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Yes, I’m a witch! Die fabelhafte Resistance der Yoko Ono

Lange vor der Ehe mit John Lennon war Yoko Ono eine anerkannte Avantgarde-Künstlerin, die als Pionierin der Fluxus-Bewegung in die Kunstgeschichte einging. Als Musikerin wurde Yoko Ono aber oft nicht ernstgenommen. Nun würdigt das Tribute-Album „Ocean Child“ Yoko Ono als Musikerin, passend zu ihrem 89. Geburtstag.

Von Michaela Pichler

Im harmlosesten Fall wurde Yoko Ono als Musikerin belächelt. Im schlimmsten Fall musste sie Sexismus und Rassismus ertragen. Der misogynen Boulevardpresse und aufgescheuchten Beatles-Fans war sie als Frau an der Seite von John Lennon ein Dorn im Auge. Die Schlagzeilen, die die britische und US-amerikanische Presse überfluteten, waren nichts anderes als antiasiatischer Rassismus. "John Rennon’s Most Excrusive Gloupie” lautete 1970 zum Beispiel eine Headline im Esquire Magazin, die auf ziemlich widerwärtige Weise Onos japanischen Akzent nachäffte. Als die Beatles sich nach knapp zehnjähriger Bandgeschichte schließlich trennten, wurde viel Hass auf Yoko Ono projiziert.

Erst vor kurzem kam dieses Narrativ wieder auf, als die neunstündige Musikdokumentation „Get Back“ auf Disney+ erschien. Darin gibt es eine Szene, wo Paul McCartney die prophetischen Worte spricht: „In 50 years time it’s gonna be said they broke up because Yoko sat on an amp.“ Wie recht er doch hatte... Auch heute noch, ein halbes Jahrhundert nach der Trennung der Beatles, wird Yoko Ono mit der größten Popkulturlüge des 20. Jahrhunderts assoziiert. Wie geht und ging die japanische Künstlerin damit um?

„It was like they were jabbing me all the time. Like acupuncture! So it was actually kinda healthy, that people jabbed me. I was turning that negative energy into positive energy“, antwortet Yoko Ono 2013 in einer britischen TV-Show auf die Frage. Den Hass hat Yoko Ono kanalisiert: Als Konzept-Künstlerin, Happening-Veranstalterin, Filmemacherin und als Musikerin verwandelt sie diese negative Energie, wie sie es nennt, in Widerstand. So singt sie in ihrem Song „Yes, I’m A Witch“ folgende Zeilen: „Yes, I’m a witch / I’m a bitch / I don’t care what you say / My voice is real / my voice is truth / I don’t fit in your ways / I’m not gonna die for you / You might as well face the truth / I’m gonna stick around / For quite a while“.

I was always familiar and intimate with music. To use music to survive in life and to express ideas, was always natural to me!

Schon lange vor dem berühmt-berüchtigten Aufeinandertreffen von Yoko Ono und ihrem künftigen Ehemann war sie umgeben von Musik. Als Kind spielte sie Klavier, als junge Frau studierte sie Komposition an der Sarah Lawrence University in New York. Als ihre Karriere als Künstlerin in den 1950ern startete, inspirierte sie Musikkollegen wie John Cage und machte Ausflüge in die unterschiedlichsten Genres. Bis sie irgendwann eben auch im Rock die gängigen Regeln unterwanderte. „I went from Avantgarde to Jazz - briefly - and then to Rock’n’Roll. But in my mind, I was just creating my own music. I just ignored all the formats, I just did what I thought was interesting!“

Irgendwer hat einmal Yoko Onos Gesang als eigenes Genre klassifiziert. Das Schreien als Ausdrucksform hat sie immer wieder auf den unterschiedlichsten Platten zelebriert. Egal, welches Medium, welches Format: Yoko Onos Kunst entsteht immer aus der Perspektive einer Aktivistin. Mit der Plastic Ono Band schreit und singt sie gegen den Krieg an, sie ruft zu feministischer Solidarität auf und macht auf den besorgniserregenden Umgang mit unserer Umwelt aufmerksam. Das inspirierte Generationen von Musiker*innen. Im Laufe ihrer langen Karriere machte Yoko Ono gemeinsame Sache mit Acts wie Peaches, Cat Power, Anohni, The Flaming Lips oder Kim Gordon - Personen, die Yoko Ono als das sehen, was sie schon immer war: eine herausragende Visionärin, Künstlerin, Friedensaktivistin, Musikerin und Komponistin.

Cover "Ocean Child: Songs of Yoko Ono

Atlantic Records

Das Tribute-Album „Ocean Child: Songs of Yoko“ ist am 18. Februar 2022 via Atlantic Records/Canvasback Musicerschienen. Mit Death Cab for Cutie, Japanese Breakfast, David Byrne, The Flaming Lips und vielen mehr.

Happy Birthday, Yoko Ono!

Am 18. Februar hat Yoko Ono ihren 89. Geburtstag gefeiert. Als kleines Geschenk haben Musiker*innen, die schon lange zu großen Fans der Ikone zählen, das Tribute-Album „Ocean Child: Songs of Yoko Ono“ veröffentlicht. Darunter auch Michelle Zauner alias Japanese Breakfast, die sich selbst immer wieder gegen antiasiatischen Rassismus positioniert: „She was the most hated woman in music for a while! And so unfairly. And obviously, as an asian woman, I sided with her and saw her as a deep and complexe artist that was unfairly jugded by the world. How difficult that must have been... That became very symbolic to me.“

Auf der Trackliste der Ono-Hommage sind neben Japanese Breakfast auch Death Cab for Cutie, Sudan Archives, Sharon Van Etten, U.S. Girls, Yo La Tengo, Jay Som und mehr zu finden. Kuratiert wurde das Projekt von Ben Gibbard, der schon seit Jahren ein großer Verehrer ihrer Musik ist: „I think she is one of the most important artists in the 20th century and her music has never gotten the credit that it deserved!“

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