und Produktivität der ersten Sessions so überrascht, dass dieser sicher Raum und die Freude an der Zusammenarbeit ein Sich-neu-Begegnen möglich gemacht hat.

Und so hat auch die erste Single „Blue Moon“ dann auch gleich die Spitze der FM4 Charts erobert.

Von virtuellen Köpfen zur realen Band

Eine der Grundphilosophien des Anfangstrios war es, das Ego draußen vor der Tür zu lassen. Alle drei haben schon viel Erfahrung im Musikbusiness und in Band gesammelt und immer wieder mit Ego-Problemen zu kämpfen gehabt. Diesmal ging es jedoch von Anfang an um etwas anderes. Die angesprochene Leichtigkeit, den Spaß und kein Ziel und keinen Masterplan zu haben, was der Outcome der Sessions sein sollte.

Deshalb war das „sich bedeckt halten“ bei der Veröffentlichung der ersten Songs keine Marketingstrategie, sondern vielmehr ein Gegenkonzept zu der allgegenwärtigen, optimierten Selbstdarstellung im Popbusiness und den sozialen Medien. Neben den farbenprächtigen Trickfilm-Videos sind Bon Jour damals nur als animierte Köpfe in Erscheinung getreten. Daraufhin wurden Parallelen zu den Gorillaz gezogen und Bon Jour als „erste virtuelle Band Österreichs“ etikettiert, auch wenn das so überhaupt nicht mit der Grundintention des Trios übereinstimmte.

Aber Bon Jour haben diesen Weg probiert. Ein weiterer Zugang, der zur Leichtigkeit im Produktionsprozess beigetragen hat: Der Raum ist offen zum Ausprobieren. Veränderung ist erwünscht. Man schreibt, nimmt auf und produziert selber, gründet ein eigenes Label und erschafft sich so die Freiheit, die beflügelt und den Raum für Versuche offen hält. So ist auch „The Lost Art Of Trying“ ein Song gegen den Perfektionismus unserer Zeit, ein Plädoyer für das Spielerische.

Als dann auch noch Giovanna Fartacek (Mynth bzw. Berglind), Omar Abdalla (Siamese Elephants), Julian Pieber (Good Wilson, Plul Plut) und die Singer/Songwriterin Amelie Tobien dazustoßen, entwickelt sich das Elektro-Pop-Trio zur richtigen Band, ohne die Freiräume auszugeben. Der Sound wird vielschichtig, die Details liebevoll in Popformat gegossen, Gitarren flirren durch den Raum, Synthie-Linien hüpfen über geschmeidige Beats und die Energie darf ungehindert fließen, zu welcher Emotion auf immer.

Wenn Musik zur schönsten Nebensache wird

Das Erstaunlichste an der Geschichte von Bon Jour ist, das sich das „Gründungstrio“ innerhalb von einem halben Jahr auf persönlicher und emotionaler Ebene öffnen konnte, sodass über alle Themen ehrlich gesprochen und diskutiert wurde. So reichten die emotionalen Befindlichkeiten in den Sessions von „am Boden zerstört“ bis zu „Bäume ausreißen können“. Oft waren die Gefühlslagen extrem konträr und in diesen Spannungen und daraus resultierenden Gesprächen entstanden oft die besten Texte und Songs.

Albumcover von Bon Jour "Chapter 1: Growth"

Bon Jour

Durch diesen fast schon therapeutischen Charakter der Sessions spricht die Band gerne davon, dass die „Musik zur schönsten Nebensache“ geworden ist. Der persönliche Austausch, das gemeinsame Zeit verbringen und Durchleben der verschiedensten Phasen hat es den Musiker*innen ermöglicht, sich neu und auf ganz anderen Ebenen kennenzulernen. So ist auch der Albumtitel „Chapter 1: Growth“ ein Hinweis auf das beglückende Gefühl, dass es sich bei Bon Jour um eine längere, gemeinsame Reise handeln wird, die im ersten Kapitel schon erstaunliches, inneres Wachstum ermöglicht hat.

Denn Bon Jour haben es geschafft, nicht in den Dramen und schwierigen Themen hängen zu bleiben. Sie haben auch nicht versucht, durch hedonistische Ablenkung schwierige Gefühle zu dämpfen oder zu unterdrücken. Selbst als Leo-Constantin Scheichenost bei einer Session am Boden zerstört war, ist daraus der Track „I Am Out“ entstanden, der das Gefühl aufgreift, dass das Leben auseinanderfällt, der es aber schafft, trotzdem kraftvoll vorauszublicken und dadurch Hoffnung zu spenden. So versetzt es Leo heute, wenn er die Nummer hört, nicht in eine verzweifelte Stimmung, sondern er kann von einem gewachsenen Punkt aus auf diese Stimmung zurückblicken und sie als das anerkennen, was sie war. Der Beginn einer Transformation.

Bon Jour live:

  • 23.04.2024, Flex Wien
  • 25.04.2024 PPC, Graz (Styrian Sounds)
  • 26.04.2024 Rockhaus, Salzburg
  • 27.04.2024 Posthof, Linz

So vereint „Chapter 1: Growth“ all die Tiefen und Höhen der Musiker*innen. Von Trennungen über neue Liebe, von Verlust und Trauer über Hoffnung und dem Gewinnen von neuem Lebensmut. Man realisiert toxische Beziehungsmuster wie in „Timebomb“, lässt sie dann aber auch los und finden einen Weg raus, wie in „Liberation“. Dann ist wieder Platz für das Sonnenuntergangsfestivalfeeling von „All I Know“, bei dem man sich in das Gefühl versetzt, auf der großen Bühne des Primavera Festivals am Strand von Barcelona zu stehen. Und so ist dieses erste Kapitel trotz der schwierigen Phasen ein durch und durch hoffnungsvolles geworden, das schon die Vorfreude auf Chapter 2 in sich trägt.

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