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Poster Unsafe*Sounds Festival '23

Lion Sauterleute

Das Unsafe+Sounds Festival

Das Unsafe+Sounds Festival in Wien beschäftigt sich jährlich mit Randgebieten der elektronischen Musik. Heuer rückt es dafür die Asian Diaspora Community in den Fokus, sowohl musikalisch als auch diskursiv.

Von Conny Lee

Die Asian Diaspora Community in Wien hat in den letzten Jahren neue Formen und frischen Aufwind bekommen. Als das Corona Virus zur Pandemie wird, kommt es vermehrt zu rassistischen Übergriffen gegen Personen, die als asiatisch wahrgenommen werden. Um diesen Rassismus sichtbar zu machen und ihm etwas entgegen zu setzen, formieren sich Kollektive wie zum Beispiel der Verein Perilla.

Junge Menschen vor allem der zweiten Generation kommen zusammen und können sich austauschen. Manche haben ein Elternteil aus Asien, andere beide Eltern, manche können die Sprache des asiatischen Herkunftslandes, andere nicht, fühlen sich dem Land stärker verbunden, andere weniger. Das Spektrum an Geschichten und Erfahrungen ist so breit wie man es sich nur vorstellen kann, gleichzeitig erzählen doch die meisten von einer Verbindung, die sie zu den anderen Leuten der Asian Diaspora empfinden, die sich schwer erklären lässt.

Poster Unsafe+Sounds Festival '23

Lion Sauterleute

Das Unsafe+Sounds Festival findet von 7.-17. September an mehreren Locations in Wien statt.

Auch ich selbst bin beim ersten Zusammentreffen mit der Kuratorin des Unsafe+Sounds Festivals, Shilla Strelka, überrascht, wie viele Gemeinsamkeiten sich allein aufgrund unserer diasporischen Geschichte finden lassen. Wir beide haben Eltern aus Südkorea und Österreich. Dieser private Hintergrund war auch ausschlaggebend für Shilla Strelkas Entscheidung, den Fokus des diesjährigen Festivals auf die Asian Diaspora Community zu richten. Vor einigen Monaten wurde sie zu einer Panel-Diskussion zum Thema Anti-Asiatischer Rassismus eingeladen und fand dort zum ersten Mal Austausch mit der Asian Diaspora Community in Wien.

Die Erfahrung von Gemeinschaft ist für Shilla Strelka so positiv und empowering, dass sie beschließt, die Community zu stärken, indem sie das Thema als Kuratorin aufgreift. Das schlägt sich einerseits im diesjährigen Lineup des Festivals nieder, das zu einem sehr großen Teil aus Acts besteht, die der Asian Diaspora angehören. Zusätzlich beschäftigen sich auch Diskussionspanels im Zuge des Festivals mit Fragen zum Thema, wie zum Beispiel „Auf der Suche nach dem Wir in der Diaspora“, wo es um die schwierige Frage gehen wird, was der gemeinsame Nenner einer diasporischen Gemeinschaft ist. Wie definiert sich die Community, was umfasst der Begriff „asiatisch“, welche Zuschreibungen kommen von außen und welche sind intrinsisch?

Eine Musikerin, die beim Festival auftreten wird, ist Xing. Ihre Eltern sind beide aus China. Sie wächst in Linz ohne Verbindung zu einer asiatischen Community auf, als einzige Person mit asiatischen Roots in ihrem Umfeld und Freundeskreis. Sie erzählt im Interview, dass sie früh aufgegeben hat, Leuten die richtige Aussprache ihres Namens Xing zu erklären und sich selbst als [Ksing] vorstellt. Erst als junge Erwachsene lernt sie andere Leute der Asian Diaspora Community kennen und genießt beispielsweise den Austausch beim Essengehen, ohne an Rassismus denken zu müssen.

Wenn sie dann aber mit stereotypen Vorurteilen konfrontiert wird, ist ihre Strategie, diese zu embracen und sie damit kleiner zu machen. Auch in ihrer Musik beschäftigt sie sich mit politischen Themen wie Rassismus oder Bodypolitics.

Aus einem weiteren Diskussionspanel beim Unsafe+Sounds Festival mit dem Titel „Building a Community“ soll ein längerfristiges Projekt entstehen: eine internationale Datenbank für elektronische Musiker:innen der Asian Diaspora. Vorbild ist die Black Artist Database, die 2020 aus der Black Lives Matter Bewegung heraus entstanden ist. So eine Datenbank ist ein hilfreiches Tool für Kurator:innen, Bookings, aber ebenso für die Künster:innen selbst, die sich dort vernetzen können.

Und Vernetzung ist auch der Stichwort dieser neuen Generation der Asian Diaspora. Lassen sich in früheren Generationen noch nationale Abgrenzungen beobachten (es gibt die koreanische Community, die philippinische, etc. etc.), so suchen die jungen Leute, die sich jetzt erstmals dem Thema zuwenden, eine transnationale Verbindung, in der es weniger um das Bewahren kultureller Erinnerung als vielmehr um das Erörtern von Gemeinsamkeiten und das Aufarbeiten struktureller Probleme geht.

Ein Besuch beim Unsafe+Sounds Festival kann unter diesen Gesichtspunkten horizonterweiternd wirken, man kann aber natürlich auch einfach die spannenden Konzerte und Performances genießen und auf sich wirken lassen, ohne sich an kulturellem Diskurs zu beteiligen.

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