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Roman Rohrmoser taucht tief in Powder ein

Tom Klocker - @tomklockerphoto

Pros & Profiles

Pros & Profiles: Freerider Roman Rohrmoser

Roman Rohrmoser inszeniert mit seinen Pics und Movies unser aller Traum vom Fliegen. Wie aus einem Zillertaler Rennläufer ein Powderartist geworden ist.

Von Heinz Reich

Das Faszinierende an Aufnahmen wie aus dem Instagram-Posting da unten ist, dass sie wie ein Bilderrätsel funktionieren. Du fragst dich: Von wo genau kommt der Freerider geflogen? Und wo zum Himmel wird er landen!? Um das herauszufinden folge ich Roman Rohrmoser zu seinen Secret Spots in Mayrhofen. Aber Obacht! „Wenn du verrätst, wo genau wir gewesen sind, hast keine Freunde mehr im Zillertal....“, warnt er mich mit einem schelmischen, aber doch irgendwie ernst zu nehmenden Grinsen.

Das Cliff ist an sich nicht schwer zu erreichen, nur muss man halt wissen, an welcher Stelle man unter der Pistenabsperrung durchschlüpft und raus ins Backcountry fährt. Als ich neben Roman auf dem Felsen steh, runter schaue und versuche, mir die Landung vorzustellen, wird mir schwindlig. Ich fahr rechts runter zur Stelle, wo der Fotograf Tom Klocker positioniert ist.

Roman Rohrmoser wirft Schnee von einer Klippe

Heinz Reich

Roman demonstriert mir mit ein paar Schneebällen, wie man für den Fotografen die ungefähre Flugkurve simuliert, damit der die ideale Stelle findet. Probesprünge hätten ja den Nachteil, dass das unverspurte Gelände zerstört, der Aufsprung ein „bombhole“ würde und die glitzernde Raketenspur vor der Sonne auch nicht mehr so spektakulär wäre, wie wenn man über den frisch eingeschneiten Felsen jumpt.

Nicht weit von seinem Lieblingsfelsen ist die (geheime!) Location, wo er unmittelbar nach den Rekordschneefällen im Jänner gemeinsam mit seinem Skibuddy Felix Wiemers einen Run über meterhoch verschneite Lawinenverbauungen gefilmt hat. Was im Video aus der GoPro/Rider-Perspektive wie ein schwereloses Schweben in der Morgensonne rüberkommt ist von unten betrachtet eine halsbrecherisch steile - naturgemäß stehen Lawinenverbauungen nicht in flachen Hängen - Serie von Stahlrampen!

Ich versuche mir wieder das Gefühl vorzustellen, quasi blind ins Leere zu springen und dann am Ende auch noch einen Backflip einzubauen. Sind die Jungs aus Gummi – unbreakable!? Nicht wirklich. Romans „Best of Verletzungen“ umfasst unter anderem eine gebrochene Kniescheibe, mehrere ausgeschlagene Zähne und eine Schienbeinkopffraktur. Blöderweise sind ihm diese Malheurs nicht einen kurzen Hubschrauberflug von der Innsbrucker Uniklinik entfernt passiert, sondern beispielsweise im Iran. Die tagelange Rückreise unter Schmerzmitteln muss die Hölle gewesen sein.

Aber das ist Schnee von gestern. Und ein paar Opfer muss man schon auch bringen, um sich seinen Traum vom Skifahren – völlig selbstbestimmt – zu ermöglichen. Obwohl – wie frei ist man als Profisportler eigentlich? Im Auslauf eines wunderschönen, unverspurten Runs von der Kreuzjochspitze runter steh ich mit Roman Rohrmoser in der Sonne und halt ihm das Mikro unter die tropfende Nase.

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Heinz Reich: Wie kann man sich den Beruf eines Freeriders vorstellen? Wovon lebst du?

Roman Rohrmoser: Ich lebe von den Sponsorenverträgen. Das ist leider nicht mehr ganz so einfach – also einfach war’s nie, aber es wird immer schwieriger. Früher war die Dichte auch noch nicht ganz so groß und es ist auch noch mehr um Leistung und Können gegangen. Heutzutage geht’s mehr um Vermarktung, Auftreten und Social Media. Die fetten Zeiten sind vorbei, aber es ist immer noch so, dass es mir sehr viel Spaß macht und ich gut über die Runden komme, und daher werde ich es auch weiterhin machen.

Welche Plattform nutzt du am meisten?

Instagram hat sich da schon sehr durchgesetzt. Ich nutze zwar Facebook auch noch. Diverse Sponsoren wollten dann noch Youtube Channel, Twitter und keine Ahnung... aber irgendwann hab ich gesagt, ich würde auch zwischendurch ganz gern mal skifahren und nicht nur vor den ganzen Plattformen da sitzen, weil eigentlich hab ich da nicht so extrem Bock drauf.

Wie sehr wird das von den Sponsoren gepusht?

Gepusht wird’s in dem Sinn, dass in den Sponsorenverträgen drin steht, wie viel man posten und aktiv sein muss, und wenn das nicht erfüllt wird, gibt’s nächstes Jahr keinen Vertrag mehr. Früher waren da halt Print- und Videoparts. Das ist alles heute mehr in die Social Media Branche abgedriftet, was für manche gut war, für andere nicht so gut. Für mich ist es so ein Mittelding. Ich mach’s, damit es getan ist, aber lieber würd ich die Zeit anders nützen, sagen wir’s so...

Welchen Content präsentierst du auf Social Media?

Hauptsächlich Videos, Kurzclips, GoPro-Runs – das funktioniert am besten: ungecuttete Sachen, so Videos von 15-20 sek., coole Bilder....

Wie kommst du zu dem Content?

Selbst generieren, hauptsächlich mit GoPro. Oder Bilder von Fotografen. Teilweise auch selbst Bilder produzieren. Und dann bin ich natürlich auch mit Filmcrews unterwegs, zum Beispiel mit Midiafilm - da krieg ich immer wieder Material, entweder B-Material oder Sachen vom Vorjahr, und die werden dann gepostet. Das ist dann natürlich die qualitativere Variante, was auch meistens besser ankommt als irgendwelche billigen iPhone-Shots, weil mittlerweile hat sich schon herausgestellt, dass es nicht als Pipifax-Instagram-Account funktioniert. Man muss wirklich guten Content liefern, also scharfe Bilder und jede Menge Hashtag-Schlagwörter. Und man sollte eigentlich jeden Tag seinen Beitrag posten, dass die Follower, Freunde und Fans wirklich up to date sind und an deinem Leben teilhaben können, wo ich gar nicht so Bock drauf hab.

Roman Rohrmoser macht einen Backflip im Tiefschnee

@michaelneumann_redgun

Die Lippen sind uns inzwischen trotz der Sonne eingefroren, denn es hat minus 12 Grad. Wir legen die Felle an und steigen auf zur Kreuzwiesenalm, wo Roman mich von seinem ungefähr 10.000 Kalorien schweren Tiroler Melcher-Muas mit Grantn kosten läßt. Schmeckt herrlich.

Du hast gesagt, früher bist du mit einem Fotografen ins Gelände gefahren. Hast geshootet. Analog. Dann hat er dir irgendwann die Aufnahmen geschickt. Jetzt läuft alles komplett anders ab. Wie hat eigentlich Social Media deinen Sport verändert?

Also den Sport selbst hat es nicht verändert, aber halt das ganze Drumherum. Wir filmen mit GoPro, sitzen in der Gondel und dann wird einfach die GoPro App eingeschaltet und der Run von der letzten Fahrt runtergeladen und zum Teil geht das auch gleich online. Also ich mach das nicht, aber ich hab schon Kollegen, die das machen. Ich will ja ungern Namen nennen – Felix Wiemers zum Beispiel (lacht), der macht das ganz gern! Ich hab am Berg generell immer 3G ausgeschaltet, auch wegen der Lawinensicherheit mit dem LVS (Störsignale und so weiter) und ich hab eigentlich keinen Bock am Berg auch noch großartig Social Media zu machen. Also wenn ich was produziere, dann schau ich, dass ich das irgendwann am Abend in einer ruhigen Minute wo reinknall und dann hat sich das auch wieder erledigt.

Roman Rohrmoser in der Schigondel mit Smartphone in der Hand

Heinz Reich

Roman Rohrmoser bei der Social Media Arbeit. Im Büro sozusagen.

Hast du sowas wie eine Social Media Strategie?

Haha, nein, nicht wirklich. Also ich versuch natürlich, gewissen Guidelines zu folgen, aber ich hab ein Kind zuhause und eine Freundin und viele Hobbies und es ist nicht so, dass ich um sieben am Abend immer Zeit habe, um irgendwas zu posten. Oder um acht in der Früh oder genau zu den Zeiten, wo man das machen sollte. Ich kann’s auch nicht wirklich nachvollziehen, ob es wirklich Sinn macht, wenn man gewisse Strategien befolgt. Teilweise postet man Sachen, die gehen durch die Decke, was man sich nicht erklären kann. Ich hab andere Sachen gepostet, wo ich mir das eher erwartet hätte und da ist es genau umgedreht. Ich blick ’ nicht wirklich durch, es geht nach irgendwelchen Algorithmen und die werden immer wieder verändert und umgeschrieben. Ich glaub es blickt eh niemand durch....

Roman Rohrmoser deutet auf eine Bergflanke

Heinz Reich

„Dieses Face nennen wir Little AK – unser kleines Alaska. Tiefverschneite Spines, steile Couloirs, und du brauchst keinen Heli um dort hinzukommen. Dort im oberen Bereich hab ich den Synchron-Backflip gemeinsam mit Felix Wiemers aufgenommen."

Vom Content her – überlegst du dir, was du postest, und was eher nicht? Zum Beispiel Privatleben? Du hast eine dreijährige Tochter und eine Frau – würdest du die posten?

Eigentlich habe ich keinen Bock, Privatleben auf Instagram zu veröffentlichen, wobei das auch relativ ist, weil mein Skifahren – Hobby/ Beruf ist ja irgendwie auch privat. Da weiß ohnehin jeder, wo ich umgehe und was ich mache, aber alles, was die Familie angeht und was ich sonst noch so hobbymäßig mach’, muss jetzt nicht jeder wissen. Die Kleine bau’ ich ab und zu vielleicht mal ein, wenn wir gemeinsam am Berg beim Skifahren sind, weil’s einfach die Leute cool finden, dass der Nachwuchs auch gefördert wird und wir die schon auf die Ski stellen, aber es ist nicht so, dass ich jeden Tag ein Bild von meiner Tochter poste, weil das würde sie mir in 10-15 Jahren übelnehmen.

Wie viel Zeit nimmt das ganze Social Media-Programm für dich in Anspruch?

Leider viel zu viel. Also ich glaube mittlerweile minimum eine Stunde pro Tag. Um ehrlich zu sein wahrscheinlich zwei. Und das ist eigentlich schon um 90% zu viel.

Kann man heute euren Sport eigentlich überhaupt noch auf anderen Wegen als über Social Media verfolgen bzw. tut das noch wer?

Das ist fast unmöglich. Weil du ohne Social Media deine Sponsoren nicht zufriedenstellen kannst, keine Verträge mehr kriegst und die Printmagazine leider ziemlich in den Keller runtergegangen sind, was echt schade ist, weil ich find’s immer noch cooler, ein Magazin in der Hand zu halten, über was zu lesen und ein Bild zu sehen, als auf Social Media in einer Minute 50 Bilder durchzuscrollen und dabei keines wirklich anzuschauen. Da geht auch die ganze Qualität verloren.
Also anders präsentieren kann man sich unter anderem schon in Printmagazinen und eben in Movie-Parts, wo man den ganzen Winter über filmt und dann meistens im Herbst oder Winter danach der Film herauskommt. Aber das wird auch immer weniger. Es geht alles immer mehr Richtung sofort posten, also Vlogs bzw. Webisodes während der Saison, weil da wollen die Leute wissen was abgeht. Niemand hat mehr die Nerven, so lange zu warten, bis irgendwann der Film rauskommt. Also nach wie vor gibt’s das schon, aber alles andere ist eigentlich interessanter. Die Welt wird immer noch schneller und jeder will noch mehr Information und alles sofort. Hoffentlich wird das irgendwann auch wieder mal anders.

Roman Rohrmoser und Heinz Reich vor Bergkulisse

Heinz Reich

Roman Rohrmoser und Heinz Reich

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