Bombay Bicycle Club und ihr neues Album „My Big Day“

Die britischen Indie-Lieblinge Bombay Bicycle Cub nennen ihr neues Album „My Big Day“. Es ist in der Tat ein großer Tag für das sympathische Londoner Quartett: Man veröffentlicht das bereits sechste Album; nicht jeder Band ist eine solch lange Lebensdauer gegönnt. „My Big Day“ ist eine eklektische und eindrucksvolle Platte geworden.

Von Eva Umbauer

Sie waren noch Teenager, als sie ihren ersten Plattenvertrag unterschrieben - vier Typen aus dem ruhigen Nordlondoner Vorort Crouch End: Jack Steadman, Jamie MacColl, Ed Nash und Suren de Saram. Die vier jungen Musiker benannten ihre Band nach einer indischen Restaurantkette in London, die es mittlerweile nicht mehr gibt. Bombay Bicycle Club hatten einen Wettbewerb gewonnen, infolge dessen sie beim englischen V-Festival auftreten durften.

Inzwischen sind Jack, Jamie, Ed und Suren von Bombay Bicycle Club Anfang 30 und zum Teil Familienväter. Dass es für jeden von ihnen ohne die Band letztlich einfach nicht geht, fanden die vier nach einer Pause, die ein paar Jahre lang dauerte, heraus. Seither sind Bombay Bicycle Club, die vor 16 Jahren mit der EP „The Boy I Used To Be“ ihr Debut gaben, stärker denn je unterwegs, was nicht einfach ist, schließlich war das 2014er Album der Band, „So Long, See You Tomorrow“, ein Nummer-1-Album in den britischen Album-Charts.

Jack Steadman machte während der Bandpause als Mr Jukes Musik und Bassist Ed Nash unter dem Namen Toothless, während Gitarrist Jamie MacColl - er kommt aus einer großen Musiker:innenfamilie, mit Peggy Seeger und Ewan MacColl („The First Time Ever I Saw Your Face“) als Großeltern - an die Universität ging, um zu studieren. Schlagzeuger Suren de Saram spielte während der Pause unterschiedliche Musik mit vielen verschiedenen Musiker:innen, etwa mit der Britin Jessie Ware; auch Suren kommt aus einer sehr musikalischen Familie - sein Vater, der aus Sri Lanka stammende Brite Rohan de Saram, ist ein begnadeter Cellist.

Bombay Bicycle Club hatten immer gerne Gastmusiker: innen auf ihren Platten und bei ihren Konzerten, englische Songwriterinnen wie Lucy Rose oder Rae Morris. Auf dem letzten Album der Band machte auch Billie Marten bei einem Song mit, dem wunderschönen „Racing Stripes“. Auf dem neuen Album gibt es wieder Gäste, von der englischen Songwriterin Holly Humberstone oder der US-Musikerin Jay Som bis zu Stars wie Damon Albarn und Chaka Khan. „We’re not doing it for the sake of getting features“, sagt Ed Nash im FM4 Interview: „We’re doing it because we are fans of their work, and because they add something very unique.“

Chaka Khan singt also mit Bombay Bicycle Club? Tatsächlich. Wie kam es zu dieser - zumindest im ersten Augenblick - ungewöhnlich erscheinenden Zusammenarbeit zwischen der englischen Band und der US-Musikerin, die für Soul/Pop-Hits wie „I Feel For You“ oder „Ain’t Nobody“ bekannt ist? Der 70-jährige US-Star machte es der Band leicht, was gut war, denn Jack Steadman zitterte schon ein wenig, als er die Vocals von Chaka Khan höchstpersönlich in Los Angeles aufnahm, aber Chaka war ein Profi und harmonierte sofort mit Jack und dem Sound von Bombay Bicycle Club.

Der Track von Bombay Bicycle Club, auf dem Chaka Khan singt, hat einen Seventies-Vibe und heißt „Tekken 2“, benannt nach einem Videospiel aus den 1990er Jahren. Jack Steadman hatte den Track - noch ohne Gaststimme - Damon Albarn vorgespielt, und Damon meinte umgehend, dass Chaka Khan hier die perfekte Stimme wäre. Damon und Jack kennen einander von Damon Albarns Projekt Africa Express. Damon selbst singt dann ebenfalls mit, nämlich bei der ätherischen Ballade „Heaven“, auf der es auch Bläser zu hören gibt.

Beim Song „Meditate“ macht die Londoner Songwriterin Nilüfer Yania mit. Es handelt sich dabei um einen leicht punkigen Song, der vielleicht der herkömmlichste Track auf dem neuen Album von Bombay Bicycle Club ist. Bei „Sleepless“ singt die US-Songwriterin und Multiinstrumentalistin Melina Duterte mit. Melina nennt sich Jay Som, und ebenfalls bei diesem Song mitkomponiert hat Beabadoobee aus London. Beim Song „Diving“ hingegen kommt die - leichtfüßige, poppige - Gaststimme von der Britin Holly Humberstone, die auch gerade selbst ein Album veröffentlicht hat.

„‚Diving‘ is a song about that summer you have when you’re 15, the memory of which conjures up such a unique feeling. You’re discovering everything for the first time and the world seems as scary and exhilarating as diving off a tall cliff into a lake.“ - Jack Steadman, Bombay Bicycle Club

„My Big Day“, der Song, der dem Album den Titel gibt, ist ein fesselnder Track und „Rural Radio Predicts The Rapture“ ist ein ebenso faszinierendes Electro-Soundscape-Stück, ein Instrumental. „Turn The World On“ hat die Elternschaft als Thema und erinnert an die früheren Bombay Bicycle Club, während der letzte Track, „Onward“, ein großes, episches Stück ist, das als eine Art Nachfolger zum 2014er Track „Luna“ betrachtet werden könnte.

„My Big Day“ von Bombay Bicycle Club ist eine eklektische und abwechslungsreiche Platte. Jack Steadman hat sie zusammen mit dem englischen Producer Paul Epworth in dessen Studio The Church in Crouch End, London produziert, wo Epworth etwa auch schon als Produzent für Mumford And Sons tätig war. Zum Abmischen der Songs fand sich kein Geringerer als der US-Produzent Dave Friedman, den man mit maßgeblichen Alternative-Bands wie Flaming Lips, Mercury Rev, Interpol oder MGMT verbindet.

Aus der jugendlich frischen Indierockband, zu deren Songs eine ganze Generation aufgewachsen ist, ist eine erfahrene Band geworden, die noch immer Bombay Bicycle Club ist, aber nun schon einmal in eine Richtung abbiegt, die unerwartet ist. Indie, Pop, Hip-Hop, Garage ... Es ist keine Eselsgeduld erforderlich und kein langer Atem, um sich durch das neue Album des britischen Quartetts zu hören, denn immer wieder kommt gleich etwas Neues um die Ecke und nimmt einen sofort mit. „My Big Day“ ist eine Platte sowohl für neue Fans als auch für Langzeitliebhaber:innen der Musik von Bombay Bicycle Club.