Xalavier Nelson Jr. gestaltet Games ohne Selbstausbeutung

Ein junger Schwarzer Spieleentwickler aus den USA ist in nur wenigen Jahren zu einer Vorzeigefigur der (Indie-)Games-Industrie geworden. Xalavier Nelson Jr. achtet bei seinen teils wunderbar schrägen Spielen genauso auf den Inhalt wie auf gute, korrekte, stressbefreite Arbeitsprozesse.

Von Robert Glashüttner

„Better, faster, cheaper, and healthier“: Das ist das Motto bei der Spieleentwicklung eines US-amerikanischen Studios namens Strange Scaffold. Computerspiele zu entwickeln - egal, in welcher Größenordnung - ist komplex und erfordert nicht nur Talent, sondern vor allem gute Planung. Weil das immer noch unterschätzt wird, gibt es in der Games-Branche weiterhin das Problem des sogenannten Crunch, also ungesunde, stressige, viel zu verdichtete Arbeitsbedingungen. Das hat bereits zahlreiche Menschen ins Burnout oder komplett aus der Branche getrieben.

Strange Scaffold macht es anders. Der Mann hinter diesem Studio ist Xalavier Nelson Jr., ein junger Spielegestalter, Autor und Projektleiter. Er verantwortet kuriose, erstaunliche und nicht wenig erfolgreiche Indie-Games mit klingenden Namen wie „An Airport for Aliens Currently Run by Dogs“, „Space Warlord Organ Trading Simulator“ oder „El Paso, Elsewhere“.

Xalavier Nelson Jr.

Xalavier Nelson Jr. macht sich als inspirierende Stimme für schrägere Games und bessere Arbeitsbedingungen bei ihrer Entwicklung stark und lebt das auch selbst vor. Der Mann ist ebenso kreativ wie koordiniert. Er jongliert mehrere Projekte gleichzeitig und hat für jedes Projekt ein eigenes Infrastrukturteam, wie er es nennt. Manchmal arbeiten fünf bis sechs Leute an einem Game, manchmal sind es über 20. Wie intensiv jemand an welcher Sache arbeitet, richtet sich nach dem jeweiligen Projekt.

Gute Planung und viel Kommunikation sind die wichtigsten Pfeiler bei Strange Scaffold. Unvorhergesehene Ereignisse werden durch bestimmte Tools und Prozesse schon vorher mit einberechnet, und in einem solchen Fall gibt es bereits entsprechende Lösungswege. Das spart Zeit und verhindert Stress.

Jemand, dem man zuhört

Mit nur 25 Jahren ist Xalavier Nelson Jr. schon jetzt eine wichtige Persönlichkeit in der (Indie-)Games-Welt. Er macht bemerkenswerte Spiele über Werwölfe in Motels, Hunde auf Flughäfen oder Organhandel im Weltraum, er arbeitet effizient, kostengünstig und professionell, er ist kommunikativ und gesellig und er ist Schwarz. In einer Industrie, die immer noch zu über 80 Prozent von weißen Cis-Männern betrieben wird, inklusive jeder Menge Kapital aus Konzernen und Investmentfirmen, ist so jemand noch immer eine Seltenheit.

Strange Scaffold

Da ist ein junger, Schwarzer Mann mit kaum Budget, keinem Uniabschluss und sperrigen Spielideen im Kopf. Solche Voraussetzungen sind in einer vorurteilsbehafteten Branche wie der Games-Industrie nicht die besten, doch Xalavier war das schon in seinen Teenagerjahren egal, als er seiner Kreativität zuerst mit diversen Textadventures und Comics freien Lauf gelassen hat. Er hat einfach gemacht - bei Spieleprojekten in unterschiedlichen Größenordnungen. Sein umfangreiches Portfolio und seine Arbeitsweisen sprechen für sich.

Die Games-Community hört Xalavier Nelson Jr. zu, wenn er etwas zu sagen hat. Dabei ist er stets freundlich und respektvoll im Ton, aber stark in der Meinung. Etwa letzten Sommer, als er angeregt hat, den großen Erfolg und den riesigen Umfang von „Baldur’s Gate 3“ nicht als Blaupause für alle künftig erscheinenden Computerrollenspiele zu sehen. Er nimmt dabei auch Konsument:innen in die Pflicht, Hintergründe und Entstehungsgeschichte eines Spiels miteinzubeziehen: Ist hier, wie im Fall „Baldur’s Gate“, ein größeres Team jahrelang an einer bereits bestehenden Serie dran, oder setzt eine Einzelperson mit ein bisschen Hilfe eine komplett neue Spielidee um?

Strange Scaffold

Die jeweiligen Arbeitsprozesse wirken sich auf Wesen und Ausformung des Werkes aus, das geschaffen wird. Diesen Zusammenhang sollten wir uns öfter bewusstmachen. Zwar arbeiten nur wenige von uns an einem Spiel, drehen einen Film oder schreiben einen Roman. Aber wir alle stehen in der einen oder anderen Form im Arbeitsleben und wollen dort fair und respektvoll behandelt werden.