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Filstills von Filmen vom Crossing Europe Festival

Rise and Shine Sales

Cobain, aber nicht Kurt

Von einem 15-Jährigen namens „Cobain“ bis zur schwedischen Rapperin „Silvana“: Die Filme des Crossing Europe Festivals ziehen einen an Schauplätze, die fern scheinen, und zu Geschichten, die nahe gehen. Unsere Tipps, was du dir anschauen könntest!

Von Maria Motter

Crossing Europe Filmfestival

25. bis 30. April, Linz

Es ist das drittgrößte Filmfestival in Österreich nach Viennale und Diagonale. Das Crossing Europe Filmfestival zeigt junges Art-House-Kino und zwar herausragende, ausgezeichnete Produktionen aus vierzig Ländern. Die meisten Filme laufen in der Originalsprache mit Untertiteln, Europa hat man in Linz auch im Ohr. Die Filme erzählen von diesem Kontinent, von einem überraschenden, mitunter sehr fernen, ja fremden und dann wieder wunderschönen Europa, wie man es zu selten sieht! Und wenn das Saallicht ausgeht, ist eines auf diesem Festival gewiss: Die Türen, die hier aufgemacht werden, kriegt man nicht mehr so leicht zu.

Filstills von Filmen vom Crossing Europe Festival

Schramm Film Koerner & Weber

Transit

Wer einem in Linz auf der Leinwand begegnet, taucht später gerne regelmäßig in Filmen auf. Diesjähriges Beispiel: Franz Rogowksi! Der deutsche Schauspieler hatte 2014 in der Schlag-mich-nein-lieb’-mich-Geschichte „Love Steaks“ seine erste größere Kinorolle. Österreich-Premiere hatte der Low-almost-no-budget-Film am Crossing Europe. Inzwischen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, alle deutschen Regisseure hätten Rogowski gerne an ihrem Set. Und in Christian Petzolds neuem Spielfilm „Transit“ brilliert Franz Rogowski. Überhaupt: „Transit“ nach einem Roman Anna Seghers ist ein einziger, großartiger Schachzug und wird als Preview am Crossing Europe zu sehen sein.

Der Schlüssel zur Geschichte

Weitere Konfliktzonen erkunden?

  • „Meteors“ führt in besetzte, kurdische Gebiete in der Türkei.
  • „Montags in Dresden“ nähert sich den Beweggründen der „Pegida“-DemonstrantInnen in Dresden.

Siebzig Jahre lang blieb eine Tür in einer Belgrader Wohnung verschlossen und trennte so Nachbarsfamilien. Mila Turajilic dreht in ihrem Dokumentarfilm „Druga Strana Svega“ („The Other Side of Everything“) den Schlüssel im Schloss und gewährt Eintritt in die turbulente Geschichte eines Landes.

Dass ausgerechnet die Mutter der Regisseurin nicht nur die Bewohnerin der Wohnung ist, sondern auch im serbischen Bildungsministerium gearbeitet hat und eine politische Aktivistin ist, macht die preisgekrönte Doku umso eindringlicher.

Filstills von Filmen vom Crossing Europe Festival

dribbling pictures

Druga Strana Svega

Was ihr heilig ist

Auf der Rückseite ihrer Shirts steht „Imam“, ein Refrain jubiliert „Thank God I’m a homo“. Selbstverständlich müssen die Dreharbeiten für den Dokumentarfilm über ihre Person einmal unterbrochen werden - damit wird ein ungeschriebenes Gesetz von Musikporträts erfüllt: „Silvana“ ist Rapperin aus Schweden und Kind von Einwanderern, der Vater ist Syrer, die Mutter Litauerin. Kann ein Dreiergespann an Regie die Bedeutung dieser Schwedin vermitteln?

Filstills von Filmen vom Crossing Europe Festival

Rise and Shine Sales

Silvana

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  • „Shut up and play the piano“ über Chilly Gonzales!
  • „Jedem Dorf sein Underground“ von Jakob Kubizek porträtiert das Röda in Steyr als Ort für Subkultur und hat ein dynamisch-perfektes Filmplakat!

Drei Jahre hat das Filmteam Silvana begleitet. Tritt sie auf, haben junge Schwedinnen Tränen in den Augen vor Begeisterung. „Rap music is a bit…“ stockt ein Priester, als Silvana in einer Kirche drehen will. „How can I put it? I do a lot with… feminism“ ist ihre Antwort, nicht nur dem Geistlichen gegenüber. Zwischen heroischer Inszenierung öffentlicher Auftritte im Zeitraffer und ebenso inszenierten privaten Momenten entfaltet sich doch ein Bild eines anderen, unbekannteren Schweden. Als Kind trägt Silvana einen Bubikopf, sieht sich selbst als Erik und singt zu Ace of Base in eine Haarbürste. Als Zwanzigjährige zelebriert sie HipHop als identitätsstiftendes, kollektives Ereignis und wird gegen Rassismus laut. Den Nirvana-Smiley hat Silvana abgewandelt. Ja, dieser Frau ist sehr viel heilig.

Vorname: Cobain, nicht Kurt

Ohne einen einzigen Song von Nirvana kommt Nanouk Leopolds Drama „Cobain“ aus, dessen Hauptfigur den Nachnamen Kurt Cobains als Vornamen bekommen hat. „Das ist ein großartiger Name.“ – „Es ist ein schrecklicher Name. Jeder schreibt ihn falsch und wer will nach einem Mann benannt sein, der sich erschossen hat?“

Filstills von Filmen vom Crossing Europe Festival

Crossing Europe Festival

Cobain

Aber Cobain hat noch ganz andere Probleme als den Vornamen, den seine Mutter für ihn ausgesucht hat. Fünfzehn Jahre nach seiner Geburt erwartet die Mama ihr zweites Kind. Die Neunziger Jahre haben hier nicht angerufen, Cobains Mutter ist ein alkohol- und drogensüchtig. Das in schönes Licht gesetzte Jugend-Porträt „Cobain“ wird von seinem Hauptdarsteller Bas Keizer getragen und hat eine der herzzerreißendsten, wenn nicht die herzzerreißendste Geburtsszene der Kinogeschichte.

Im Namen welcher Ehre

„Wen magst du lieber: Rihanna oder Beyonce?“, will ein pakistanisches Mädchen wissen. Neben ihr liegt die Cousine Nisha, erschöpft von Jet-Lag und familiärem Wahnsinn, der alles duldet, bloß keine weibliche, gar sexuelle Selbstbestimmung. Im Spielfilm „Hva Vil Folk Si“ („What will people say“) von Iram Haq geht einem das Herz auf. Romeo und Julia bahnen sich hier in Oslo in Norwegen an. Doch der vermeintliche Verlust der Ehre ist hier eine böse Unterstellung: Als die sympathische Nisha, Tochter pakistanischer Einwanderer, mit einem rothaarigen Schulkollegen im Zimmer erwischt wird, dreht ihr Vater durch und verschleppt die eigene Tochter zu Verwandten.

Filstills von Filmen vom Crossing Europe Festival

polyfilm

Hva Vil Folk Si

Mehr Norwegen gewünscht?

„Thelma“ von Joachim Trier!

Alle sieben Sekunden wird laut der NGO Save The Children weltweit eine Minderjährige verheiratet. „What will people say“ gelingt es hervorragend, ein schwerwiegendes Thema aufzugreifen und dennoch erfreulich unterhaltend zu sein.

Da muss noch viel mehr Liebe her?

Jedes Crossing Europe hat eine Liebesgeschichte, die das Publikum einlullt. Und das auf bestmögliche Weise. Großer Favorit diesmal: „Anchor and Hope“ von Carlos Marques-Marcet. Da läuft für ein lesbisches Pärchen in einem Hausboot erst alles nach Plan, bis ein guter Freund aus Barcelona auftaucht und sich Optionen auftun. Der Traum vom Kleinfamilienleben, er will auf unkonventionelle Weise realisiert werden.

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K18

Anchor and Hope

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