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Chat GPT: Das steckt hinter dem gehypten Chatbot

Ob Lovesongs, Essays über Klimapolitik oder Programmiersprache: Chat GPT kann gefühlt alles. Nach seinem Launch im November 2022 hat das Tool einen wahren Hype ausgelöst. In den USA ist der Chatbot an manchen Schulen bereits verboten, auch in Österreich reagieren Schulen nach und nach.

Von Melissa Erhardt

Ob sie schon mit Chat GPT zu tun gehabt haben, frage ich übers Wochenende junge Lehrer*innen in meinem weiteren Bekanntenkreis. „Dass es bei uns an der Schule schon ein Ding ist, hätte ich nicht mitbekommen“, sagt einer, „Ich hab’ davon überhaupt noch nichts gehört“, ein anderer. Andere zeigen sich schon besorgter: „Gerade Mathe-Aufgaben werden komplett obsolet, weil wenn du eine Gleichung zur Hausübung hast, schreibt dir der Bot den ganzen Lösungsweg rein. Die Frage ist nur: Warum macht man das dann überhaupt noch an der Schule, wenn das eh schon alles der Computer mithilfe eines einfachen Programms lösen kann?".

Eine junge Lehrerin an einer Grazer Schule, die zunächst noch nichts von Chat GPT mitbekommen hat, meldet sich ein paar Tage nach meiner Anfrage wieder: Die Direktorin an ihrer Schule hätte gerade eine Mail an alle Lehrkräfte geschickt, in der sie vor Chat GPT warnt: Derzeit bestehe etwa keine Möglichkeit, Plagiate bei VWAs nachzuweisen, die mit dem Tool erstellt wurden. Wir sehen: Chat GPT wühlt gerade auf.

Die Computer, die uns immer besser verstehen

Chat GPT hat seinen Namen von „GPT-3“, einem von Open AI entwickelten Large Language Modell. Solche Modelle ermöglichen es Computersystemen, unsere menschliche Sprache besser zu verstehen. „Ein sogenanntes Language Model ist grob gesagt ein Modell, das die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass man ein Wort in einem Kontext findet“, sagt Remo Nitschke, er ist Doktoratskandidat in Sprachwissenschaften an der University of Arizona, wo er im Bereich Natural Language Processing arbeitet.

Entwickelt worden ist Chat GPT von OpenAI, einem Unternehmen mit Sitz in San Francisco. 2015 als Non-Profit-Organisation gegründet, hat sich OpenAI zum Ziel gemacht, künstliche Intelligenz zu entwickeln, die der Gesellschaft nützt.

„Das heißt, wenn ich jetzt dem Sprachmodell sag: ‚Heute gehe ich in die …‘, dann gibt es mir eine Art Wahrscheinlichkeitsverteilung, was jetzt das nächst-wahrscheinlichste Wort ist. Das sagt dann vielleicht, am wahrscheinlichsten ist jetzt „Schule“. Aber wenn noch mehr Kontext da ist, ist’s vielleicht wahrscheinlicher, dass ich in die Bar geh, etc.“.

Solche Modelle werden auch schon eingesetzt, um unsere Google-Suchen zu verbessern - bisher waren sie aber vergleichsweise schwach. Bei GPT-3 ist das anders: Das Programm ist mit riesigen Datenmengen gefüttert worden: Wikipedia, Büchern, dem „Common Crawl Corpus“, einer Art Internetarchiv – also quasi dem „halben Internet“, sagt Nitschke.

Kontrolle is Key

Deswegen kann uns der Chatbot auf unsere Fragen so genaue Antworten geben und erweckt den Anschein, dass er alles über die Welt weiß. Aber: „Man darf nicht vergessen, dass es im Endeffekt einfach immer das nächste Wort und die nächste Sequenz vorhersagt. Das heißt man kriegt natürlich auch Output, der einfach nicht stimmt. Der klingt zwar meistens gut und liest sich gut, aber man kann sich halt nicht drauf verlassen.“

Als Beispiel nennt Nitschke die Frage nach dem/der österreichischen Bundespräsidenten/-in. Das Tool könne die Antwort zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig vorhersagen, es habe aber kein internes Konzept davon, was ein Präsident sei, oder was Österreich ist. Auch OpenAI-CEO Sam Altman warnt in einem Tweet vor den Grenzen des Chatbots: „It’s a mistake to be relying on it for anything important right now“.

Das E-Bike für den Verstand

Kennt man die Grenzen von Chat GPT, kann es sehr nützlich sein. Etwa für das Verfassen von Texten, über die man später eh nochmal drüber geht: Bewerbungsschreiben, Textstücke oder gar Songtexte. Egal, was man davon jetzt halten will, das Tool kann uns ein Stück effizienter machen, unsere Produktivität steigern. So bezeichnet Sam Altman ChatGPT als eine Art „e-bike for the mind“: Es unterstützt uns beim Denken.

Ähnlich sieht das Paul Öllinger, ein junger Lehrer aus Graz, der das Tool verwendet „um Input zu bekommen“, mit dem er dann weiterarbeiten kann. Er sehe zwar, dass es den Schulbetrieb beeinflussen werde, vergleicht es aber mit der Einführung des Taschenrechners Mitte der 70er: „Da haben auch alle danach geschrien, dass das das Ende vom Kopfrechnen sein wird und das unsere Kinder verdummen werden.“ Artificial Intelligence sei etwas, das bleiben wird, aber man müsse sich eben drauf einstellen und lernen, mit dem Tool zu arbeiten.

Mittlerweile arbeitet OpenAI übrigens nicht mehr als Non-Profit-Unternehmen, sondern gewinnorientiert – vor allem, so heißt es, um damit einen Anreiz für Investoren zu schaffen: Zwar hat OpenAI öffentlich nicht bekanntgegeben, wie viel es gekostet hat, GPT-3 zu trainieren, Schätzungen reichen aber von vier bis zwölf Millionen US-Dollar, manche rechnen gar mit zehn bis zwanzig Millionen. Zu wichtigen Geldgebern zählt neben Microsoft auch Elon Musk, der OpenAI mitgründete, 2018 allerdings vom Board zurücktrat, um Interessenskonflikte mit Teslas Entwicklungen im Bereich AI vorzubeugen. Microsoft hat vor kurzem bekannt gegeben, weitere 10 Milliarden in OpenAI investieren zu wollen. Damit würden sie sich 49 Prozent der Anteile am Unternehmen sichern.

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