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Cover Cilli Miculik - Die Menschlichkeit

Preiser Records

FM4 Schnitzelbeats

FM4 Schnitzelbeats: Singer-Songwriter from Austria

Neue Archiv-Fundstücke aus Österreichs reichhaltiger Pop- und Subkulturgeschichte. Diesmal mit jeder Menge psychedelischem Folk und Pop aus den 70er-Jahren.

Von Al Bird Sputnik

Zur Begriffsklärung: “Singer-Songwriter” bezeichnet eine musizierende Person, die als Interpret:in (Singer), wie auch gleichzeitig als Urheber:in (Songwriter) eines Songs in Erscheinung tritt. Man denke nur an Performer:innen der 60er-Jahre, wie etwa die US-amerikanischen Folk-Musiker:innen Pete Seeger, Bob Dylan oder Joan Baez, die “nur” mit einer Gitarre und einem selbstkomponierten Lied ein Publikum erobern konnten. Ganz ohne Orchester oder Backing-Band. Im Gegensatz zu anderen Strömungen der Ära stand bei der Singer-Songwriter-Bewegung auch klar die Botschaft im Vordergrund. Der Text hatte hier eine ebenso große Bedeutung wie die Musik, manchmal eine noch größere – beispielsweise wenn Kritik an bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen geübt wurde. Auch in Österreich gab es im betreffenden Zeitraum eine vitale Liedermacherszene, die in österreichischen Jugendclubs und Underground-Kneipen – wie etwa dem Folkclub Atlantis in Wien – ein Zuhause fand. Die heutige Ausgabe der FM4 Schnitzelbeats ist dieser ersten Generation österreichischer Singer-Songwriter gewidmet: Vier Recording Artists der 1960er und 1970er-Jahre stellvertretend für eine Vielzahl heimischer Künstler:innen der Ära.

Cover Georg Danzer - Honigmond (1973)

EMI Columbia

Georg Danzer - Honigmond (1973)

Noch bevor Georg Danzer mit Hits wie “Jö schau” (1975) oder “Hupf’ in Gatsch” (1976) zum österreichischen Popstar avancierte, probierte er in den frühen 70er-Jahren verschiedene Dinge aus. Unter anderem war er Mitglied der progressiven Rockband The Madcaps, veröffentlichte einige waschechte Schlager-Songs und war auch immer wieder als Songwriter für andere Künstler:innen tätig. Im Jahr 1973 nahm er schließlich seinen Debüt-Longplayer auf, ein psychedelisches Konzept-Album mit dem kryptischen Titel “Honigmond”. Surreale Lyrik trifft hier auf eine farbenfroh inszenierte Sound-Kulisse, die fast so klingt, als wäre die Platte im britischen Abbey Road-Studio aufgenommen worden – inklusive knalliger Streicher-Arrangements und reichlich Special Effects aus der Trickkiste des Hit-Produzenten Rene Reitz. Ein unerwartet vollständiges Werk, das mit britischen oder US-amerikanischen Folk-Alben der Ära mithält, aber – aufgrund einer überschaubaren Auflage – damals nur als “Achtungserfolg” reüssieren konnte. Im Original mittlerweile recht rar geworden ist, ist “Honigmond” übrigens letztes Jahr auf LP wiederveröffentlicht worden.

Cover Cilli Miculik - Die Menschlichkeit

Preiser Records

Cilli Miculik - Die Menschlichkeit (1976)

Im Frühjahr 1975 rief die Redaktion der “Ö3 Musicbox” ihr Publikum dazu auf, Demobänder mit selbstkomponierten Songs an den Sender zu schicken. Die originellsten Einsendungen wurden dann gekürt und kamen 1976 auf einer Compilation mit dem Titel “Kennwort Hörerlieder” heraus. Darauf enthalten waren zwei Stücke der damals 25-jährigen Cilli Miculik, einer junge Mutter und gelernten Schneiderin aus Wien, die schon kurze Zeit später mit der politischen Szene-Band Schmetterlinge – rund um Willi Resetarits und Schurli Herrnstadt – ins Studio ging, um ein Album mit sozialkritischen Eigenkompositionen aufzunehmen. Bei “I waaß net”, so der Name des Werks, handelt es sich um eine äußerst geglückte Momentaufnahme des heimischen Singer-Songwriter Movements: Unangepasst, pointiert und obendrein in schön-unaffektiertem Wiener Dialekt gehalten.

Cover Haimo Wisser - Ein Tag

Preiser Records

Haimo Wisser - Ein Tag (1976)

Der Wiener Autor und Experimentalmusiker Haimo Wisser spielte in den frühen 70er-Jahren bei der Progressive-Rock-Band Paternoster den Bass, ehe er eine Solo-Karriere lancierte. Als etwa der angesprochene Ö3-Musicbox-Sampler “Kennwort Hörerlieder” erschien, war er dort ebenso mit eigenen Kompositionen vertreten und brachte im Jahr 1976 ein verspieltes Folk-Konzeptalbum mit dem schlichten Namen “Haimo” auf den Markt. Dabei wurde alles in 1-Mann-Eigenregie produziert, wie die Credits auf der Plattenhülle bescheinigen: “Text, Musik, Arrangements und Ausführung: Haimo Wisser”. Wer die Platte auf dem Flohmarkt findet, sollte da also mal reinhören. Experimentelle Lyrik trifft auf schwerelose Psychedelik-Arrangements mit Flöten, Sitar und Tabla. Wurde hier gar ein kleines Meisterwerk der österreichischen Popgeschichte übersehen?

Michael Frank - Wintertag

Philips

Michael Frank - Wintertag (1976)

Auch der niederösterreichische Hauptschullehrer Michael Frank wurde durch den szeneprägenden “Kennwort Hörerlieder”-Sampler bekannt und brachte in weiterer Folge einen Tonträger nach dem anderen auf den Markt. Sein Debüt-Album aus dem Jahr 1976 trug den Titel “Zwölf Lieder” und beinhaltete einige außergewöhnliche Nummern, die vom späteren Falco-Produzenten Robert Ponger in Szene gesetzt wurden. Insbesondere sei auf die Nummer “Wintertag” hingewiesen, denn hier stimmt irgendwie alles: Komposition, Bildsprache, Instrumentierung, das trippige Arrangement – ein Highlight der österreichischen Singer-Songwriter-Ära der 70er-Jahre und ein würdiger Abschluss der heutigen Ausgabe der “FM4 Schnitzelbeats”.

Danke für die Aufmerksamkeit und bis zum nächsten Mal!

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