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Die britische Band Coach Party

Martyna Bannister

Coach Partys Debüt „Killjoy“ ist der Soundtrack zum gesunden Anger Management

Von der Isle of Wight auf die internationalen Bühnen: Coach Party haben von sich als up-and-coming Indie-Stars live schon Reden gemacht, nun ist ihr Debütalbum „Killjoy“ erschienen.

von Michaela Pichler

Die englische Band Coach Party weiß um die Kraft des guten Posens im Gitarrenrock; nicht nur deshalb lautet ihre Bio auf der Streaming-Plattform Spotify folgendermaßen: “Coach Party are the best band in the world, period.”
Overstatement also; den Sound haben die vier Musiker*innen dementsprechend angepasst. Eine Band, die allein im Musikjahr 2022 ganze 120 Mal auf internationalen Bühnen gestanden ist, und das noch vor dem Release ihres Debütalbums, muss gut eingespielt sein. Und laut muss es sein, immerhin sollen auch die Menschen in der letzten Reihe was vom Konzert haben.

Da sind sich Sängerin und Bassistin Jess Eastwood, die Gitarrist*innen Steph Norris und Joe Perry und Drummer Guy Page einig. Die beiden Freundinnen Jess und Steph haben schon seit 2016 als Jeph gemeinsame Sache gemacht. Mit 2019 wurde aber alles nochmal revidiert, zurück zum Startfeld, Tabula Rasa: Ein neuer Bandname musste her, genauso wie neue Bandkollegen – das Quartett Coach Party war geboren.

Wut ist gut

Was also seit mittlerweile mindestens vier Jahren auf der Isle of Wight rumort wurde heuer erstmals in ein Album gegossen. „Killjoy“ heißt die zehn Titel umfassende Platte, die gerade via Chess Club Records erschienen ist. Live konnte man sich von den neuen Songs diesen Sommer schon beim Glastonbury Festival oder bei Konzerten von Queens of the Stone Age ein Bild machen, bei denen Coach Party als Support aufgetreten sind.

Titel wie „Micro Aggression“ oder „All I Wanna Do Is Hate” geben schon eine leise Vorahnung: Coach Party sind wütend. Und wer will ihnen das verübeln? Grund zum Aggressionsstau gibt es dieser Tage an jeder Ecke. Sich dazwischen auch einmal Luft zu machen ist nur gesund. Und doch gibt es dann immer wieder Abstufungen, denn im Gefühlsspektrum eines Menschen werden Emotionen viel zu oft bewertet. Es gibt die guten, die erwünschten und leichtverdaulichen Gefühle, mit denen man sich natürlich am allerliebsten beschäftigt. Und dann gibt es die vermeintlich schlechten. Dabei sind gerade diese elementar, um Dinge zu verarbeiten und eine gewisse Resilienz im Leben zu entwickeln.

Einige dieser Emotionen sitzen bekanntlich im Bauch; bei Coach Party gibt es wohlige Wut auf die Ohren. „I feel like you’re always battling whether to be a nice person, and we’re all different human beings who have different ways of operating and different behaviours, but people are just dicks sometimes and that’s the moral of the story!”, meint Jess Eastwood zum Albumtitel “Killjoy”. Miesmacher*innen gibt es auf diesem Planeten viele, Coach Party haben für diesen ärgerlichen Umstand gleich mehrere Songs geschrieben.

Aufbegehren gegen die Langeweile

So zum Beispiel ein Lied über einen unersättlichen Parasiten in Menschengestalt – auch eine gute Spaßbremse. Coach Party haben Personen, die anderen die positive Lebensenergie aussaugen, einen eigenen Song gewidmet und all ihren Groll hineingelegt, verpackt in unter zwei Minuten: Der NME hat „Parasite“ als bisher härtesten Track der Band bezeichnet, Moshpit-Potential inklusive. In einer Presseaussendung meint der Drummer Guy Page dazu: “Everyone has those people in their lives that they’ll do anything to avoid. If you don’t, you might be one of those people, and this song is for you!”

Albumcover zu "Killjoy" von Coach Party

Coach Party / Chess Club Records

„Killjoy“ ist das Debütalbum der britischen Band Coach Party und ist am 8. September 2023 via Chess Club Records erschienen. Mit der neuen Platte im Gepäck geht es auch auf ihre erste Headliner-Europatournee. Konzerte in Österreich sind leider nicht geplant.

Und wer die wahren Spielverderber*innen sind, offenbart sich dann spätestens im Track „All Of My Friends“, wenn vom spießbürgerlichen Leben die Rede ist, das alle anderen im Freundeskreis auf einmal einzuschlagen scheinen. „All of my friends / doing it right / Getting a job / staying in line / oh what a life you live / so comfortably“ – die Band könnte fast der Neid fressen bei so einem geregelten Lebensentwurf. Doch über Bequemlichkeiten lassen sich dann vielleicht doch eher die langweiligen Lieder schreiben.

Deshalb lieber ein bisschen Irritation, ein bisschen Aufbegehren. Das hat auch schon bei ihrer Single „FLAG (Feel Like A Girl)“ gut funktioniert, die letztes Jahr auf der EP „Nothing Is Real“ erschienen ist und eine empowernde Ansage gegenüber misogynem Verhalten ist. Auf „Killjoy“ hinterfragt die Band nun gleich das ganze menschliche Dasein. Als Albumopener haben Coach Party den Song „What’s the Point in Life“ ausgewählt. Mit Lyrics, die ohne der treibenden E-Gitarren-Zerrung fast schon depressiv wirken könnten („What’s the point in life if we all die?“). Bei Coach Party geht es aber weniger um plakativen Nihilismus, sondern vielmehr um Selbstbestimmung. Zieh dein Ding durch und kümmere dich nicht darum, was andere davon halten. Ein bisschen mehr Wurstigkeit hat noch niemandem geschadet.

Mit ihrer Attitüde bedienen sich Coach Party lieber beim aufgekratzten Punk-DIY-Universum oder der Riot-Grrl-Bewegung als glatte Indie-Floskeln abzuklopfen. Und das macht die Band und ihren Sound so interessant. Wer schon jetzt Fan von dem ebenfalls auf der Isle of Wight großgewordenen Duo Wet Leg ist, wird mit Coach Party ziemlich viel Freude am Frustabbau haben.

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