„Three“ von Four Tet ist ein Liebesbrief an die Subtilität

Four Tet macht elektronische Musik, die emotional und überraschend ist. Beat spielt nicht so sehr eine Rolle wie die Sounds und die Brüche, so dass die Kompositionen von Four Tet zu einer Erzählung werden. So auch auf seinem neuen Album „Three“.

Von Natalie Brunner

Die Alben von Four Tet sind wie ein Haus, in dem man immer neue Türen, Zimmer Korridore entdecken kann und indem nie etwas so funktioniert wie man glaubt. Das löst aber auch eine besondere Kombination von Aufmerksamkeit und Ruhe aus.

Four Tets Alben sind ein musikalisches, wandelndes Schloss oder vielleicht eher ein Wald wo es immer Neues im Unterholz zu entdecken gibt. Four Tet baut seine Musik mit Sounds, die in seinem Genre eher unüblich sind. Auf dem neuen Album „Three“ hört man geloopte Gitarren, Harfen, und viel aus der Natur Kommendes, Stimmen klingen wie Winde oder Echos, Rascheln und Zirpen.

Die erste Single von „Three“ ist vor fast einem Jahr erschienen. Die Nummer „Three Drums“ ist eine Wand aus elektronischem Lärm, die von einem entspannten, subtil an 90er Jahre Hip Hop erinnernden, Beat zum Bröckeln gebracht wird. Man stößt an eine Mauer aus Rauschen, akustisches Geröll baut sich auf, aber immer nur punktuell und kurz, so dass man die Weite, den Raum und die Harmonien danach genießen kann.

Vom Nischenliebling zum Stadionfüller

„Three“ ist nicht das dritte, sondern das zwölfte Soloalbum von Four Tet alias Kieran Hebden. Kollabos, EPs, Remixe sind nicht mitgezählt. Hebden hat seinen ersten Plattenvertrag Mitte der 90er Jahre als Teenager unterschrieben und seitdem einen ungebrochen kreativen Output, der eine eigene Signatur hat. Mit seiner hauptsächlich instrumentalen Musik hat er sich in den letzten Jahrzehnten von einem Nischenliebling den Weg zu einem Stadiumfüller und Coachella Headliner erspielt, an der Seite von Schwergewichten wie Skrillex oder Fred Again, Legenden wie Brian Eno und seinem alten Schulkollegen Burial. Von The XX bis Lana Del Rey, Aphex Twin, Thom York, Omar Souleyman, das sind ein paar der Artist, die ihr Werk von Four Tet in seine Soundwelt transferieren ließen.

Im Jahr 2020 hat Four Tet zwei Soloalben veröffentlicht und mit Beatmeister Madlib, Skrillex und Fred Again zusammengearbeitet. In den folgenden Jahren 2021 und 2022 hat Keiran Hebden einen Präzedenzfall schaffenden Rechtsstreit mit seiner ehemaligen Plattenfirma über die Prozentverteilung der Streaming-Entgelte geführt und gewonnen. Ein Polster von 60.000 Pfund der Four Tet zugesprochen wurde und auf dem er sich an sein jetzt erschienenes Soloalbum Three machen konnte.

„Three“ umfasst insgesamt acht Tracks zwischen drei und acht Minuten und ist auf seinen knapp 45 Minuten Laufzeit abwechslungsreich und klug zusammengestellt. Four Tet streift die vielen Musikstile, die er auch schon bisher gekreuzt hat: Hip Hop, Down Beat, House.

Details, Sorgfalt und Liebe

Der Eröffnungstrack „Loved“ ist vier Minuten lang und es passiert so viel, dass man allein über diesen Track einen Review auf Albumlänge schreiben könnte: Vinylkinstern und ein von Synthies umrankter Breakbeat, asynchrones Zischen im Hintergrund, das zu einer in sich kollabierenden Lawine anschwillt.

Im Intro von „Skater“, meiner Lieblingsnummer von „Three“, ist das Rollen zu hören, übertönt von einer geloopten Gitarre, die auf an 80er Jahre Filmsoundtracks erinnernde Synthies trifft und irgendwo weit im Hintergrund Stimmen, mehr Echos als Gesang.

Es sind die vielen Details, die „Three“ zum Strahlen bringen, man hört die Sorgfalt und Liebe, die in die acht Nummer gesteckt worden ist. Nicht ein einziges Mal hat man das Gefühl, dass Four Tet nach einer Formel, einem Schema gearbeitet hat und trotzdem, vielleicht auch deshalb hat das Album in jeder Sekunde unverkennbar seine Klangschrift. Es scheint, je größer die Stadien werden die Four Tet bespielt, desto delikater und subtiler werden die Details die seine Musik definieren.