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Lernsieg-App

APA/GEORG HOCHMUTH

Die Lehrerbewertungs-App „Lernsieg“ bleibt umstritten

Die Handy-App mit dem - etwas seltsamen - Namen „Lernsieg“ blieb nur vier Tage lang in den Stores von Google und Apple. Mit der App konnten Schüler*innen ihre Lehrer*innen bewerten. Auch nachdem die App vom Herausgeber zurückgezogen wurde, wird weiter heftig darüber diskutiert.

Von Christoph „Burstup“ Weiss

„Ich finde die App nicht schlecht“, sagte eine Schülerin am Tag der Veröffentlichung „weil man anonym seine Meinung abgeben kann“. Ein anderer Schüler sah das Risiko, dass Lehrer als Revange für eine schlechte Note unfair beurteilt werden könnten. Ein dritter wirft ein: „Das kommt natürlich auf die Schüler an – von mir kann ich sagen, ich habe mit gutem Gewissen bewertet.“ Der Grundtenor im Pausenhof war positiv.

Mehr als 120.000 Lehrerinnen und Lehrer wurden in den ersten vier Tagen bewertet - und erhielten im Durchschnitt vier von fünf Sternen. Die App selbst bekam schlechtere Noten, sie hatte in den Stores nur zwei bis drei Sterne. Ein Kommentar dort: Menschen würden wie Amazon-Bestellungen bewertet. Die gleiche Kritik kam auch von Bildungsexperten wie etwa Niki Glattauer: „Lehrerinnen und Lehrer sind nicht Hotelzimmer, die man mit Sternen bewertet. Sie sind auch nicht neue Filme, sondern sie haben eine ganz wichtige Aufgabe.“

Persönlichkeitsrechte und Datenschutz

Noch deutlicher wurde am Tag nach der Veröffentlichung die Lehrergewerkschaft. Deren Vorsitzender Paul Kimberger kündigte an, „alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um diese App zu verhindern“. Er hatte vor allem Bedenken hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes.

Diese Ansicht teilten auch Datenschutz-Experten: erstens, weil Lernsieg eine Liste aller Lehrerinnen und Lehrer mit deren Arbeitsplatz öffentlich verwertete, zweitens weil Schülerinnen und Schüler die App nur in Verbindung mit ihrer Telefonnummer verwenden konnten.

Bildunsgministerin Iris Rauskala beauftragte ein Team an der Universität Wien, ein datenschutzrechtliches Gutachten zu erstellen: „Hier werden unter Umständen private Daten fälschlich verwendet oder ohne die entsprechenden Persönlichkeitsrechte zu wahren.“

Offiziell behauptet der Herausgeber, der Grund für den Rückzug wären die vielen Hass-E-Mails, die den Erfinder Benjamin Hadrigen erreicht hätten: „Es gibt 125.000 Lehrer. Wenn davon 1000 schwarze Schafe sind, die Ihnen alle an einem Tag E-Mails schicken, dann kann das an die Substanz gehen.“

Möglicherweise waren aber auch die von vielen Seiten vehement vorgebrachten Datenschutzbedenken der Grund, warum der Herausgeber von Lernsieg die App gestern aus den Stores nahm. Die Strafen für Verletzungen des Datenschutzrechts sind seit der Umsetzung der Europäischen Datenschutzgrundverordnung höher geworden und können durchaus empfindlich sein.

Ein falscher Schritt in die richtige Richtung?

Die Aktion Kritischer Schüler_innen hält die App heute, also nach ihrem Verschwinden aus den App-Stores, für einen Schritt in die richtige Richtung, jedoch falsch umgesetzt. AKS-Vorsitzende Noomi Anyanwu: „Eine Bewertung mit Sternchen bringt die Lehrperson und deren Unterricht nicht weiter, sondern wird sich im Endeffekt nur zu einer Beliebtheitsliste entwickeln. Es braucht konstruktives, ausformuliertes Feedback, bei dem man die Schwächen und Stärken gemeinsam ausarbeitet und so die Unterrichtsqualität verbessern kann. Außerdem sollte dies schulintern passieren und nicht auf einer öffentlichen Plattform von einer Privatperson."

Der App-Erfinder Benjamin Hadrigan sagt, dass die App nun überarbeitet und um ein Feedback-System erweitert werde. Details dazu, und wann die neue Version verfügbar sein wird, sind noch nicht bekannt. Ein kursierendes Gerücht, dass sich an der Überarbeitung der App „Lernsieg“ auch die Lehrergewerkschaft beteiligen würde, hat die Gewerkschaft heute dementiert. Sie sei vom Herausgeber nicht kontaktiert worden.

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