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OG Keemo liefert Futter für den „Geist“

Der deutsche Rapper OG Keemo und sein Produzent Funkvater Frank haben mit ihrem Debütalbum „Geist“ einen intensiven und mitreißenden Entwurf dafür vorgelegt, wie deutschsprachiger Rap auch klingen kann.

Von Stefan „Trishes“ Trischler

Deutschrap 2019, das bedeutete im Mainstream meistens Marimba-Klänge, klischeehaft „tropische“ Rhythmen und autogetunete Zeilen über ein Leben im Überfluss. Der Kontrast zu dem, was der in Mannheim lebende Rapper OG Keemo gemeinsam mit seinem Produzenten Funkvater Frank in den letzten Jahren produziert hat, könnte fast nicht härter ausfallen. Vielleicht auch deshalb wurden in der einschlägigen Presse angesichts von „Geist“ sehr schnell Superlative wie „(Straßenrap)-Album des Jahres“ gezückt. So etwas hatte man auf Deutsch noch nicht gehört und nicht wenige von uns haben wohl schon länger auf eine Offenbarung dieser Art gewartet.

Das Album versammelt großteils düstere Songs über das Aufwachsen in einer Sozialbau-Siedlung am Stadtrand, über rassistische Diskriminierungen und Drogen. Keemo rappt ohne viel Emotion und mit ruhiger Stimme, seine schonungslosen Beobachtungen treffen dadurch aber umso härter.

Musikalisch ist das in harte Trap-Beats verpackt, deren knisternde Samples aber hin und wieder noch die Wurzeln von OG Keemo und Funkvater Frank verraten: Das „Madvillain“-Album der beiden Untergrund-Helden MF Doom und Madlib hat die beiden entscheidend geprägt.

Das ausführliche Interview mit OG Keemo & Funkvater Frank zum Hören!

Die wortgewaltige Rap-Stimme und die ungeschliffenen Beats sind bei OG Keemo und Funkvater Frank bis heute die Konstanten. Mit dieser Mischung haben sie in den nur etwas mehr als zwei Jahren seit ihrem ersten Video im deutschen HipHop-Geschäft schon viel Aufsehen erregt. Auch das „Vorwort“ zur letztjährigen „Skalp“ EP sorgte neben einem Sample-Deja vu auch textlich für Gänsehaut-Momente:

Was nimmst du einem Sohn, der keine Mom mehr hat?
Unterschrieb den Vertrag, nen Tag nachdem ich sie begraben hab’
Der Start meiner Karriere hat auf ewig einen Nachgeschmack

Das Konzept, der Brutalität in Wort und Klang mit schockierenden Bildern noch mehr Kraft zu verleihen, wurde für „216“ perfektioniert. Im Song reflektiert OG Keemo über die lange Geschichte von Sklaverei, rassistischer Ideologie und Gewalt und flicht dann auch eigene Erfahrungen mit der Polizei und der Gesellschaft in Deutschland ein, im Video wird er zum Galgen gezerrt.

Obwohl sich OG Keemo & Funkvater Frank den heute gängigen Erfolgsrezepten für Deutschrap fast schon diametral entgegenstellen und vergleichsweise inhaltsschwere und sperrige Musik machen, haben sie es mit „Geist“ immerhin auf Platz 14 der deutschen Albumcharts geschafft. Und beim Wien-Konzert im ausverkauften Werk hüpften begeisterte Fans fast das ganze Konzert über im Moshpit. Das ist den beiden offensichtlich wichtiger als Abermillionen von Streams - und vielleicht helfen sie damit ja auch, eine Gezeitenwende im deutschen Rap einzuläuten. Es wäre an der Zeit.

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