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Messi zweifelt

APA/AFP/Johannes EISELE

Blumenaus WM-Journal

Gemein! Milliardenschwerer Steuerflüchtling schlimm gedemütigt!

Ja, eh - aber jetzt zum Fußball: Nachdem Frankreich an die gestrigen jammerlappigen 1:0-Begnügungen anschließt, macht Argentiniens nächste Fehlstrategie die nächsten Europäer stark. Und ich bin schuld.

Von Martin Blumenau

Naja, nicht wirklich. Aber ich habe asymmetrische Strategien eingefordert, nach dem Remis gegen Island, und asymmetrischer als heute Abend kann man nicht auftreten. Es war geradezu windschief, was Jorge Sampaoli, der heute als Charlie Runkle aus „Californication“ verkleidet war, am System um Messi herumbaute - um ihm einerseits so wenig Verantwortung wie möglich aufzuhalsen und andererseits so auch eine Ausfallssicherung zu bekommen. Beides hat grandios nicht funktioniert. Messi war schon bei der Hymne besiegt und die anderen haben ihm auch dann noch Bälle hingeschoben, als es aussichtslos war.

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Gemeint war, es dem Gegner mit dieser Über-Konzentration auf Messi (und den unabwendbaren psychologischen Folgen, etwa, dass sich der Rest der Mannschaft dann natürlich allzu oft gedanklich abputzt) nicht so leicht zu machen. Und dazu reicht es eben nicht, das System umzustellen. Heute war es nominell ein 3-4-3; das aber Mascherano durch sein Abkippen immer wieder zu einem 4-3-3 machte; das durch das andauernde Einrücken des linken Außenspielers Acuna immer wieder zu einem 4-3-3 oder gar einem 5-2-3 wurde; das durch das restriktive Nicht-Einrücken des rechten Außenspielers Salvio eine absurde Linkslastigkeit bekam, was in weiterer Folge dazu führte, dass der nominelle Linksaußen Meza immer mehr ins Zentrum rückte.

Tschutti Heftli Matchplakat Argentinien Kroatien

Tschuttiheftli

Es gab ein paar Minuten zu Ende der 1. Halbzeit, als Argentinien defensiv in einem klar strukturierten 4-4-2 stand. Zu jedem anderen Zeitpunkt war allerdings Konfusion angesagt, vor allem defensiv war kein Plan zu erkennen. Es war wie bei einem großen Legobild, wo dauernd Steine umfallen und schnell wieder aufgerichtet werden müssen, während schon wieder am nächsten Eck etwas ausbricht. Argentinien war so in allererster Linie mit sich selber beschäftigt, damit eine Linie zu finden. Falsch formuliert: neun argentinische Feldspieler waren damit beschäftigt: der zehnte trabte übers Feld, nicht von dieser Welt, neben sich.

Es ist ein psychologischer Effekt, den ich immer wieder an mir erkenne: wenn ich etwas gegen die Mehrheitsmeinung Gerichtetes anspreche, womöglich mit drastischen Worten, und dann von der einsetzenden Realität schnell recht bekomme, dann tut mir das Opfer leid. Wenn ich nach dem Island-Spiel „Messi raus“ gröle und heute quasi Recht bekomme, dann suche ich nach Argumenten pro Messi. Nicht, dass ich welche finden würde, aber im Moment wo sich die Welt abwendet, kann ich nicht anders als zumindest zu suchen. Und ich meine nicht die jammervollen Ausreden, dass der Druck so hoch ist (der für CR7 ist nicht geringer), oder dass er bei Barca bessere Mitspieler habe (jeder hätte bei Barca bessere Mitspieler).

Nun sind die Mitspieler bei Argentinien wirklich nicht sonderlich hochklassig. Aber das war 78 und dann, als Maradona Weltmeister wurde (whenever), auch nicht anders. Mehr als drei bis fünf echte Klasse-Leute waren da nicht. Argentiniens Spezialität liegt darin, übers Kollektiv zu kommen, da sind sie so europäisch, wie man das in Südamerika, diesem glühenden Fußball-Brennpunkt, eben nur sein kann, fast schon altsowjetisch.

Dazu braucht es aber eine Philosophie und ein bis drei Spielideen (Systeme), die an den Kader der wenigen high potentials angepasst sind. Und sich eben nicht an einem Einzelnen abarbeiten. Portugal, um bei Ronaldo, dem anderen Steuerflüchtlings-Arschloch (Messi wurde dieser Tage bei einer Lüge zum Thema Panama Papers erwischt, Ronaldo wurde vor wenigen Tagen verurteilt, es ist zum Speiben) zu bleiben, hat das. Und zwar egal ob mit oder ohne CR7. Mit ihm geht es besser, klar, aber sie können ihr Ding auch ohne ihn spielen und Fernando Santos hat noch nie eine Aufstellung um seinen Kapitän herumgebaut. Weil der kein rohes Ei ist, das kaputtgeht, wenn es hinfällt. Wovon Argentinien aber kollektiv überzeugt ist, dieses Helikopter-Eltern-Monster von Fußball-Nation.

Die einschlägige Erziehungsliteratur weiß auch, was mit den Kindern der Helikopter-Eltern passiert: sie werden unselbstständige Depperln. Die sich dann etwa so anstellen wie Messi heute; ab der Hymne.

1. Runde
Argentinien : Island 1:1 Review
Kroatien : Nigeria 2:0 Review
2. Runde
Argentinien : Kroatien 0:3 Review
Nigeria : Island 2:0
3. Runde
Island : Kroatien 1:2
Nigeria : Argentinien 1:2

Gruppe D

Kroatien 3 0 0 7:1 9
Argentinien 1 1 1 3:5 4
Nigeria 1 0 2 3:4 3
Island 0 1 2 2:5 1
Gruppe A Gruppe B Gruppe C Gruppe D
Russland Portugal Frankreich Argentinien
Saudi-Arabien Spanien Australien Island
Ägypten Marokko Peru Kroatien
Uruguay Iran Dänemark Nigeria
Gruppe E Gruppe F Gruppe G Gruppe H
Brasilien Deutschland Belgien Polen
Schweiz Mexiko Panama Senegal
Costa Rica Schweden Tunesien Kolumbien
Serbien Südkorea England Japan

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