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Der Song zum Sonntag: Softcult - „Dress“

Musik als Wutprobe, davon kann das kanadische Zwillings-Duo Softcult ein Lied singen: Es heißt „Dress“ und beschäftigt sich mit sexualisierter Gewalt & Traumata.

Von Michaela Pichler

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Traut man ihrer Bandcamp-Beschreibung, dann schreiben Softcult Musik für “Mall Goths“, also für durchs Einkaufszentrum schlurfende Gothic-Anhänger*innen in dunklen Outfits. Eine gute Zielgruppe. Die aus Toronto stammende Band besteht aus den beiden Schwestern Phoenix und Mercedes Arn-Horn, seit 2020 machen sie als Duo gemeinsame Sache. Zum Musikmachen wurden sie unter anderem von Alice Cooper inspiriert, das war zumindest das erste Konzert, auf dem sie waren. Hört man sich ihre Songtexte an, kommen da aber ziemlich schnell eher Assoziationen in Richtung Riot Grrrl Bewegung auf. So zum Beispiel auch bei ihrer neuesten Single „Dress“.

Outrageous ist eines dieser englischen Worte, das sich nicht einfach ins Deutsche übersetzen lässt, deren reiner phonetischer Klang aber schon alles darüber aussagt, was es zu bedeuten hat. Outrageous müssen sich Softcult gefühlt haben, als sie „Dress“ aufs Papier gebracht haben. Ein Song, der ausschließlich aus der treibenden Kraft der Wut heraus entstanden ist.

It’s a dress, not a yes / Not a fucking invitation / A night out with friends / Won’t ever feel the same again

Schon die ersten, plakativen Zeilen in „dress“ sprechen die Problematik von sexueller Gewalt direkt an: „ ,Dress’ ist ein Song übers Neinsagen und darüber, dass dir dann am Ende eben doch was passiert.“ So beschreibt das kanadische Duo Softcult ihren neuesten Wurf. Die beiden Musikerinnen und Zwillingsschwestern haben in ihrer jungen, gemeinsamen Bandgeschichte immer wieder über Sexismus in der Musikbranche gesprochen. Nun besingen sie die niederschmetternde Realität einer Person, die einen sexuellen Übergriff überleben muss: „My hair, my face, my tongue, my legs / Won’t ever feel the same again / My hands, my hips, my mouth, my lips / I’ll never be the same again“

Wie geht das Leben nach so einem Übergriff, nach so einer Zäsur, weiter? Das fragen sich Softcult in ihrem rauschenden Grunge-Pop-Track mehrmals. In einer Welt, in der die Unterwäsche eines Opfers als Beweismittel im Gerichtssaal gilt und zum Freispruch des Täters führt, braucht es Songs wie diesen hier.

Mit neuer Musik im Gepäck zieht es Softcult bald auch wieder in den Tourbus: Auf ihrer Europa-Tournee lassen die beiden Schwestern Österreich zwar aus, Softcult-Konzerte wird es im April 2023 dafür aber u.a. in Hamburg, Köln und Paris geben.

„See you in the dark“ wird nun die kommende EP heißen, die im März erscheint. „Dress“ ist nur einer der lauten Vorboten für diese Platte. Softcult haben mit Songs wie „Drain“ auch schon die unzulängliche Klimapolitik angeprangert und sich ihren Frust über politischen Machtmissbrauch Luft gemacht. Egal ob Klimakrise oder Sexismus – es lohnt sich immer noch, als Musiker*in die Stimme zu erheben und lautstark gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt anzusingen. Vor allem, mit so einem E-Bass-lastigen Shoegaze-Sound im Rücken wie bei Softcult.

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