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"Moonlight"-Regisseur Barry Jenkins (R) und Drehbuchautor Tarell Alvin McCraney (L) mit dem Oscar

ROBYN BECK / AFP

OscarsSoWhite wird OscarsSoDiverse

Fast seit Anbeginn der Oscarverleihung gibt es auch Kritik an der Oscarverleihung. Kritisiert wird vor allem die unverhältnismäßige Dominanz von weißen Gewinner*innen, die Unterrepräsentanz von Frauen in wichtigen Kategorien wie Regie und das Fehlen von Narrativen abseits des Mainstreams.

von Jenny Blochberger

In den Academy Awards spiegelt sich das System Hollywood wider: Zwar durchaus liberal und (für US-Verhältnisse) gesellschaftspolitisch sanft fortschrittlich, aber trotzdem auch mehrheitlich weiß und für Minderheiten quasi undurchdringlich; der Frauenanteil geht in manchen Betätigungsfeldern (Regie, Komposition) gegen Null. Eine Studie, die die populärsten Filme von 2007-2015 untersuchte, stellte u.a. fest, dass 92% der Filme von männlichen Regisseuren stammten und in 86% die Hauptfiguren von Weißen gespielt wurden.

Weil die Academy sowohl 2015 als auch 2016 jeweils alle 20 Schauspiel-Nominierungen nur an weiße Schauspieler*innen vergeben hatte, wehrte sich die Black Community mit dem Hashtag #OscarsSoWhite. Die Diskussion schlug hohe Wellen und führte zu weiteren Diskussionen über Diversität in Hollywood im Allgemeinen.

Jetzt hat die Academy neue Diversitäts-Kriterien bekanntgegeben – erst einmal nur für die Kategorie „Bester Film“, aber durchaus möglich, dass das nur mal ein Testballon ist und die Kriterien auf weitere Kategorien ausgedehnt werden. Die eingereichten Filme müssen die Standards in mindestens 2 von 4 Kategorien erfüllen.

In der Kategorie On-Screen muss etwa mindestens eine Hauptfigur oder eine wichtige Nebenfigur einer unterrepräsentierten ethnischen Minderheit angehören ODER mindestens 30% der Nebenrollen müssen von Angehörigen unterrepräsentierter Gruppen eingenommen werden ODER die Haupt-Storyline bzw. das Thema des Films muss den Fokus auf eine unterrepräsentierte Gruppe legen.

In der Kategorie „Creative Leadership and Crew Composition” geht es um die Diversität des Filmteams. Hier erfüllt man die Kriterien etwa dann, wenn mindestens 2 Führungspositionen oder Abteilungsleitungen von Personen aus unterrepräsentierten Gruppen eingenommen werden; es können aber auch 30% der Crew einer unterrepräsentierten Gruppe angehören.

Die weiteren Kategorien betreffen „Industry Access and Opportunities“, bei denen die Filmproduktion (bezahlte) Praktika und Trainingsprogramme für unterrepräsentierte Gruppen anbieten muss, und „Audience Development“, also die Inklusion von unterrepräsentierten Gruppen in Marketing, PR und Vertrieb des Films.

Auch in Europa tut sich was in Sachen Diversity: die Berlinale will ab 2021 genderneutrale Schauspielpreise vergeben. Statt der Auszeichnungen für den Besten Darsteller und die Beste Darstellerin werden künftig ein „Silberner Bär für die Beste Schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle“ und ein „Silberner Bär für die Beste Schauspielerische Leistung in einer Nebenrolle“ vergeben.

Die Regelung soll ab 2024 gelten. Spannend wird auf jeden Fall zu beobachten, welche Purzelbäume geschlagen werden, um eine Chance auf eine „Best Picture“-Nominierung zu bekommen. Wird es holzschnittartig zusammengezimmerte Minority-Narrative von Filmproduktionen geben, die mit Ach und Krach die Kriterien gerade noch erfüllen, oder werden sich die findigen Hollywoodköpfe kreative Umgehungen der Regeln einfallen lassen – oder werden wir tatsächlich einen Schwung an neuen, spannenden Filmen zu sehen bekommen, die bis dahin von der Academy gar nicht wahrgenommen worden wären?

Mehr zu den neuen Diversitätskriterien der Academy Awards kann man bei Vanity Fair nachlesen.

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