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Erni Mangold im FM4 Doppelzimmer

Radio FM4 / Christian Stipkovits

FM4 Doppelzimmer

„Ich habe keine Angst. Auch nicht vor dem Tod“

Zu Besuch bei der 90-jährigen Schauspielerin Erni Mangold in ihrem Haus am Ende einer Straße im Waldviertel.

Von Elisabeth Scharang

FM4 Doppelzimmer mit Erni Mangold: Am Pfingstmontag von 13 bis 15 Uhr auf Radio FM4 und anschließend online on demand.

Erni Mangold hat sich mit Mitte fünfzig emanzipiert. Nicht dass sie davor eine angepasste junge Frau gewesen wäre, nein; sie hat als junges Mädchen im Nazi-Wien den Judenstern getragen, um mit ihrer jüdischen Freundin gemeinsam spazieren zu gehen. Erni Mangold ist keine Jüdin, auch wenn ihr Familienname Goldmann eine andere Geschichte erzählen könnte. Aber Vater Goldmann hat Ahnenforschung betrieben, lange bevor die Nazis mit ihrem Rassenwahn die Macht übernommen hatten. Er war dabei auf der Suche nach Krankheiten, die sich durch die Familiengeschichte ziehen. Das war seine Leidenschaft, erzählt Erni Mangold. Dieser Stammbaum erzähle nichts von jüdischen Vorfahren, aber sie wisse nicht genau, ob der Vater da nicht getrickst habe. Jedenfalls kannte die junge Erni keine Angst, auch nicht vor den Nazis. Diese Furchtlosigkeit hat sie unbeschadet von sexueller Gewalt durch die Nachkriegszeit gebracht.

Erni Mangold im FM4 Doppelzimmer

Radio FM4 / Christian Stipkovits

Mit einem Menschen zu reden, der seit 90 Jahren auf der Welt lebt, ist ein Geschenk. Plötzlich ziehen sich Bögen durch die Geschichte, die man aus der Gegenwart heraus nicht immer sieht und es zeigt sich, dass die Welt nicht nur aus Backlashes besteht.

Beispiel: Besetzungscouch

Erni Mangold erzählt trocken über die Platzhirsche im Theater- und Filmbetrieb der Fünfziger und Sechziger Jahre, die kein Hehl daraus machten, dass junge Schauspielerinnen nur über das Bett des Regisseurs und Direktors zu einer guten Rolle kamen. Erni Mangold war eine sehr hübsche und eine sehr wilde junge Frau und sie hatte keinen Bock auf diese Art von Unterwerfung. Sie habe dadurch einige Rollen nicht bekommen, erzählt sie. Vor allem im Filmgeschäft sei das sehr unangenehm und extrem gewesen und habe sich bis in die Siebziger Jahre gezogen.

Schließlich hat sie doch geheiratet. Einen deutschen Schauspieler. Man hat von ihr erwartet, die Karriere ihres Mannes zu unterstützen und die ihre hintanzustellen. Und das hat sie auch gemacht. Kinderlos wurde die Ehe nach über einem Jahrzehnt geschieden und es begann ein neuer, ein guter Lebensabschnitt. Es kam die Zeit der Emanzipation. Es kam die Zeit der Erni Mangold, wie wir sie heute kennen: eine Frau mit trockenem Humor und scharfer Zunge. Eine Schauspielerin, die in Filmen wie „Der letzte Tanz“ zeigt, dass alte Frauen in ihrer Kunst radikal, bewegend und wunderschön sind. Zur Zeit steht Erni Mangold als Maude in der ungewöhnlichen Liebesgeschichte Harold & Maude (die viele von euch wahrscheinlich als Film kennen) in den Wiener Kammerspielen auf der Bühne. Das Stück läuft noch bis Dezember. Erni Mangold in dem kleinen Theater live zu sehen, wird nach dem FM4 Doppelzimmer nochmal ein anderes Erlebnis. Im Dezember 2017 wird sie sich von der Bühne verabschieden.

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