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Quo vadis, „Bandcamp“?

Es rumort in der Indie-Branche. Die beliebte Online-Musikplattform Bandcamp hat einen neuen Eigentümer. Mit massenweisen Entlassungen gleich zu Beginn wächst eine Befürchtung: Ist Bandcamp wie wir es kennen bald Geschichte?

Von Xaver Stockinger

Wie bereits im September 2023 angekündigt, wurde die Musikplattform Bandcamp nun vom US-amerikanischen Unternehmen Songtradr gekauft. Es ist bereits die zweite Übernahme der Musikplattform binnen eineinhalb Jahren. Erst im März 2022 hat das Videospielunternehmen Epic Games, das vor allem für Fortnite bekannt ist, Bandcamp gekauft. Für Aufsehen sorgt beim der jetzigen Übernahme durch Songtradr, dass 50 Prozent der Bandcamp-Belegschaft sofort entlassen wurde.

„Es waren einige Anpassungen nötig, um sicherzustellen, dass [Bandcamp] als nachhaltige und gesunde Firma seine Gemeinschaft an Künstlern und Fans bedienen kann“, erklärt Songtradr gegenüber dem Branchenmagazin Variety. Unter Indie-Labels und Musiker:innen sorgen diese Veränderungen für Stirnrunzeln, lässt es doch die Sorge aufkommen, dass Bandcamp, so wie man es kennt, unter der Rigide des neuen Eigentümers passé sein könnte.

Bandcamp als fairer Musik-Markplatz

Seit seiner Gründung im Jahr 2007 hat sich Bandcamp zu einer wichtigen Plattform im Indie-Bereich entwickelt. Musiker:innen und Labels haben dort die Möglichkeit, ihre Werke zu eigenen Preisen anzubieten, Fanartikel zu verkaufen und direkt mit Fans in Kontakt zu treten.

Vor allem, was die Einnahmen-Verteilung betrifft, gilt Bandcamp im Vergleich zu den Streaming-Riesen Spotify & Co als fair: Bei Fanartikeln betrage der Bandcamp-Anteil 10 Prozent, bei Downloads 15 Prozent, hinzu komme eine Gebühr für den Zahlungsdienstleister. Letztlich landen jedoch 80 bis 85 Prozent beim Label beziehungsweise beim Artist. Zum Vergleich: Spotify und Apple Music behalten sich jeweils 30 Prozent der Einnahmen. Während der Covid-Pandemie, als Konzerte als bedeutende Einnahmequelle für Musiker:innen wegfielen, startete die Plattform den sogenannten „Bandcamp Friday“. An diesen Tagen leitet Bandcamp 100 Prozent der Einnahmen direkt an die Künstler:innen weiter.

Die Sorge, Bandcamps artist-freundliche Ausrichtung könnte durch die neue Übernahme durch Songtradr verschwinden, ist auch in der österreichischen Indie-Landschaft präsent. Jamal Hachem, Gründer von Affine Records (Cid Rim, Dorian Concept, Wandl, …) releast schon seit vielen Jahren Artists unter anderem auf Bandcamp. Einem Aus der Plattform sieht er besorgt entgegen: „Es wäre ein riesiger Einschnitt für ganz viele Indie-Player. Über die letzten 15 Jahre haben sich dort viele eine riesige Followerschaft und Sichtbarkeit aufgebaut. Etwas, das sich nicht von heute auf morgen einfach ersetzen lässt.“

„So schön der Begriff auch sein mag, aber so ‚Indie‘ sind wir gar nicht, weil die Abhängigkeit von Konzernen einfach verdammt groß ist.“ Jamal Hachem, Affine Records

Kleine Künstler:innen und Labels würden durch das Verschwinden von Bandcamp neben einer wichtigen Einnahmequelle auch die umfangreichen Mailinglisten von Unterstützer:innen verlieren. Macht würde sich mehr und mehr auf die großen Streaming-Plattformen verlagern. Für Jamal Hachem ist es traurige Gewissheit: „So schön der Begriff auch sein mag, aber so ‚Indie‘ sind wir gar nicht, weil die Abhängigkeit von Konzernen einfach verdammt groß ist.“

Wohin die Zukunft von Bandcamp nun genau geht, darüber will der neue Eigentümer Songtradr nicht viel sagen. In einem Statement verspricht das Unternehmen, das auf die Lizenzierung von Musik spezialisiert ist, Bandcamp so weiterzuführen wie zuvor. Ob sich Songtradr an dieses Versprechen hält, wird sich erst herausstellen. Der Spekulationen rund um Bandcamp zeigen jedoch einmal mehr, dass Ökosysteme unabhängiger Musik weitaus zerbrechlicher sind, als man es wahrhaben möchte.

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