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Neko Case

Neko Case

Der Song zum Sonntag

In den Windmühlen

Der Song zum Sonntag: Neko Case - „Hell-On“

Von Christoph Sepin

Wie soll man die Dinge greifbar machen, die nicht greifbar sind? Die durch die Finger rutschen, wie Wasser, wie Sand, wie Luft. Wie ein Gedanke, eine Idee, eine Hoffnung oder ein großes Unbekanntes, das man nicht einmal in Worte fassen kann.

Neko Case ist eine Suchende, aber keine Findende. Eine, die keine Fragen stellt, sondern observiert. Feststellungen macht über die Welt, über die Menschen, über das, was das alles hier zusammenhalten soll und sollte. „Hell-On“ so heißt das neue Album der Musikerin, das erste Soloalbum seit fünf Jahren. Und „Hell-On“, so heißt auch das Titellied zum gleichnamigen Album.

Was das ist und was das beschreibt, bleibt vage. Erklärt wird hier nichts. Alles ist und bleibt fragil und vorsichtig. In dunkelsten Glockentönen aus tiefsten Wäldern wird sich langsam herangetastet und getrommelt, mit weißen Knöcheln und vorsichtiger Stimme: „God is not a contract nor a guy“. Soviel hat Neko Case, die sich in einem Pressetext schon mal als „caller of wasps“ beschreibt, bereits herausgefunden.

Hier wird nicht gegen Windmühlen angekämpft, sondern ins Innere der Mühle gegangen, um diese zu beobachten, um herauszufinden, wie das alles funktioniert. Und das geht am besten, indem festgestellt wird, was die Mechanik innerhalb dieser Mühle alles nicht macht. Ein Ausschlussverfahren, angewendet auf die großen Fragen der Welt. „My voice is not the liquid waves“.

Irgendwann gelingt der Sängerin das Ungreifbare so sehr einzuschätzen, dass sie darin ihren eigenen Platz finden kann. Akzeptieren, realisieren und damit Kontrolle erreichen. In „Hell-On“ ist das der plötzlich in positivste Gitarrenakkorde verpackte Durchbruch. Der Refrain, der irgendwie keiner ist. Mit einer Grundaussage, die gleichzeitig düster und befreiend klingt: „Nothing quite so poison as a promise“.

Und dann ist plötzlich alles ganz klar: „I am not a mess!“ singt Neko Case. „I’m a wilderness!“ Und eine in ihrer Wichtigkeit nicht zu unterschätzende zentrale Aussage: „But you’ll not be my master, you’re barely my guest“.

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Nicht die Welt ist das, was begriffen werden muss, sondern der eigene Platz mittendrin. Die Aufgaben, die selbst auferlegt werden. Die Natur geht sowieso ihren Weg, die Stürme bleiben bis zum nächsten Frühling und die Kontinente driften weiter voneinander ab.

Solidarität mit denen, die alleine sind, das ist ein wichtiges Anliegen für Neko Case. „I think I’m trying to comfort people in this way“, sagt sie. Einsamkeit, Zerbrechlichkeit, die vorsichtige Wanderung durch unbekannte Landschaften. Ein Lied, so vollgestopft mit Bildern, Erinnerungen und Hoffnungen, zwischen wütendem Aufschrei und ruhiger Beobachtung der Welt. Nie resignierend, es geht weiter. Die nächste Windmühle wartet schon.

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