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Die Sorge um Soundcloud macht User kreativ

Nutzerinnen und Nutzer der ins Straucheln geratenen Musikplattform geben Tipps, Programmierer schreiben Backup-Tools und Musiker nehmen Geld für die Rettung von Soundcloud in die Hand.

Von Christoph Weiss

Die finanziellen Probleme des beliebten Musikportals Soundcloud lassen dessen Fans nicht unberührt. Vorige Woche gab das Berliner Unternehmen bekannt, dass es sich von 173 Mitarbeitern trennen würde. Warum? „Wir wollen unabhängig bleiben“, sagt Firmengründer Alex Ljung. Er wolle nicht, dass Soundcloud von einem größeren Unternehmen geschluckt werde.

Kaufangebote gab es in den vergangenen Jahren durchaus - angeblich sogar von Twitter und Spotify. Keiner der Deals kam zustande. Soundcloud trennt sich jetzt von 40 Prozent seiner Mitarbeiter und löst zwei von vier Büros (London und San Francisco) auf. Erhalten bleiben das Hauptquartier in Berlin und das Büro in New York. Die Sorge, dass Soundcloud eines Tages ganz verschwinden könnte, bleibt bei den Usern und Musikern – und viele von ihnen regt sie zu Kreativität an.

Soundcloud

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Ein User namens Azorp Corp hat das Tool SCBackup programmiert und kostenlos zur Verfügung gestellt. Es lädt automatisch das komplette Song-Verzeichnis eines Künstlers herunter. Alle Songs werden in einem eigenen Ordner mit dem Musikfile und der Grafik gespeichert. Die Bedienung ist recht einfach, man muss nur den Usernamen des Künstlers eingeben. Heruntergeladen werden von SCBackup nur die öffentlich freigegebenen Songs.

Ein etwas älteres Gratistool für den gleichen Zweck heißt Cloud Downloader, davon ist gerade die Version 3.1 erschienen.

Neue Genres und seltsame Nischen

Auf Soundcloud liegen derzeit 135 Millionen Musikfiles – somit bietet die Plattform einen der weltweit größten Musikkataloge, vor allem aber einen der unkommerziellsten. Kaum irgendwo finden sich so viele neue Genres und seltsame Nischen, von Chiptune-Reggae bis Brtzl-Glitch-Hop.

Backup-Tools sind also eine gute Sache, aber: Das Schöne an Soundcloud ist aber nicht nur die nichtkommerzielle Musik, die man dort findet, sondern auch die Existenz all der Gruppen und Gemeinschaften, die sich rund um die seltsamen Nischen bilden - und diese lassen sich nicht einfach via Backup abspeichern. Auf Soundcloud wachsen Künstlerinnen und Künstler gemeinsam mit ihren Fans, und das geht oft mit dem Wachstum neuer Genres und Nischen einher. Der Haken an der Sache: Die 175 Millionen User von Soundcloud generieren kaum Umsätze für das Berliner Startup-Unternehmen, dem anscheinend keine funktionierenden Monetarisierungsstrategien einfallen.

Früher würde auf Soundcloud nicht einmal Werbung geschaltet. Und die bezahlten Premium-Accounts? Tja, die legen sich zwar manche Künstler zu, weil sie dann mehr Musikdateien uploaden können – offenbar aber nicht die User, die nur Musik hören wollen. Manche Fans rufen derzeit dazu auf, Soundcloud zu unterstützen: „Glaub es oder nicht“, sagt User Zenworld, „eine Website dieser Größe zu betreiben kostet eine Menge Geld. Soundcloud lässt seine User die Musik gratis hoch- und runterladen, aber viele User besitzen trotzdem die Frechheit, die Website mit einem aktivierten Adblocker zu benutzen.“

Soundcloud Wave

Soundcloud

Chance The Rapper, Hip-Hop-Star aus Chicago, der mit Soundcloud groß geworden ist und dieses Jahr bei den Grammy Awards als „Best New Artist“ ausgezeichent wurde, sagt, dass er mit Soundcloud-Gründer Alex Ljung telefoniert habe. Er wolle Geld in das Unternehmen investieren: „Um euch zu beruhigen sage ich derzeit nur soviel: Soundcloud wird nicht verschwinden.“

Handelt es sich um eine wirkliche Rettungsaktion oder doch nur einen Promogag des MCs? Wir werden sehen. Von Soundcloud selbst gibt es mittlerweile jedenfalls auch einen Blogeintrag, in dem es heißt: „Die Musik wird nicht verschwinden. Nicht in 50 Tagen, nicht in 80 Tagen oder irgendwann in der vorhersehbaren Zukunft. Eure Musik ist sicher.“

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