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„Fuck the king. He ain’t the king. She’s the king“. Idles und ihr (Nicht-)Liebesalbum „Tangk“

Neues Album, neue Formen, neue Melodien. Idles veröffentlichen ihre Platte „Tangk“ und spielen im Juni am Lido Sounds Festival in Linz.

Von Christoph Sepin

Menschen mögen simple Messages. Vor allem jetzt, in Zeiten, in denen niemand mehr lesen will als eine Überschrift oder ein Social-Media-Posting mit ein paar schnell konsumier- und teilbaren Botschaften. Hier eine Grundaussage, die man leicht sharen kann: Idles haben ein Album mit Lovesongs geschrieben. Bekannt sind sie für angry Gitarrenmusik, jetzt auf einmal wird das alles, Post-Valentinstag, zuckersüß und verliebt. Aber ist das alles so einfach? Natürlich nicht.

Was im Vorfeld Marketingmessage gewesen ist, all is love and love is all, klingt auf „Tangk“ dann doch bisschen anders. Oder vielleicht stimmt’s ja doch so: Liebe ist alles, Liebe ist nicht nur schön. Das ist arg, das ist furchtbar, das ist manchmal schwer zu greifen, das ist alles, was das Leben eben ist. „Liebe hat viele Facetten“, erzählt uns Mark Bowen von Idles. „Liebe kann happy sein, aber auch traurig. Gebrochene Herzen gibt es wegen Liebe. Das Album beschäftigt sich mit all dem“.

Mark Bowen spielt Gitarre, Joe Talbot singt: „My baby she is so great, I wake up grateful every day. My baby is beautiful. All is love and love is all“. „Gift Horse“ heißt der Song, er ist Fokustrack und Grundpfeiler von „Tangk“, und er ist supergut und ein Zuhause für eine ganz schön heavy kontemporäre Liebesbekundung von der Band aus Bristol: „Fuck the king. He ain’t the king. She’s the king“. Ja, auch das ist love.

„Tangk“, was ist das?

„Tangk“ als Albumtitel ist der Sound der Instrumente, Onomatopoeia, Lautsprache für einen harten Gitarrenriff oder das Krachen von einem Drumstick auf einer Snare. Man mag sich das vorstellen, den Proberaum von Idles, wenn sie sich über all den Lärm zurufen: „Mach’ da noch ein bisschen mehr ‚tangk‘ drauf!“

Die Leute sollen also ihre eigene Bedeutung zu dem Wort finden. Zugänglich kann das dadurch sein. Liebe und Krach. Instrumenten-Noise und Songzeilen, die erzählen, wie gern man wen hat. „Freudenfreude, Joy on joy, Cheerleader, Happy boy“. Idles waren immer schon Meister der Motivationssongs, hantieren auch mit schönen Begriffen wie dem Gegenteil von Schadenfreude. Freudenfreude, super, schon vor einem halben Jahr hat uns Joe Talbot verraten, dass das eines seiner Lieblingswörter ist.

„Tangk“ kannst du schälen, auch wenn das komisch klingt. „Es gibt Layers, man kann sie abziehen und so tief gehen, wie man will“, sagt Mark Bowen. „Man muss aber nur so tief gehen, wie man will. Und wir als Band müssen das auch nur. Wenn uns jemand fragt: Worum geht’s auf der Platte? Es geht um Liebe!“

Das ist schon alles sehr clever gemacht: Easy-Listening, easy-message, aber alles so durchdacht, dass man ewig viel drin finden kann („There’s ring marks and thin scars“, was für ein Bild), gibt Idles aber auch den Raum, um gemeinsam mit Radiohead-Producer Nigel Godrich herumzuexperimentieren („Oh my god, I’m in Radiohead“, erinnert sich Mark Bowen an den Spaß, zusammenzuarbeiten).

Idles Tangk Albumcover

Idles

„Tangk“ von Idles ist am 16.2.2024 auf Partisan Records erschienen.

Sie wollten sich herausfordern, sie wollten mehr Melodien schreiben, sie wollten Instrumente einfach durch andere Instrumente und Geräusche ersetzen, auch wenn damit die nächste Herausforderung kommt, wie man das alles live performen soll. „Shapes haben sich verändert, jede Art von Form, Gitarrenakkorde, Piano,... Alles rund um Idles hat sich für dieses Album verändert.“

Neues Album, neue Formen, neue Melodien – neue Soundshapes. Aufgelegte Frage, was für eine Form hätte „Tangk“ dann, wenn es eine echte, physische wäre? Ist das vielleicht sogar, superkitschig, die von einem Herzen, wegen Liebe und so? Nope, sagt Mark Bowen: „Es ist stachelig, es ist nicht rund. Ist das ein Stern? Ein Stern oder sowas ähnliches“.

„Tangk“ also, das neue, sternförmige Album von Idles. Das herumeckt und sticht und zieht und sich dreht. Ihr könnt drin finden, was ihr wollt, auch wenn’s nur ist, dass es eine Platte voller Lovesongs ist. Eure Freund:innen, die sich nicht lange damit beschäftigen wollen, werden euch für diese Erklärung dankbar sein. Und ihr kommt dann zur nächsten Liveshow von Idles, allein schon, weil sie 2023 das beste Konzert des Jahres gespielt haben. 2024 spielen Idles am 30. Juni gemeinsam mit The Libertines, The Streets und Soap&Skin am Lido Sounds in Linz. Wir haben ja alle noch gar keine Ahnung, wie gut das wird.

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