Was die Serie „Euphoria“ richtig macht
Von Natalie Brunner
Die 17-jährige Rue knallt sich alles rein was sie so finden kann. Ihre Beziehung zu ihrem eigenen Leben ist ambivalent oder anders, es scheint ihr ziemlich egal zu sein, ob sie Gefahr läuft zu sterben, da ihr nichts einfällt, wofür es sich zu leben lohnt.
Zendaya spielt die Teenager Nihilistin mit einem ausgeprägten Hang zu Kokain und Opiaten charmant und glaubhaft. Bereits als Kind wurde sie wegen ADHS legalerweise mit Substanzen vollgepumpt, die die Welt sehr wattig erscheinen lassen und nach dem Tod ihres Vaters will sie die wattige Indifferenz einfach nicht missen.
Erst mal zudröhnen
Frisch aus dem Entzug führt Rue der erste Weg zu ihrem Dealer, der gegen alle Klischees ein netter schüchterner und besorgter Typ ist. Der zweite Weg führt sie auf eine Party auf der alle wesentlichen Charaktere von Euphoria wie Billardkugeln aneinander prallen und ihr Leben einen neuen Spinn bekommt.

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Die transexuelle Jules ist neu in der Stadt und eine wunderschöne, ätherische Erscheinung, so dass sie sofort zum Angriffsziel des lokalen Footballstars mit unterdurchschnittlichen IQ und überdurchschnittlichem Aggressionspotential macht.
Jules kompromisslose Radikalität im Idioten Abservieren führt dazu, dass Rue ihr auf der Stelle verfällt und die zwei werden zu meinem Lieblings-Filmpaar 2019.

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Visuell orientiert sich Euphoria sehr starr an dem, was uns in den letzten Jahren von Musikerinnen wie Beyonce, Grimes oder auch Flying Lotus in ihren Musikvideos oder in langformatigen visuellen Alben als euphorisierendes oder schockierendes Eyecandy aufgewartet wurde.
Teenager ohne Euphorie
Euphoria ist eine Serie mit Teenagern, denen genau das, was der Titel verspricht, im Leben fehlt: Euphorie. Und so jagen sie sie mit den gleichen Mitteln wie ältere Semester: Sex, Drogen, Gewalt, Pornographie.
Die Portagonistinnen von Euphoria sind allesamt Kinder der oberen Mittelschicht. Ihr existenzielles Problem ist Langeweile und der Druck den sie sich gegenseitig und selbst machen. Keine verwahrlosten Problemfälle, sondern die Kinder von Menschen, die, wenn kein Brot da ist, halt Kuchen essen, knallen in Euphoria durch. Das hat mehr mit Larry Clarks Film Kids zu tun als mit pseudo-dokumentarischem Sozialporno, mit dem wir allerorts zugemüllt werden, wenn es um Drogen und Jugendliche geht. Und es hat auch mehr mit der Realität zu tun. Dass die Proteste gegen Euphoria umso heftiger sind, ist deshalb als eine Auszeichnung zu verstehen.
Publiziert am 16.10.2019