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Anger

Jasmine Deporta

FM4 soundpark

Lass mich dir von der Liebe erzählen

Anger sind eine Band und ein Paar. Es funktioniert. Unser FM4 Soundpark Act im Jänner.

Von Lisa Schneider

Emo-Boy trifft cooles Skater-Girl. Sie mögen sich natürlich nicht. Erst später dann werden sie Freunde, dann ein Paar. Und dann eine Band. Anger, das sind Julian Angerer und Nora Pider aus Brixen, Südtirol, sind vor kurzem nach Wien gezogen und haben aus den Bergen und dem weichen italienischen Flair eine schön-traurige Grundstimmung mitgebracht.

Anger

Lisa Schneider

Anger zu Gast im FM4 Soundpark Studio

Immer auf der Bühne

Performativ in VonPiderZuHeiss und auch als Band mit The Artificial Harbour habe die beiden schon vor Anger zusammengearbeitet. Das gemeinsame Projekt Anger ist ein noch ganz frisches, ein gutes Jahr ist es alt. Nora Pider hat da beschlossen, ein neues Instrument zu lernen, es war der Bass, jetzt liebt sie ihn. Anders vor allem als in ihren vorigen gemeinsamen Projekten ist es nicht ein bestimmter Mensch, der im Mittelpunkt steht. Anger teilen sich nicht nur die Energie auf der Bühne, sie teilen sich auch den Gesang, aus der Stimmdopplung entsteht wie von alleine eine dezent-schöne Androgynität. Ein Front-Duo, das die Geschlechterrollen nicht vertauscht, aber sie vollends verzerrt, damit alles in einem aufgehen kann.

„Tatsächlich, wir funktionieren wie Yin und Yang“, erzählt Nora im Interview. Das ist natürlich auf Platte, vor allem aber live zu spüren. Das performative Element, dem vor allem Nora Pider neben Anger noch immer nachgeht, ist eine fast ebenso starke Kraft wie die Musik. Es gibt keinen Raum zwischen dem Publikum und der Bühne – wobei Julian Angerer, wie er schmunzelnd einwirft, am liebsten eine riesige Stage bespielen würde. Das aber nicht aus Selbstüberschätzung: „Unsere Stimmen sind eigentlich weniger gesungen als vielmehr gehaucht. Es ist sehr leise, und da ist es am besten, das Schlagzeug wird weit, weit weg von den Gesangsmikrophonen positioniert.“

Anger

Alexander Gotter

Anger im letzten Dezember live im Kramladen Wien

Lass mich die Wahrheit erzählen

Es sind gehauchte Dreampop-Liebeslieder, die die Essenz ihrer Beziehung destillieren, nicht in kryptischen Satzbausteinen versperrt sind, sondern offen und selbstreflexiv mit sich selbst umgehen.

Den Mut zur Offenheit beweisen Anger nicht nur in der musikalischen Veröffentlichung ihrer Zweisamkeit, sondern auch in der visuellen Umsetzung: Das Video zur Single „Without You“ wurde im Schlafzimmer von Nora Piders Mutter gedreht – eine Notlösung, weil das gewollte Hotelzimmer nicht frei war. Und irgendwie dann doch ein wie ausgesuchter Ort für die 80er-Anleihen, die schweren Gitarren, die Träumereien. Da gibt es nur die Kamera und die beiden und ihre sehr intime Sicht auf die Dinge. Der jeweils andere hat dabei die Szenen seines Geliebten im Nachhinein geschnitten, um die Präzision der eigenen Sichtweise – und Liebe – noch deutlicher zu machen. Herauskommen ohne viel Aufhebens Fragen wie: Können wir uns wirklich finden?

Es geht um die Liebe, aber um mehr

„Without You“ war die erste von Anger veröffentlichte Single, darauf folgt, wie soll es anders sein, ein weiterer Liebessong, der dieselbe schon im Titel trägt, sie heißt „Another Love“.

Sidefact

Nora Pider ist nicht nur Musikerin, sondern auch Schauspielerin und Performance-Künstlerin. Sie hat an der Schauspielschule Krauss studiert und eine Tanzpädagogik-Ausbildung an der Konservatorium Wien Privatuniversität absolviert. The Gap hat sie kürzlich als eine der aufstrebenden Wiener Schauspielerinnen porträtiert.

Aber es ist nicht ihre glückliche Beziehung, die uns Julian Angerer und Nora Pider eingebildet auf die Nase binden wollen. Ihre Offenheit ist schätzenswert, die Verletzlichkeit umso größer.

Auch zu „Another Love“ gibt es ein Video, diesmal zusammen mit dem Filmemacher Ivan Poletti aufgenommen. Die Szenerie ist eine ganz andere, so wie es auch der Song ist: Ein drängender Funk-Bass mischt sich hinein und plustert die gewohnt hauchigen Stimmen das ein oder andere Mal zum Quäken auf. Es muss nicht immer alles geradlinig sein, auch nicht die Beziehung, die sich hier anders als noch im Schlafzimmer als eine Flucht in die Individualität darstellt, wir sind nicht nur zusammen eins. Ein Liebeslied für sich selbst und für das Gegenüber, für die Musik und für das Gefühl, das sich ausbreitet, wenn sie allen anderen ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Bei beiden bis jetzt veröffentlichten Singles von Anger hatte der nicht unbekannte Künstler (Hearts Hearts, Eoae) und Produzent (Olympique, Safari) Peter Paul Aufreiter seine Finger im Spiel. Er wird auch bei der Debut-EP, die im März erscheinen wird, unterstützend dabei sein. Anger konnten sich inzwischen zusätzliche professionelle Unterstützung sichern, sie sind im Booking beim Wiener Label ink music untergekommen.

Wir warten jetzt also während der kalten Wintermonate auf die Debut-EP von Anger, sie wird „Liebe und Wut“ heißen. Ob ich je einen schöneren Titel gehört habe, weiß ich nicht.

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