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„Nonstop“: Österreich bekommt ein Kinoabo

Was die Streamer können, wollen jetzt auch die Kinos anbieten. Ein Kinoabo nach niederländischem Vorbild wird es nun auch in Österreich geben und soll frischen Wind in die Lichtspielhäuser bringen.

Von Jan Hestmann

Nicht erst seit gestern machen Streaming-Plattformen den Kinos das Leben schwer. Immer und überall wird gestreamt - Filme und Serien, aus allen Ecken des Internets prasselt Content auf uns ein. Um möglichst viel davon konsumieren zu können, ist es für uns längst normal geworden, nicht nur ein, sondern gleich mehrere Streaming-Abos zu haben. Den Preis nehmen wir in Kauf, und bequem ist es obendrein. Harte Konkurrenz also für die Kinos, die in den letzten Jahren durch die Coronakrise zusätzlich belastet worden sind.

Ich glaube, dass ein Kinoabo ein gutes Zeichen ist, besonders für ein junges Publikum, wieder ins Kino zu gehen.

Warum aber soll man das Aboservice den Streamern überlassen? Das hat sich auch Wiktoria Pelzer, Geschäftsführerin des Stadtkinos Wien, gefragt. Sie ist Obfrau und Initiatorin des Projekts „Nonstop - Dein Kinoabo“, eines Vereins, der bislang 18 Partnerkinos in ganz Österreich zählt. Mittels Abo, für das man monatlich 22 Euro (unter 26 Jahre) bzw. 24 Euro bezahlt, kann man ab 16. März in diesen Kinos fast uneingeschränkt Filme schauen. Fast darum, weil Filme des Filmverleihs Universal zum Start des Abos nicht enthalten sind. Davon betroffen sind im März etwa Filmstarts wie Todd Fields „Tár“ oder Steven Spielbergs „The Fabelmans“. An einer gemeinsamen Lösung mit Universal werde aktuell gearbeitet, heißt es.

Das Nonstop-Kinoabo gilt ab 16. März 2023. Erhältlich ist es schon eine Woche vorher auf nonstopkino.at.

Das Abosystem soll frischen Wind in den Programmkinoalltag bringen. „Ich glaube, dass ein Kinoabo ein gutes Zeichen ist, besonders für ein junges Publikum, wieder ins Kino zu gehen“, sagt Pelzer. Speziell nach den letzten Jahren pandemischen Ausnahmezustands sei ein solches Zeichen sehr wichtig.

Vorbild Niederlande: „Cineville“

Pelzer und ihr Team orientieren sich ganz konkret an dem niederländischen Projekt „Cineville“. Das wurde vor 14 Jahren als studentisches Projekt mit vier Kinos gestartet. Mittlerweile seien 60 Kinos im ganzen Land dabei und Cineville zähle 60.000 Abonnent:innen, so Pelzer.

Wiktoria Pelzer im Stadtkino Wien

Minitta Kandlbauer

Wiktoria Pelzer, designierte Stadtkino-Wien-Geschäftsführerin und Obfrau und Initiatorin des Projekts „Nonstop - Dein Kinoabo“

Auf die Frage, ob sich Nonstop auch schon ein Abonnent:innen-Ziel gesetzt hat, sagt Pelzer: „Wenn wir in den ersten Monaten 2.000 bis 3.000 Abonnent:innen gewinnen, sind wir schon sehr, sehr glücklich.“ Dabei wolle man mit dem Angebot speziell ein jüngeres Publikum ansprechen: „Sagen wir mal, von 18 bis 30 Jahre. Das zeigen auch die Zahlen in den Niederlanden, dass das die Zielgruppe ist, die das Abo am meisten in Anspruch nimmt.“ Aktuell finanziere sich Nonstop noch stark über Förderungen. Angestrebt werde, so stark zu wachsen, dass man sich selbst erhalten könne.

Mehr Kinos sollen folgen, auch am Land

Bei den bislang 18 teilnehmenden Kinos - der überwiegende Teil befindet sich in Wien, außerdem in Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Steiermark und Niederösterreich - handelt es sich um Programmkinos, also solche, die Filme vorwiegend abseits des Mainstreams zeigen und einen Schwerpunkt auf Arthouse setzen. Darauf liege auch der Fokus des Projekts, betont Pelzer. Auch diesbezüglich orientiere man sich an Cineville.

Es sei auch auf jeden Fall das große Ziel, in Zukunft so viele weitere Kinos wie möglich miteinzubeziehen: „Ganz konkret gibt es zum Beispiel in Graz mehr Kinos, die dazu passen würden. Die Region Oberösterreich hat eine sehr reiche Kinolandschaft mit Landkinos, die wir gerne dabei hätten.“ Pelzer ist optimistisch, dass die Anzahl der teilnehmenden Kinos wachsen wird. Gleichzeitig blickt sie mit nicht wenig Stolz auf die aktuelle Startaufstellung ihres Vereins. Denn verglichen mit dem, wie Cineville begonnen habe, seien 18 Kinos für den Anfang schon sehr ambitioniert.

Kino wird immer überleben. Es ist ein sozialer Ort, ein konzentrierter Erlebnisraum.

Ein Nebeneffekt des Aboangebots, von dem man ausgeht, dass er einsetzen wird, ist eine gesteigerte Experimentierfreudigkeit des Publikums. Wenn man nämlich schon bezahlt hat und dann die freie Wahl hat, was man schaut, ist man tendenziell offener für Neues. Man muss nicht mehr dreimal überlegen, ob man für diesen oder jenen Film Geld ausgeben will. Wiktoria Pelzer nennt es den „All you can eat“-Effekt oder aber auch einfach den Festivalmodus. Denn wenn man auf Filmfestivals unterwegs ist, etwa auf der Viennale, dann sind die Kinosäle auf einmal knallvoll, und das auch bei kleineren, unbekannteren Filmen.

„Wenn man auf Festivals geht, dann schaut man sich plötzlich eine kasachische Doku an, die man sich sonst nie angeschaut hätte, wenn man einfach so ins Kino geht“, sagt Pelzer und hofft auf einen ähnlichen Effekt beim Kinoabo. Zum oft herbeibeschworenen Kinosterben hat sie eine klare Meinung: „Ich glaube, dass das Kino einfach immer überleben wird. Es ist ein sozialer Ort, ein konzentrierter Erlebnisraum. Irgendein Kino hat mal den Spruch gebracht: 90 Minuten Digital Detox. Auch so kann man es sehen.“

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