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Wiese Essen mit Parvin Razavi auf Bellevue Wiese in Wien

Radio FM4/Gersin Livia Paya

Wie schmeckt Wiese?

Ob im Wald, auf Wiesen oder in Städten, die Natur bietet uns unfassbar viel Essbares. Vieles davon sieht man ständig, ohne zu wissen, dass es gut auf ein Butterbrot, in den Salat oder das Smoothie passt. Gemeinsam mit Kräuterprofis kann man das Ernten von Wildkräutern erlernen.

Von Gersin Livia Paya

Der Lock-down hat manche Menschen öfter in die Natur gebracht. Mich zum Beispiel. An der frischen Luft begann ich mich zu fragen, was da unter meinen Füßen eigentlich wächst. Welche Blumen kann ich essen? Welche trocknen und zu Tee verarbeiten? Wie schmeckt eigentlich Wiese? Ich lerne also meine grüne und bunte Umgebung neu kennen. Zum Wiesen-Lunch habe ich mich mit der Kochbuchautorin und Chefköchin Parvin Razavi auf einen Spaziergang getroffen.

Unsere Wiese der Wahl ist die Bellevuewiese im 19. Bezirk in Wien, zu der die Himmelstraße in Serpentinen hinaufführt. Weit oben am Kahlenberg bietet die Bellevuewiese tatsächlich einen himmlischen Blick über Wien. Es ist ein guter Ort, um im Sonnenuntergang zu picknicken, aber auch, um Wildkräuter zu sammeln. Dem floralen Spaß stehen dort nur Bäume im Weg.

AUsblick Bellevue Wiese Wien

Radio FM4/Gersin Livia Paya

Worauf ist zu achten beim Wiese-Essen?

Parvin Razavi erklärt mir, dass es wichtig ist, eher unberührtere Plätze zu finden, eine Wiese, wo wenig Menschen sind. Dafür geht sie auch oft vom Weg ab. Außerdem ist es wichtig, eine bunte Wiese zu suchen, denn „auf einer reinen Graswiese findet man nicht, was man braucht“. Die Kräuter sollte man unbedingt waschen und nicht an Orten sammeln, an denen Hunde ausgeführt werden. Im Wald können auch Füchse ihre Spuren hinterlassen, also auch Beeren oder Kräuter, die dort gesammelt werden, unbedingt waschen. Außerdem soll man die Kräuter abschneiden oder pflücken, ohne sie zu entwurzeln, damit sie weiter wachsen kann.

Woran erkennt man eine gesunde Wiese?

Eine gesunde Wiese erkennt man an vielen verschiedenen Pflanzen, sie ist bunt.

Für die Köchin Parvin Razavi ist das Sammeln von Kräutern etwas Archaisches, sie spricht vom „Jagen und Sammeln“, das in unseren Genen liegt. Schon als kleines Kind hat sie es geliebt. „Wild“ zu essen begleitet sie schon ihr Leben lang. Sie nimmt sich gerne die Zeit zum Sammeln und serviert die Kräuter auch ihren Gästen. „Bei Wildkräutern ist es intensiver und überraschender, es ist ein Geschmack, den wir neu kennenlernen müssen.“ Einiges von dem, was wir im Supermarkt kaufen, wächst auch unter unseren Füßen und schmeckt oft ohne das Zutun der Industrie ganz anders.

Mit ihren Brüdern ist sie als kleines Kind durch die Wiener Weingärten gewandert, um sich an den Früchten satt zu essen, erinnert sie sich fröhlich. Zum Wiese-Essen gehört also auch ein bisschen das kindliche Apfel-Stehlen. Viele Wiesen sind für uns alle da, wir müssen einfach nur rausgehen und uns daran bedienen.

Wiese essen Parvin Razavi Pflückt

Radio FM4/Gersin Livia Paya

Wie schmeckt also die Wiese?

„Wiese hat immer einen leicht bitteren Nachgeschmack“, sagt Parvin und hält den Geschmack „bitter“ für sehr wichtig für uns Menschen. Aber Bitteres zu essen geht in der Ernährung allgemein ein bisschen verloren. Es ist eben auch nichts Hochgezüchtetes, das für die Masse gemacht ist. „Bitter ist nicht so sexy, aber total gut“.

Gesammelte Kräuter

Parvin Razavi

Was kann man mit Wildkräutern machen?

Aus Brennnesseln kann man zum Beispiel allerhand machen: Suppe, Salz, Spinat und Risotto. „Vorausgesetzt, man nimmt es in Kauf, von der Brennnessel gestochen zu werden, das gehört dazu.“ Der Löwenzahn passt gut in den Salat und zu Fisch. Von der Schafgarbe kann man vom Blatt bis zur Blüte alles verwenden, sogar den Stängel. Der Waldmeister ist in der süßen Küche beliebt. Die Knospen der meisten Pflanzen kann man auch wie Kapern einlegen, erklärt Parvin.

Wiese Essen, der Klee

Radio FM4/Gersin Livia Paya

„Der Klee hat eine fein säuerliche Note.“

Unmittelbar um uns blüht Klee. „Wir kennen das vierblättrige Kleeblatt, meistens hat es aber drei Blätter.“ Dieser Klee bekommt Blüten, die sind meistens weiß, leicht rosa oder hell lila-weiß. Man kann die Blätter und die Blüten essen. Diese sollte man aber nicht im Übermaß und zu häufig verzehren, sondern eher zur Verfeinerung bestimmter Gerichte nutzen, also die frischen, eingelegten oder getrockneten Blüten als Dekoration oder die Blätter frisch oder erhitzt in den Salat oder zu Gemüsemischungen geben.

Wiese Essen, die Schafgarbe

Radio FM4/Gersin Livia Paya

„Die Schafgarbe ist so flauschig und weich und hat so süße Lamellen.“

Die Schafgarbe hat ein starkes Aroma, ist sehr würzig und leicht salzig und „in einem Salat echt der Bringer“, so die Köchin, die gerne Wildkräuter-Salate zubereitet. Beim spontanen Probieren läuft mir im Mund wie bei einem sauren Bonbon das Wasser zusammen. Bei der Schafgarbe sollte man nur das Hellgrüne und Weiche pflücken. Die Blüten eignen sich sehr gut als Deko auf einem Salat oder Butterbrot mit Schnittlauch oder in einem Nudelsalat.

Pro-Tipp am Rande: Immer etwas zu trinken mitnehmen, denn beim Probieren können sonst die wirklich bitteren Geschmäcker auf der Zunge bleiben.

Schafgarbe ist auch eine Art Heilpflanze, die wundheilend und krampflösend sein soll. Sie wird auch „Frauenkraut“ genannt, sie soll bei Menstruationsbeschwerden helfen als Sitzbad, Tinktur oder Tee. „Auch in Kriegen soll es eines der ersten Wundheilmittel gewesen sein“. Wir pflücken die jungen und zarten Blätter der Schafgarbe. „Ich finde es wichtig, die Blätter zu spüren, man fühlt welches Blatt frisch und zart und welches schon älter und zäher ist, welches sich nicht mehr so gut kauen lässt. Dann kann nicht mehr viel schief gehen.“

Waldmeister

CC0

„Der Waldmeister klingt so wichtig.“

Wir spazieren weiter auf der Bellevuewiese und finden noch den Waldmeister, den ich seither fast überall wachsen sehe. Der Waldmeister erinnert an eine Hanfpflanze und hat ein tiefes, schönes Grün. „Man kann ihn durch die weißen Blütchen auch oft aus der Ferne sehen“, aber man soll ruhig reingraben beim Pflücken und den zarten Teil nehmen. Die Knospen kann man einlegen, die ganze Pflanze trocknen und aufkochen zu einer Limonade oder für einen Schnaps verwenden. Waldmeister passt auch gut zu Kokosmilch. Der Geschmack ist leicht pfeffrig mit einem fruchtigen Aroma. Waldmeister-Sirup mit ein bisschen Zitronensaft hat Parvin Razavi besonders gern.

Wie bewahre ich Wildkräuter auf?

Idealerweise in einem Korb, einem breiten Jutebeutel oder in Boxen. „Im Plastiksackerln fangen sie an zu schwitzen und verlieren ihr Aroma“, sagt Parvin.

Wiese Essen - Aufbewahrungsboxen mit Wildkräutern

Radio FM4/Gersin Livia Paya

Früchte, Pilze und Wildkräuter: Viele Pflanzen muss man nicht anbauen, um sie genießen zu können, man geht einfach raus und sammelt sie. Auf FM4 gibt es demnächst mehr „Wiese Essen“ zu hören und zu lesen. You’re at home, green baby.

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