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Reform des Uni-Gesetzes: „Mehr Gerechtigkeit“ oder „Orbanisierung der Unis“?

Wissenschaftsminister Heinz Faßmann spricht von mehr Gerechtigkeit beim Studieren, Aktivist*innen um die neue Initiative #bildungbrennt von einer „Orbanisierung der Unis“. Aber was steht in der UG-Novelle?

Von Diana Köhler

Gleich vorab: Die geplante Reform soll erst mit dem neuen Studienjahr 2021/22 wirksam werden. Das hat Minister Heinz Faßmann (ÖVP) bei der Präsentation der UG-Novelle am Dienstag noch einmal betont. Der Gesetzesentwurf ist jetzt zur Begutachtung ausgeschickt worden, diese Begutachtungsphase dauert bis Jänner.

Kritisiert wird die Novelle schon, seit vor Wochen erste Details daraus bekannt wurden. Daraufhin hat sich die Initiative „Bildung brennt“ gegründet, ein Bündnis von Studierenden und Lehrenden. Angelehnt ist der Name an die Studierendenbewegung #unibrennt aus 2009.

Wichtigste Punkte

- Mindestleistung: In 4 Semestern müssen insgesamt 24 ECTS erbracht werden, sonst ist man für dieses Studium an dieser Hochschule 10 Jahre gesperrt. (An einer anderen kann man sich aber trotzdem einschreiben)

- Beweislastumkehr: Bei der Anrechnung von ECTS gibt es eine „Beweislastumkehr“. Bisher mussten die Studierenden nachweisen, dass die an einer anderen Einrichtung erbrachte Leistung anrechenbar ist. Jetzt muss eine Anrechnung erfolgen, außer die Fachhochschule oder Universität kann beweisen, dass die Leistung an einer anderen Einrichtung nicht gleichwertig ist und deshalb nicht anerkannt werden kann.

- Anrechnung: wissenschaftliche/künstlerische Tätigkeiten, berufliche (Vor-)Qualifikationen von z.B. einer HTL können leichter angerechnet werden.

- Ghostwriter: Bisher konnten nur Studierende bestraft werden, die ihre Arbeit von einem Ghostwriter schreiben ließen. Jetzt droht auch diesen Ghostwritern eine Strafe. Und die kann mit bis zu 25.000 Euro durchaus saftig ausfallen.

- Plagiate: Sollen nach 30 Jahren verjähren.

Kritik

Die Initiative #bildungbrennt sieht die Novelle besonders kritisch. Menschen, die schon jetzt einen erschwerten Zugang zum Bildungssystem hätten, würden damit noch mehr unter Druck gesetzt. Darunter fallen zum Beispiel Studierende mit Kindern, Berufstätige oder jene mit gesundheitlichen (körperliche und psychische) Einschränkungen.

„Wir fordern umfangreiche Hilfsleistungen und ein Unterstützungsangebot statt noch mehr Ausschluss“, sagt ein Sprecher der Initiative, der anonym bleiben will. Der Leistungsdruck auf Studierende würde sich noch zusätzlich erhöhen. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie sei es schwer, (sichere) Proteste zu organisieren. #bildungbrennt sieht in der UG-Novelle einen weiteren Schritt in Richtung eine „Uni für wenige“: „Studieren darf nicht zum Luxus und Privileg für Wenige werden.“ (#bildungbrennt)

Auch das Mitbestimmungsrecht an den Unis wird mit der Novelle geändert. An jeder Uni gibt es einen Senat, er ist neben dem Rektorat und dem Universitätsrat das oberste Leitungsorgan der Universität. Der Senat besteht aus Studierenden, Professor*innen, dem wissenschaftlichen und zu einem kleinen Teil dem nicht-wissenschaftlichen Personal. Studierende dürfen sich erst im Senat engagieren und mitbestimmen, wenn sie mindestens 60 ECTS erreicht haben.

Außerdem soll der Senat künftig auch etwas weniger Kompetenzen haben. So soll beispielsweise nur mehr der Universitätsrat mit einer Zweidrittelmehrheit bestimmen, ob ein*e Rektor*in nach ihrer Amtperiode auch weiterhin im Amt bleiben darf. Der Universitätsrat wird allerdings zur Hälfte direkt von der Regierung bestellt.

Für #bildungbrennt sind das zwar viele kleine Schritte, aber nach und nach befürchte man eine so große Einflussnahme auf die Universitäten durch die Regierung wie in Ungarn.

Positive Punkte

Für die „Leistungsvereinbarungsperiode“ 2022 bis 2024 soll das Budget auf 12,3 Milliarden Euro steigen. Das ist ein Plus von 1,2-1,3 Milliarden. Das ist der Universitätenkonferenz (uniko) allerdings zuwenig, sie spricht von einem Bedarf an mindestens einem Plus von 2,1 Milliarden.

Als positiv streicht ÖH-Bundesobfrau Sabine Hanger (AG) heraus, dass die ECTS-Punkte nach der Novelle auf allen Unis und Fachhochschulen gleich viel wert seien. So könne man Lehrveranstaltung und ihren Arbeitsaufwand besser vergleichen. Außerdem seien die Unis jetzt dazu verpflichtet, schon vor Semesterbeginn Termin, Ort und Form von Lehrveranstaltungen bekanntzugeben.

Aktionen

Die Initiative #bildungbrennt hat nun eine Petition und einen offenen Brief gestartet, mehr dazu auf www.bildung-brennt.at.

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