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Foto von der Ausstellung bei der Ars Electronica

Radion FM4 | Robert Glashüttner

ars electronica

„Be Water“ ist das Motto der Hongkonger Protestbewegung

Bürger*innen in Hongkong als auch Hongkonger im Exil setzen sich mit Kreativität, Mut und Ausdauer gegen die Unterdrückung durch das Regime in China zur Wehr.

Von Robert Glashüttner

Die Protestbewegung in Hongkong wurde dieses Jahr beim Prix Ars Electronica in der Kategorie Digital Communities zum Siegerprojekt gewählt. Das ist in künstlerischer, vor allem aber politischer Hinsicht höchst bemerkenswert und für viele Besucher*innen und Beobachter*innen das mit Abstand interessanteste Ereignis des diesjährigen Ars Electronica Festivals in Linz.

Freilich haben es sich die Veranstalter*innen mit dieser Auszeichnung nicht leicht gemacht: Auf Druck der chinesischen Regierung sind innerhalb weniger Stunden nach Bekanntgabe des Preises internationale Museen und Kooperationspartner dazu gedrängt worden, die Verbindungen nach Linz zu kappen. Auch Sponsoringpartner wurden davon verunsichert.

Für die ausgezeichneten Männer und Frauen in Hongkong - viele von ihnen leben mittlerweile im Exil -, die teils unter Lebensgefahr für die demokratische Freiheit in ihrer Heimat kämpfen, ist es hingegen eine Validierung, die nicht selbstverständlich ist. Für die westliche Öffentlichkeit wiederum ist es eine Chance, Hintergründe über den Zustand in Hongkong aus erster Hand zu erfahren.

Gelb gegen Blau

„Be Water“ heißt das Projekt der Protestbewegung, dessen Name auf ein Zitat des Kampfkünstlers und Schauspielers Bruce Lee zurückgeht. Demnach solle man ständig seine Form, seinen Ort und seine Ausrichtung ändern können, immer in Bewegung bleiben. Für die Mitglieder der Hongkong-Protestbewegung ist das bittere Notwendigkeit, wenn man nicht vom Regime in Peking in irgendeiner Form bedrängt werden möchte. Denn das verfassungsmäßige Prinzip Ein Land, zwei Systeme bedeutet für chinesische Regionen eben leider nicht leben und leben lassen, sondern es ist ein unerbittlicher Kampf zwischen demokratischer Freiheit und einem autoritär bis totalitär regierten Ein-Parteien-System.

Die Farbe der Protestbewegung und so auch vom Projekt „Be Water“ ist Gelb, und das nicht aus Zufall: Gelb ist die Farbe der Freiheitsbewegung in Hongkong, mit Blau wird hingegen die Unterstützung der chinesischen Regierung (Pro-Peking) assoziiert. Um Protest auch über Konsum ausdrücken zu können, werden zum Beispiel Restaurants und Supermärkte auf bestimmten Websites mit der entsprechenden Farbe gelabelt, um auch jenen Menschen eine Möglichkeit zur politisch-dissidenten Teilhabe zu bieten, die aus Sicherheitsgründen vor offenem Protest zurückscheuen.

Kunst und Kommunikation

Ein starker Fokus der dezentralisierten Protestbewegung in Hongkong liegt auf visueller Kunst und öffentlicher Guerilla-Kommunikation. Letzere findet überall in der Metropole statt, indem Menschen bunte Post-It-Klebezettel mit Sprüchen, Botschaften oder kleinen Kunstwerken verzieren und so teils riesige Mosaikwände erschaffen. Die Behörden und teilweise auch Pro-Peking-Bürger*innen entfernen diese Zettel zwar immer wieder, doch wie bei der mehrköpfigen Hydra kommen von den Protestierenden später noch mehr Post-Its nach, als vorher entfernt wurden.

All diese Formen des friedlichen Protests werden in „Be Water“ abgebildet. Sowohl die Ausstellung im Offenen Kulturhaus OK in Linz als auch die Website bewater.digital zeigt Bilder, Videos, Erklärungen, Kunstwerke, Solidaritätsbekundungen und internationale Medienberichte zur Hongkong-Protestbewegung und lädt ein, sich der politischen Dimension dahinter bewusst zu werden und sich auszumalen, wie es wohl ist, in einem Land zu leben, das scheinbar frei und demokratisch geführt wird, wo Bürger*innen aber wie Untergrundkämpfer*innen behandelt werden, wenn sie diese Werte auch einfordern.

Anerkennung, Aufmerksamkeit und internationale Validierung sind die wichtigsten Waffen, mit denen die Protestbewegung tagtäglich kämpft. Damit in Zusammenhang steht die ständige Kommunikation der Missstände und Übergriffe der Regierung in Peking gegenüber der Sonderverwaltungszone in Hongkong. Wer Bescheid weiß, wird aufmerksam; wer aufmerksam ist, denkt nach; wer nachdenkt, handelt womöglich und wird damit zur potenziellen Gefahr für eine Diktatur, deren internationale Reputation immer mehr ins Straucheln gerät, je mehr sich die Empörung ausweitet. Das weiß das chinesische Regime und setzt deshalb bekanntermaßen stark auf Zensur.

Wie diese Zensur in der Praxis aussieht, ist auch in „Be Water“ sichtbar, etwa, wenn bestimmte Ergebnisse zwischen den Suchmaschinen Google und Baidu verglichen werden. Kontroversielle Inhalte von Demonstrationen werden auf Baidu zugunsten von Peking ausgeblendet; auf Google sind sie hingegen sichtbar.

George, Jenny und andere

Die Mitglieder der Hongkong-Protestbewegung bleiben weiterhin Wasser, wie es ihnen Bruce Lee geraten hat. Sie heißen selbstverständlich nicht wirklich George oder Jenny, und das aus guten Gründen. Mit Medienvertreter*innen und Besucher*innen sprechen sie trotzdem, und das ist etwas, für das man in Österreich und Umgebung dankbar sein sollte.

Ganze zwei Stunden lang haben wir mit zwei Menschen der Protestbewegung in einer FM4 Spielekammerl-Show Spezial gesprochen, die kleine Einblicke in einen politischen David-gegen-Goliath-Kampf bieten, bei dem die Unterdrückten nicht nur erstaunlich viel Kreativität, sondern vor allem jede Menge Ausdauer und Mut mitbringen.

Im Rahmen der Ars: Dalia’s Late Night Lemonade – Radio Show in VR

In die Area for Virtual Art wird am Samstag, 21 Uhr Dalia’s Late Night Lemonade übertragen. Eine Radioshow auf virtual Reality. Dazu wird es Live Auftritte der lokalen Musikerinnen Adaolisa und Farce geben. Radio- und Live Musik wird da also in die Area for Virtual Art gebeamed und zeitgleich hier auf fm4.orf.at gestreamed, im FM4 Twitch Channel der FM4 Spielekammerl Show übertragen und als Teil des Ars Electronica Streams gesendet.

Zu hören und zu sehen auf FM4 und fm4.ORF.at am 12. September ab 21 Uhr!

Alle Infos dazu gibt’s hier

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