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Daniel Brühl bei den Pre Emmy Partys 2018

APA/AFP/JEAN-BAPTISTE LACROIX

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FM4 Filmgeschichten mit Daniel Brühl

Durch die Mauerkomödie „Good bye, Lenin!“ wurde Daniel Brühl über Nacht zum Shooting Star. 15 Jahre später ist er fixes Mitglied in der A-Liga Hollywoods. In FM4 Filmgeschichten spricht Daniel Brühl über die vielen Takes im US-Blockbuster-Kino, seinen bisher charmantesten Casting-Flirt mit Quentin Tarantino und wie er als Tapas-Barbesitzer selbst Teil der Gentrifizierung in Berlin wurde.

Von Petra Erdmann

Im „Soho-House“ in Berlin Mitte schottet sich die internationale Kreativ-Szene gerne ab, wenn ein Business-Event in der deutschen Hauptstadt im Terminkalender steht. Im Minutentakt springen bärtige Hipster, vollbepackt mit Designer-Boutiquen-Säcken und Vinylkoffern aus den Taxis Ecke Torstraße/ Alexanderplatz. Sie eilen in die Hotel-Lobby. Ich auch, um Daniel Brühl in der Berlin-Filiale des weltweiten Private Member Clubs in einem dieser Appartements zu treffen, die gerne zu Interviewzwecken angemietet werden. In dem Haus mit rigoroser Mitglieder-Politik herrscht Handy-Fotografier-Verbot. Die kreative Prominenz fühlt sich unter sich und nicht von Social-Media-Paparazzi gestört.

FM4 Filmgeschichten: Daniel Brühl im Gespräch mit Petra Erdmann

Das ausführliche Gespräch mit Daniel Brühl gibt es in den FM4 Filmgeschichten am Sonntag, 17.11. 2019 ab 16:00 zu hören und anschließend für sieben Tage im FM4 Player

Ich melde mich bei der Rezeptionistin an. In welchen Stock ich mit dem Aufzug zu Daniel Brühl käme, wollte ich wissen. „Brühl? Ist das eine Band?“ Brühl war zwar mal Sänger der Kölner Band „Purge“, aber da war die sehr junge Frau noch nicht geboren. Man kann ja nicht alle Stars, die das „Soho House“ abschirmt, beim Namen kennen.

Das Gespräch mit Daniel Brühl findet an einem langen Küchentisch im Country-Style-Loft statt. Er stehe hinter keinem einzigen seiner Songtexte von damals, sagt Daniel Brühl und lacht, freundlich, verschmitzt, super sympathisch. Die Lieder seien ihm peinlich aus heutiger Sicht. Wir wechseln schnell das Thema, zum aktuellen Anlass unseres Treffens. „My Zoe“ heißt der verquere Genrekino-Mix über ein geklontes Kind von Regisseurin und Hauptdarstellerin Julie Delpy.

Petra Erdmann: Daniel Brühl, du bist nicht nur als Genetiker-Darsteller mit an Bord von „My Zoe“, sondern auch als Produzent eingestiegen. Im nächsten Jahr drehst du dein Regiedebüt „Nebenan“. Reizt es dich immer mehr hinter die Kamera zu treten?

Daniel Brühl: Ich will jetzt noch nicht zu viel über meine erste Regie verraten. Nur soviel: Das Drehbuch von „Nebenan“ hat mit viel Humor Daniel Kehlmann geschrieben und es handelt von der rasanten Gentrifizierung in Berlin.

Bist du nicht als Besitzer einer Tapas-Bar in Kreuzberg Teil der sozialen Verdrängung?

Ja, total. Es wird deshalb auch ein sehr persönlicher und selbstironischer Film werden. Ich bin vor Jahren als Kölner ins angesagte Berlin gezogen. Ich habe es oft erlebt, dass mich die Leute nach der Bargründung genau darauf angesprochen haben und meinten ich würde die Gentrifizierung vorantreiben. Leute haben sich sogar die Mühe gemacht, Plakate umzuschreiben und aufzuhängen. „Good Bye, Daniel! Deine fetten Jahre sind vorbei“ stand da drauf. Ich musste viel argumentieren, warum ich nicht das personifizierte Böse bin und die Plakate habe ich bis heute aufgehoben.

Dem charmanten Bösewicht in „Inglourious Basterds“ hast du ein freundliches Gesicht gegeben. Deine Rolle war die des Nazi-Helden Frederik Zoller. Das war dein internationaler Durchbruch. Inwiefern hat der Film und die Begegnung mit Regisseur Quentin Tarantino dein Leben verändert?

Für mich war das ein wichtiger, großer Moment und ziemlich irrwitzig als junger Schauspieler in Berlin, als ich erfuhr, dass Tarantino mich treffen wollte. Das Drehbuch hatte er mir nicht geschickt. Wie so oft bei den Amerikanern ist das lange streng geheim. Er wollte mich und wenige andere Schauspieler schon vor den Castings in einem Hotel in Charlottenburg geheim treffen. Wir hatten uns an diesem Abend sehr gut verstanden und viel Weißwein intus. Ich dachte bei der Verabschiedung, ich hätte die Rolle jetzt ohnehin sicher und müsste am nächsten Tag nicht zum Casting. Doch Tarantino sagte, „By the way see you tomorrow“.

Daniel Brühl in Inglorious Basterds

Universal Pictures

Und welchen deiner Konkurrenten hast du beim Casting am Tag darauf ausgestochen?

(lacht) Das weiß ich bis heute nicht und da habe ich auch nicht nachgefragt. Tarantino hatte streng darauf geachtet, dass man sich nicht unbedingt über den Weg läuft. Ich habe nur gedacht, Mist, jetzt bin auch noch verkatert. Ich mag ja Castings bis heute nicht. Diese Prüfungssituation ist sehr nervig für mich.

Warum?

Meistens liegt es daran, wo und wie Castings stattfinden. Der Klassiker ist ein steriler Raum bei einer Casterin, wo du umgegeben bist von DVDs und somit von den Gesichtern all deiner Konkurrenten, die du so hast. Die Stimmung ist wie in einer Arztpraxis - mit einem Tisch, einem traurigen Stuhl und einem Glas Wasser. Du spürst den Zeitdruck. Die einen kommen gerade an. Die anderen fahren gerade ab. Es wird umständlich darauf geachtet, dass man sich nicht begegnet. Diesen Stress versuchen dann noch alle mit einem falschen Lachen zu überspielen. Ich glaube dann immer fälschlicher Weise, der erste Eindruck muss sofort sitzen und ich muss dann nur mehr den Feinbohrer auspacken beim Vorsprechen. Und plötzlich schaut einen der Regisseur plötzlich komisch an und ich denke, oh Gott, das scheint in die vollkommen falsche Richtung zu gehen und bekomme gleich einen Krampf.

Kann mir gar nicht vorstellen, dass das bei einem Tarantino-Casting so verkrampft und kühl abläuft?

Bei Tarantino hat´s zum Glück geklappt, weil es das Drehbuch von „Inglourious Basterds“ nur auf Englisch gab. Der Dialog, den ich vorsprechen sollte, sollte später auf französisch gedreht werden. Die Szene flutschte auf Englisch einfach nicht. Ich hatte eine Flirt-Szene zu spielen. Normalerweise hat man beim Casting irgendwelche Anspielpartner. Mélanie Laurent war als das jüdische Mädchen Shosanna ja gar noch nicht besetzt.

Irgendein Ansprechpartner beim Casting? Da ist hohe Schauspielkunst gefragt, so wie sich das anhört?

Da fängt es schon mal an. Ich musste mir ein französisches Love-Interest vorstellen und dann war mein Anspielpartner überraschenderweise noch mein Chef, der Regisseur Quentin Tarantino höchstpersönlich. Dieses flirtige Tütü, dass das Französische so hat, fiel gleich mal weg. Das hat Tarantino auch sofort bemerkt, als wir den Dialog probten. Er hat sich entschuldigt, dass die französische Fassung noch nicht fertig ist. Da dachte ich, Angeber, die Amis sprechen ja nur Englisch und ich habe Tarantino das ganze gleich ad hoc übersetzt. Ich spreche gut französisch, aber nicht perfekt. Die Wörter, die mir nicht eingefallen sind, habe ich auf Spanisch einfließen lassen. Und plötzlich flutschte die Flirt-Szene richtig. Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf und hatte die Rolle.

Deine Mutter ist Spanierin, du bist in Barcelona geboren, wo du auch noch eine Wohnung hast. Du bist viel auf Reisen. Fühlst dich mehr im Hollywood-Blockbuster-Kino zu Hause oder in der internationalen Arthouse-Produktion?

Als Schauspieler muss man eine Größe im Arthouse-Kino herstellen, die oft aus budgetären Gründen in der Ausstattung nicht gegeben ist. Dann ist es schon toll, in einem Superheldenfilm, wo Geld keine Rolle spielt, sich auf einen überhöhten Bösewicht wie Baron Zemo konzentrieren zu können. Aber ich denke mir oft in Hollywood, dass Schwierigkeiten am Set nicht immer mit Geld am besten gelöst sind.

FM4 Filmgeschichten mit Daniel Brühl

Das ausführliche Gespräch mit Daniel Brühl gibt es in den FM4 Filmgeschichten am Sonntag, 17.11. ab 16:00 zu hören und anschließend für sieben Tage im FM4 Player

Und hier ist die Playlist zur Sendung

Ennio Morricone Mystic and Severe
Aldo Trembling Eyelids
Mount Kimbie ft. Andrea Balency You Look Certain I'm Not (WXAXRXP Session)
Jonsi Kolnidur
Smiths The Boy With The Thorn In His Side
Die Sterne Big In Berlin
Frankie Cosmos Windows
Cigarettes After Sex Sunsets

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