FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Vorführung von "LKH - Der Zwetschkenfleck" von Michael Glawogger: Pia Hierzegger als Turnusärztin und Michael Ostrowski als indischer Arzt.

Harald Wawrzyniak

DIAGONALE

Was für ein Diagonale „Nachspann EXTRA“: „The Lost Soap of Michael G.“

Ein wieder gefundenes Digi-Beta-Band ist jetzt digitalisiert und birgt gar wunderbare Filmgeschichte: Der Pilot der Serie „LKH“ von Michael Glawogger und dem Theater im Bahnhof feiert gestern Premiere auf der Diagonale - 20 Jahre nach dem Dreh.

Von Maria Motter

„Ich glaube, wir sollten uns mit Alkohol geparden“, sagt Pia Hierzegger in „Nacktschnecken (2004). Regisseur Michael Glawogger hat bei der Drehbuchentwicklung mit Michael Ostrowski vorgeschlagen, einen Gepard im Film zu haben, später ist noch der Wunsch nach Schweinen aufgekommen – die aber für eine andere Szene.

Und so landet der Gepard vom Flughafen in Brünn, wo er sonst zur Vogelvergrämung für sicheres Start- und Landeverhalten der Flugzeuge relativ freilebend unterwegs ist, auf der Lassnitzhöhe und am Set von „Nacktschnecken“.

Die Diagonale 2024 auf FM4

Ein Jahr zuvor, im August 2002, sind Michael Glawogger und Schauspieler:innen des Grazer Theater im Bahnhof drauf und dran, eine Fernsehserie zu machen: „LKH“. Lange war unklar, ob es überhaupt noch Material von der Krankenhausserie gibt. Bis Christoph Huber vom Österreichischen Filmmuseum bei der Produktionsfirma DOR Film nachgefragt hat.

Die Diagonale zeigte also am Samstagabend den Piloten der Sitcom „LKH“. Der Abend findet in Erinnerung an Michael Glawogger anlässlich dessen 10. Todestages statt. Der erste Patient in „LKH - Der Zwetschkenfleck“ ist ein Krampus. Ihm ist die Gummimaske mit dem Gesicht verschmolzen - und er hat Gesangseinlagen: „Doktor, Doktor, siehst mi net“ und „Wenn Sie mir heut die Wangen näh’n, werd i nie mehr als Krampus gehen“.

Da eilt Michael Ostrowski im Sitcom-Piloten als indischer Arzt mit Turban und eleganter Handhaltung den Gang entlang, Lorenz Kabas setzt als Dauerpatient der Turnusärztin (Pia Hierzegger) die Nadel zur Blutabnahme an und ein Backblech mit Zwetschkenfleck („Gugelhupf?“) wandert durch die Folge. Manches ginge heute nicht mehr durch. Auf Diagonale-Partys leuchten Lichterketten des „Awareness“-Teams.

Diagonale - "LKH" The Lost Soap of Michael Glawogger

Diagonale / Harald Wawrzyniak

Christoph Huber, Michael Ostrowksi, Pia Hierzegger und Helmut Köpping auf der Diagonale.

Woher die eingespielten Lacher in Michael Glawoggers „LKH“-Piloten gekommen sind, ist eine Publikumsfrage. Schnapsstamperl wurden gestern im großen Saal des Schubertkino serviert in diesem Extra der neuen Diagonale-Reihe „Nachspann“. Auf der Bühne des Schauspielhauses Graz belohnte man das Publikum einst mit zugeworfenen Milka Naps in Momenten aktiver Beteiligung. Die Theatermacher:innen vom Theater im Bahnhof hatten sich 2002 binnen kürzester Zeit in die Filmbranche katapultiert.

Es wurde nur ein Pilot – „LKH – Der Zwetschkenfleck“. Ein Bauchfleck ist dieser Versuch, eine der erfolgreichen Theaterproduktionen von zweistündigen Bühnenfolgen auf der großen Bühne des Schauspielhaus Graz auf 25 Minuten zu verdichten, dennoch nicht.

Diagonale - "LKH" The Lost Soap of Michael Glawogger

Diagonale / Miriam Raneburger

Das Theater im Bahnhof - kurz: TiB - ist damals schon ein Player in der Grazer Kunst- und Kultur. Das Off-Theater hat sich mit vielen Eigenproduktionen und montäglichen Impro Shows – die es nach wie vor gibt – einen Namen gemacht. Das Premieren-Abo-Sektbar-in-der-Pause-Publikum am Schauspielhaus ist hin und weg.

Pia Hierzegger erinnert sich an den Stress, immer diese medizinischen Ausdrücke zu verwenden. „Einmal musste ich eine Herzmassage machen und Andi Acham hat mir ein Kreuz drauf gemalt, damit ich weiß, wo ich drücken muss“, erzählt die Regisseurin, Autorin und Schauspielerin Pia Hierzegger, weiß aber sofort einen Fachbegriff bei der nächsten Anekdote. „So gewisse, kleine medizinische Eingriffe traue ich mir durchaus zu.“

Die Theater-Soap „LKH“ schreibt das TiB im Kollektiv. In der Großgruppe wurde diskutiert, ob man in einem Satz „aber“ oder „doch“ sagen sollte, erinnert sich Pia Hierzegger. Die Inspiration kommt vom HNO-Arzt Andreas Acham, der als Musiker am TiB dabei ist. Helmut Köpping führte bei „LKH“ Regie und Johanna Moder war die Regieassistentin, auch bei „Nacktschnecken“. Sie ist gestern nicht in Graz, sie dreht gerade ihren neuen Spielfilm.

Michael Ostrowski nimmt sich damals nach dem Piloten zu „LKH“ drei Wochen Auszeit vom Spielen und schreibt sein erstes Drehbuch, die Urfassung von „Nacktschnecken“. Die Komödie handelt von drei Grazer Ex-Student:innen, die auf Anfrage ein Sexvideo drehen wollen. Mit dem stets zugewandten und erst mal alle Ideen willkommen heißenden „Glawo“ wird er es vollenden. 2004 ist „Nacktschnecken“ der Abschlussfilm der Diagonale.

"Nacktschnecken" von Michael Glawogger Filmstills aus 2002

Filmladen

Michael Ostrowski, Pia Hierzegger und Raimund Wallisch in"Nacktschnecken"

Michael Ostrowski erzählt auf der Diagonale sehr amüsant, wie alle am Dreh Beteiligten für die Gepard-Szene zur Sicherheit in einem kleinen Kammerl waren, außer ihm. Und wie er sich gefragt hat, was mit seiner eigenen Sicherheit wäre. Mit Pia Hierzegger und Raimund Wallisch sowie Kameramann Wolfgang Thaler war Michael Ostrowski mit dem Raubtier im Zimmer, später dann auf der Terrasse im Garten. Ob und wie der Ton geangelt wurde, weiß Ostrowski nicht mehr. Eigentlich wäre der Gepard eh ganz lieb gewesen, sagt er, nur beim Außendreh hat der Witterung aufgenommen (Hirsche!), die Zähne gefletscht, dabei den Kopf von der Kamera abgewandt und Richtung Wald geschaut. Pia Hierzegger weiß noch, dass das Tier die Pratzen auf ihren Schultern hatte und Michael Ostrowski in den Rücken „gezwickt“ hat.

mehr Diagonale:

Aktuell: