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Tierra Whack

Michael Tran / AFP

World Wide Whack

Das erste Album von Tierra Whack „World Wide Whack“ ist wie ein sich etwas zu schnell drehendes Ringelspiel der Emotionen.

Von Natalie Brunner

Tierra Whack: das klingt nach einem ziemlich guten Künstlerinnen-Namen. to whack heißt laut Deutsch–Englisch-Wörterbuch: jemanden schlagen, verhauen, prügeln, umnieten. Tierra Helena Whack ist aber tatsächlich der echte Name einer der ungewöhnlichsten und talentiertesten MCs, die im Moment unterwegs sind.

1995 in Philadelphia geboren, hat Tierra Whack zuerst in der Freestyle- und Battle-Rap-Szene ihrer Heimatstadt von sich reden gemacht.

Der Weg zum ersten Album

Tierra Whack ist sehr verspielt und originell in ihren Reimen und Wortspielen, hat schon Nummern über ihre schwere Allergie auf Insektenstiche gemacht oder darüber, wie es ist, einen Mann zu daten, der ein Einzelkind ist. Zu ihren größten Einflüssen gehören Andre 3000, Lauryn Hill und die Sesamstraße - was man an ihren Videos merkt. Und, nicht zu vergessen, ihre Mutter, die beim Autofahren oft Gangsta Rap gehört hat. Nach dem 2018 erschienen Mixtape, auf dem jede der 15 Nummern exakt eine Minute lang ist, und drei EPs, die mit „Rap?“, „Pop?“ und „R&B?“ betitelt sind, freuen wir uns, jetzt ins „World Wide Whack“ abtauchen zu können, ins erste reguläre Album von Tierra Whack.

Tierra Whack sagt von sich, ein sehr unsicheres Kind gewesen zu sein, bis sie begonnen hätte, Tagebuch zu schreiben. Und als sie eines Tages, inspiriert vom Kinderbuchautor Doktor Seuss, begonnen hat, auch ihre Hausaufgaben in Reimform zu schreiben - was bei Lehrkörper und Mitschülerinnen für Begeisterung gesorgt hat - da war ihr klar, der Weg raus aus der wolkigen Welt der Selbstzweifel ist zu schreiben bzw. zu rappen. Als ein Video von ihr als 15-Jährige an einer Straßenecke rappend viral ging, war klar, wohin die - bereits mit einer Doku namens Cypher bedachte - Reise gehen wird.

Manchmal klingen ihre Nummern auch noch, als wären sie der Soundtrack zu einer Kinderserie nach Art der Sesamstraße. So zum Beispiel der „Shower Song“. Auf dem Cover ihres Albums „World Wide Whack“ und auch in einigen ihrer Videos ist sie als ein Pierrot-artiges Alter Ego zu sehen: ein schwarzweißer, trauriger Clown, der in einem Mond sitzt. Ein Charakter, der laut Tierra Whack den Kampf und die Herausforderungen von Performerinnen illustriert: man ist immer unter Menschen und muss unterhalten und ist dabei einsam.

Depression bis Euphorie

Also lasst euch nicht täuschen, schwere Themen packt Tierra Whack in ein vermeintlich niedlich harmloses musikalisches Gewand. Die Nummer Imaginary Friends dreht sich um Depression und Selbstmord.

Die Nummer „Chanel Pit“ performt Tierra Whack im Video in einer Autowaschstraße. Das könnte man auch als den Versuch, ein Trauma zu bearbeiten, interpretieren. Sie hat sich das Geld für ihren ersten Laptop, um Musik machen zu können, in einer Autowaschanlage verdient. „I always wanna include everything that has affected me in my art in my music”, so Tierra Whack im Interview.

Das Album „World Wide Whack“ ist wie ein sich etwas zu schnell drehendes Ringelspiel der Emotionen. Nicht nur über den gesamten Verlauf des 15 Nummern langen Albums, sondern auch in einzelnen Nummern gibt es Achterbahnfahrten von Euphorie zu Depression. Optimismus und Braggadocio wechseln sich mit pessimistischen Analysen von Showbiz und Konsumkultur ab. Im schlimmsten Fall endet das für die im Rampenlicht stehenden Artists als Mitgliedschaft im sogenannten „27 Club“. Oder, wie Tierra Whack es selbst formuliert hat, in den wohl ungewöhnlichsten Worten, die je in einer US-News-Show gefallen sind: „I just want to promote imperfection. The truth is that life only gets harder, but we have to put one foot in front of the other and be forgiving to ourselves and those around us.“

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