FM4 Filmgeschichten mit Udo Kier
Von Petra Erdmann
Seit einem halben Jahrhundert schafft der 74-jährige Udo Kier den extremen Spagat. Er pendelt intensiv zwischen Kunst- und Trash. Er war ein monströser Darsteller in Andy Warhols „Frankenstein“ (1973) und „Dracula“ (1974), beides Filme, die der „Velvet Underground“-Entdecker und Factory-Regisseur Paul Morrissey gedreht hat, und zwar durch Zufall. Morrissey hatte Udo Kier zufällig im Flugzeug kennengelernt, dessen Telefonnummer im Reisepass notiert und Udo Kier mit heavy-German-accent im US-Kino auferstehen lassen.
How far can you go?
„ Wie weit ich gehen kann? Das darf man mich nicht fragen!“, erzählt Udo Kier über ein Vorstellungsgespräch mit Madonna. Die Pop-Diva wollte ihn für ihren skandalträchtigen Bildband „Sex“ und das Musikvideo „Deeper and Deeper“ (1993) gewinnen. „Da habe ich sie gleich im Sexclub über eine Ping Pong Maschine gehoben.“
Filmstill Road to St. Tropez
Udo Kier ist bis heute ein Genre-Hopper zwischen Hollywood- und dem Arthouse-Kino geblieben. Er war auf Einladung des Horror- und Fantasy-Filmfestivals Slash nach Wien gekommen, wo er 1968 sein Schauspieldebüt im Exploitation-Film „Schamlos“ gegeben hat.
FM4 Filmgeschichten
Petra Erdmann im Gespräch mit Udo Kier, Produktion: Rudi Ortner
Zu hören am Sonntag, 30.09.2018, ab 15.00 auf FM4 und im FM4 Player
Bodenständig und exzentrisch, in einer erfrischend liebenswürdigen Mischung, packt Udo Kier in FM4 Filmgeschichten seine Anekdoten aus. Da finden alle Guten Platz: Lauren Bacall („die alten Hollywood-Stars haben eine ganz eigene Art zu Essen“), Lars von Tier (in nahezu all seinen Filmen hat Kier mitgespielt), Björk, Christoph Schlingensief, Rainer Werner Fassbinder („Wir haben uns mit 15 und 16 Jahren in einer Kölner Arbeiterkneipe kennengelernt.“) und Gus von Sant.
Filmstill aus "My Own Private Idaho"
Mit „My Private Idaho“ von Regisseur Gus van Sant hat der Exzentriker als Freier Hans Anfang der 90er-Jahre neben Keanu Reeves und River Phoenix seinen Durchbruch in Amerika geschafft. Udo Kier schwärmt über seinen Freund: „Gus von Sant, dem verdanke ich alles, was ich habe.“ Und das ist eine Ranch im kalifornischen Pensionisten-Paradies Palm Springs, wo Udo Kier mit seinem riesigen Plastikhengst Max von Sydow und seiner Riesenschildkröte Han Solo wohnt. Dort hängen ihm die Klischees des bösen Hollywood-Deutschen am wenigsten nach. Kino-Nazi hin oder durchgeknallter Wissenschaftler her, „ich möchte nicht mehr Hans heißen“.
Publiziert am 30.09.2018