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Pressefoto von Suluka auf schwarzem Hintergrund mit Farbflecken

Marlon T.L. Fink

„Ich versuch möglichst alles, was ich mach, aus Liebe zu machen“

Texturreicher Pop mit einer gehörigen Portion Soul und politischem Spirit: Der Grazer Musiker Suluka ist unser Soundpark Act des Monats im August.

Von Melissa Erhardt

Albumcover "313" von Suluka

Lumber Jack Music

Seit letztem Jahr veröffentlicht Luka Sulzer als „Suluka“ Musik. Sein Debütalbum „313“ erscheint am 25. August

„Ich hätte wahrscheinlich noch ewig weitergetan mit dem Album, weil ich nie komplett zufrieden bin“, antwortet Luka Sulzer im schönsten südsteirischen Dialekt auf die Frage, warum er mit dem Projekt Suluka denn gerade jetzt rausgegangen ist, in die große weite Welt. „Aber irgendwann gibt es einen Punkt als Musikschaffender, wo man sagen muss: Es geht jetzt nicht besser, ich hab alles gegeben, was ich geben kann. Was jetzt nicht heißt – das muss ich jetzt kurz sagen: Ich liebe das Album. Es fühlt sich extrem gut an. Der ganze Entstehungsprozess war einfach sehr heilend."

Heilend, so fühlt sich Sulukas soulig-warmer Pop-Entwurf generell an: Wie ein Retreat-Wochenende in der Natur, wie die Skincare-Routine am Abend vorm Schlafengehen, wie die Umarmung, die man so dringend braucht, wenn man gerade in der Luft schwebt und nicht weiter weiß. „This is all about love“, singt der 30-jährige Musiker im Intro seines Debütalbums „313“ - und meint es auch so.

„Früher wollte ich nie Liebeslieder schreiben. Furchtbar eigentlich, wenn ich jetzt zurückdenke. OMG, ich hab keine Ahnung gehabt“, sagt er beim Interview im FM4-Studio. „Und jetzt ist Liebe für mich DAS Thema. Ich versuch möglichst alles, was ich mache, aus Liebe zu machen.“

Der Begriff Liebe, der ist bei Suluka dehnbar, das hören wir spätestens auf seiner Platte: „In dem Album geht es ganz viel um Liebe, das ist das Überthema - aber eben auch um Liebe zu mir selbst, zu einer Gesellschaft, die mir voll am Arsch geht, aber die ich halt trotzdem irgendwie gern hab, Liebe zu anderen Leuten, all diese Sachen. Und da gehört Akzeptanz von sich selbst dazu. Wenn man die nicht hat als Musiker, wird man unkreativ.“

Ok, zwei wichtige Stichworte.

Zuerst: Selbstakzeptanz als Musiker

Es ist nämlich so: Luka Sulzer ist kein unbekannter Kopf in der österreichischen Musikszene. Manche kennen ihn vielleicht noch als Frontmann der Grazer Band Saint Chameleon, die sich mit ihrem alternativen Pop-Entwurf irgendwo zwischen Blues, Latin und Balkan bewegt hat. In der siebenköpfigen Band war Luka der einzige „self-taught guy“ - und das war letztendlich Mitauslöser für sein Soloprojekt. „Das sind alles meine Issues gewesen. Ich hab das Gefühl gehabt, ich muss selbst Musik schreiben, um mir zu zeigen: Ich kann das auch ohne diese ganzen Jazz-Geniuses“, erzählt er und schmunzelt.

Jetzt geht es also zurück an die Roots, zu der Musik, die ihn neben Tom Waits und John Frusciante eigentlich immer so fasziniert hat, zu Lauryn Hill und Co. Raus aus dem Verkopften, einfach „laufen lassen“. Den eigenen Stil zu finden, dabei helfen ihm bzw. dazu inspirieren ihn Personen aus der heimischen Kreativszene, etwa Kerosin95, der Grazer Musiker David Escobar oder der syrische Autor Omar Khir Alanam. Aber auch US-amerikanische Acts, Steve Lacy und Frank Ocean zum Beispiel. „Die hab ich viel gehört, als ich ein halbes Jahr in Detroit gelebt hab. Da hab ich gemerkt: He, das ist ein Sound, den spür ich aus mir selbst rauskommen.“

Aus den USA nimmt Luka generell viel mit: Nicht nur ein Gespür für den gehaltvollen, warmen und souligen Pop, den er heute macht, sondern auch ein Gespür für die politischen Strukturen hinter der Musik. „Ich bin Popmusiker, ganz explizit. Mich als Soul-Musiker oder Rapper zu bezeichnen… da gehört einfach viel mehr dazu“, erklärt er, bevor er über die Herkunft des Souls in der Black Church Music in den USA zu sprechen beginnt, über die von dort kommende Tradition metaphorischer Liebeslieder. „Das ist einfach ein kultureller Kontext, den ich nicht hab.“

In unserem Gespräch driften wir immer wieder ab, sprechen über die aktuelle Politik, über Privilegien, die man hat, aber nicht checkt, über das „Wonderland of Whiteness“; dieser sicheren Blase, in der viele Menschen leben und in der sie sich wohlfühlen. Alles Themen, die er in seiner Musik anspricht, manchmal mit einem Augenzwinkern, dann wieder ernster. „Ich bin recht gut erzogen, ich bin liberal erzogen, unter Anführungszeichen, halt so ein bissl ein Milchtoast“, lacht er, „aber in meiner Familie oder generell als Gesellschaft ist es unmöglich, nicht mit irgendwelchen veralteten Bildern indoktriniert zu werden. Und wenn man nicht besonders darüber nachdenkt, vor allem als Person in privilegierter Position, dann ist dein Horizont sehr klein. Das ist so, als hättest du Scheuklappen auf, und dann siehst du nur die 30 Grad vor dir, und rundherum, die restlichen 330 Grad sind ausgespart.“

Und dann: Selbstakzeptanz als Mensch

Womit wir beim anderen wichtigen Stichwort wären: Selbstliebe. Und die ist bei Suluka eng zusammengetackert mit der eigenen Identität und komplizierten Konstrukten wie Männlichkeit. „Toxic shit beat into me / Drenched and drowned / I still wring it out / Man there’s a lot of shit, dripping to the ground“, rappt er auf der ersten veröffentlichten Album-Single „Bona Fide“, um dann zurückzurudern: „My heart is strong / and I am healing / It was me that / did once kill it / But revived my soul / Cause I willed it“

„Ich möchte nicht wie ein Men’s Rights Activist klingen“, sagt er, „das soll es definitiv nicht sein, aber für mich geht es wirklich darum, dass Männer, speziell Cis-Männer, anfangen, einfach ein bisschen mehr über eine gesunde Männlichkeit nachzudenken. Ich hab keinen Vorteil davon, dieses System aufrecht zu erhalten, weil eigentlich werd ich nur zu einem Weichei erzogen. Du musst (als Mann) sowas komisches performen, und im Endeffekt verletzen wir uns damit nur selber, wir verletzen andere Männer und gleichzeitig dreschen wir den Rest der Welt mit rein.“

Deswegen: Das Zurückfinden zu sich selbst, weg von vorgegeben Parametern, die erfundene Konstrukte wie „Männlichkeit“ mit sich bringen. Das Zurückfinden zur eigenen Wahrheit, das ist vielleicht die Essenz von Suluka. Und schöner geht es eigentlich gar nicht, oder?

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