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Oskar Ott

Musik

Sharktank überraschen sich selbst

Keine Gitarren, dafür brachiale Samples, drückende Synth-Bässe und verzerrte Vocals. Die neue EP „Blindsided“ überrumpelt nicht nur uns, sondern der neue Sound hat das Trio Sharktank auch selbst überrascht.

von Andreas Gstettner-Brugger

Er überrumpelt einen von der ersten Minute an: Der treibende, nervöse und brachiale Sound des „Boogieman“ von Sharktank. Das Trio hat nach dem vielen Touren in den letzten beiden Jahren beschlossen, diese enorme Live-Energie und das gute Chaos auf der Bühne in das Studio zu holen und etwas Neues auszuprobieren.

„Wir haben unsere Gitarren auf der Bühne gesmasht, also zerstört. Die existieren nicht mehr“, meint Gitarristin Katrin Paucz mit verschmitztem Lächeln. Die Songs der neuen EP „Blindsided“ kommen tatsächlich weitgehend ohne Gitarren aus. Doch ein richtiges Konzept hatten Katrin, Rapper Mile und Produzent Marco Kleebauer nicht, als sie ins Studio gegangen sind.

Albumcover EP "Blindsided" von Sharktank

Alex Gotter / Sharktank

Die neue Sharktank EP „Blindsided“ ist bei Humming Records erschienen.

Katrin: „Klar haben wir uns Gedanken gemacht, aber in klassischer Sharktank Manier nicht zu viel darüber nachgedacht, sondern versucht, die Live-Energie mitzunehmen. Das hat dann gleich am Anfang zu total brachialen Samples geführt, argen Schlagzeug Recordings von Marco oder massiven Synth-Bässen, die ich eingespielt habe. Wir haben einfach versucht, alles so simpel und brachial oder extrem wie möglich zu machen.“

Der „Boogieman“ ist das perfekte Beispiel dafür. Alles wirkt hier hektisch, treibend, rastlos und überspitzt. Schließlich geht es beim „Boogieman“ um den Antreiber im Inneren. Der „Stress-Macher“, für den nichts gut und schnell genug gehen kann. Selbst wenn man ihn verdrängt, taucht er in den Nacht auf und lässt einen verschwitzt hochschrecken.

Katrin: „Irgendwann checkst du auch, dass du vor dem Boogieman nicht davonlaufen kannst. Weil eigentlich bist du der Boogieman - in dir drinnen. Nur du selbst kannst dich kontrollieren.“

Gewohnheiten und social media smashen

Sich neu erfinden, das liegt in der DNA von Sharktank. Das Debüt „Get It Done“ entstand in nur 13 Tagen aus einer Unbeschwertheit mit viel Spaß. Der Nachfolger „Acting Funny“ wurde zwar mit ähnlicher Leichtigkeit, jedoch mehr Erfahrung und mehr Plan eingespielt, es gibt Interludes und psychedelische Synthie-Ausflügen.

Sharktank live:

Nach den beiden Alben entstand das Gefühl, alles gesagt und produziert zu haben, was diese anfängliche, smoothe und funkige Lebensgefühl hergegeben hat. Die Live-Erfahrungen mit unter anderem den Giant Rooks haben Sharktank darin bestärkt, ihre Bühnenpower in das Studio zu transferieren. Marco und Mile haben sich zu „darken“ Sessions getroffen, wo viel Geschrieen wurde, wie uns Mile verrät. Auch Katrin Paucz hat ihren gewohnten Griff zur Gitarre durch das „Hineinfuchsen“ in Produktions-Tools ersetzt. So kam sie oft schon mit einer klareren Soundvorstellung ins Studio.

Durch die neuen weitgehend brachialen Sounds haben sich auch die Texte verändert. Mile rappt bei dem grungigen Elektro-Kracher „Mud“ von seinen Erfahrungen, öfter von der Polizei kontrolliert zu werden und kanalisiert so seinen Ärger in einen politischen Song. Der Titeltrack „Blindsided“ überrumpelt einen, wie der Titel schon klar macht, mit krautrockigen Loops, die auf double-time zu laufen scheinen und die Vocals werden so stark verfremdet und durch die Effekte geschossen und zerstückelt, dass sie wie ein eigenes Instrument wirken.

Es wirkt ganz so, als hätten Sharktank ein Album für Tik Tok User:innen geschrieben, die die neuesten, brachialsten Sounds für ihre Videos suchen. Doch Sharktank sind sich der allmächtigen Algorithmen durchaus bewusst. Man könnte „Blindsided“ als meta-kritisches Werk interpretieren, das die social media Gegebenheiten nutzt, um ihre beschleunigende und Ängste oder Abhängikeiten weckende Wirkungsweise transparent zu machen.

Allerdings hat es das Trio nicht auf eine sozialphilosophischen Diskurs abgesehen. Sondern Katrin, Mile und Marco machen einfach, was sie für künstlerisch wichtig und richtig halten. Und das oberste Gebot ist hier die Freiheit. Wenn jemand fragt: „dürfen die das denn so machen?“, dann würden Sharktank wohl antworten: „Keine Ahnung, wir machen es einfach“. Und damit haben sie es erneut geschafft, nicht nur uns, sondern auch sich selbst zu überraschen - und das ist das Lebenselixier für die Kunst und Musik.

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