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Ein Jahr digitale Selbstbestimmung

Smartphones, Apps, Streaming-Dienste, Betriebssysteme. Technologien, die wir täglich nutzen, spionieren uns täglich aus. Ist es da möglich noch Kontrolle über die eigenen Daten zu haben? Ein Paar hat es ein Jahr lang versucht.

Von Lukas Tagwerker

Katharina Larisch hat die Plattform NetDoktor.de aufgebaut und Gesundheitsvorhersagemodelle entwickelt. Volker Wittpahl hat Bücher über Künstliche Intelligenz herausgegeben und leitet das Berliner Institut für Innovation und Technik. Gemeinsam hat das Paar ein Jahr lang versucht, digital selbstbestimmt zu leben und die Kontrolle über alle eigenen Daten zurückzugewinnen.

FM4/Lukas Tagwerker: Wie seid ihr auf die Idee gekommen digital selbstbestimmt zu leben?

Volker Wittpahl: Ich bin bei der privacy week 2018 eingeladen worden zu einem Vortrag zum Thema Zukunft und Technik. Da das Programm sehr interessant war, habe ich mir ein paar Tage Urlaub genommen und mir fast das ganze Programm angeschaut. Ich war begeistert, dass der Chaos Computer Club Wien hier für die Öffentlichkeit Aufklärung betreibt, so dass Laien es verstehen können. Nach dem Speakers-Dinner kam Klaudia Zotzmann-Koch auf mich zu und fragte, ob ich nicht im darauffolgenden Jahr nochmal einen Vortrag halten will. Da habe ich angeboten, zusammen mit Katharina - die von ihrem Glück noch nichts wusste - ein Jahr lang den Selbstversuch zu machen die digitale Selbstbestimmung im privaten Bereich herzustellen.

Über unsere Daten, über unsere Geräte, über die Dienste, die wir nutzen, zu gucken, ob das, was hier in der Theorie vorgetragen wurde für einen technischen Laien möglich ist. Bewusst aufs Privat begrenzt, weil auf die Geräte deiner Firma kannst du keinen Einfluss nehmen, außer du bist selbstständig. Wir wollten herausfinden: a) ist es überhaupt möglich komplett selbstbestimmt zu werden und b) ist es im Alltag praktikabel oder ist es so unbequem, dass man es dann doch nicht macht? Dann kam ich nach Hause und habe Katharina damit konfrontiert.

Katharina, was hast du von der Idee des Selbstversuchs gehalten?

Katharina Larisch: Also im ersten Moment gar nichts. Ehrlich gesagt habe ich nur ja gesagt, damit der Haussegen nicht schiefhängt. Ich habe eine Zeit lang Versorgungsforschung in der Medizin gemacht, das heißt, dass man mit großen Datenmengen arbeitet. Zwar habe ich nicht wie ein Informatiker SQLs geschrieben, aber ich habe versucht intelligente Sachen aus den Daten herauszuziehen. Ich habe also eine Vorstellung davon, was man mit Daten alles machen kann. Ein Freund hat uns dann ein Buch empfohlen: Andreas Eschbachs Roman „NSA – Nationales Sicherheitsamt“ . Das hat mich so erschreckt, dass ich dann im Januar gesagt habe, gut ich mache beim Selbstversuch wirklich mit.

Wie hat der Aufbau des Selbstversuchs digitale Mündigkeit ausgesehen?

Katharina Larisch: Am Anfang hatten wir Coachings durch Klaudia Zotzmann-Koch, wo wir nach jedem Coaching – zumindest ich – extrem schlechte Laune hatten, weil klar war, wo überall Daten aus uns herausgezogen werden und wie wir getrackt werden. Da war eine Riesenmasse an Dingen, die man eigentlich tun muss, die mich so ein bisschen erschlagen hat. Ich habe dann irgendwo klein angefangen. Das Kleine, wo ich als Nicht-Technikerin auch eine Vorstellung davon habe, war dann zum Beispiel den Messenger-Dienst zu ändern. Weg von WhatsApp. Das war so der erste Schritt.

Volker Wittpahl: Ich bin es erstmal sehr pragmatisch-technisch angegangen: welche Geräte haben wir? Was für Betriebssysteme sind da drauf? Welche Software ist da drauf? Wir versuchten dann systematisch von unten nach oben einfach alles sicher zu machen. Ich stellte dann bald fest: man muss eigentlich anders anfangen. Man muss sich erstmal Gedanken darüber machen: was ist einem wichtig? Was ist für einen wertvoll? Nicht nur im Sinne von Wertgegenständen, sondern auch Werte. Um dann festzustellen: Ups! Wenn mir das wichtig ist, dann darf ich bestimmte Sachen eigentlich nicht machen oder nutzen.

Bei der Privacy Week 2019 halten Katharina Larisch und Volker Wittpahl u.a. über ihren Versuch einen Vortrag.

Hier findest du mehr über das Programm der Privacy Week 2019

Hinzu kam die kritische Frage: schaffen wir es, ein Smartphone auch wirklich frei bestimmt zu nutzen, das heißt also auch mit einem freien Betriebssystem und mit freien Anwendungen? Weil das Smartphone ist letztendlich das Gerät, das alle immer mit sich rumtragen. Und wenn wir es nicht schaffen, dort auch eine gewisse Sicherheit herzustellen, wo wir wissen, was drauf passiert oder nicht, dann wäre es eigentlich fast unmöglich zu sagen, wir schaffen es. Weil sonst hast du nur noch die Möglichkeit mit klassischen alten Telefonen, die nur noch telefonieren können und da machen viele Leute nicht mit. Das war mitunter das Kritischste in diesem Jahr Selbstversuch: mit einem Smartphone zu agieren, das frei ist, das wir selber befreit haben und zu gucken wie fühlt sich das im Alltag an?

Es geht um „Datenhoheit“ und um „Gerätehoheit“, selbst die Kontrolle darüber zu haben, wohin die eigenen Geräte überall hinkommunizieren. Wie sieht das konkret aus?

Volker Wittpahl: Bei Laptops oder klassischen PCs ist es relativ einfach, da kann man mit Linux-System schnell auf ein alternatives System kommen, das nach Gusto gestaltet werden kann. Bei Smartphones oder Handys ist es ein bisschen komplizierter, weil es eigentlich nur noch zwei Betriebssysteme gibt, die den Markt dominieren. Es gibt keine großen freien mehr. So dachte ich, als mein Smartphone letztes Jahr vor der Privacy Week kaputt gegangen ist. Hier habe ich aber letztes Jahr erfahren, dass es doch tatsächlich ein freies System gibt. Ich habe gesagt: gut, dann will ich das selbst ausprobieren das zu nutzen und auch selbst zu installieren. Das hat ein bisschen Zeit gekostet, hat dann aber funktioniert. Dann haben wir uns gefragt: Kannst du im Alltag auch mit freien Systemen und freien Anwendungen arbeiten – ja oder nein?

Um welches freie Betriebssystem handelt es sich da und was waren die Hürden?

Volker Wittpahl: Also es gibt eigentlich mehrere freie Systeme. Das Problem ist nur, du brauchst halt eins, das auf deinem Gerät auch funktioniert und wo es eine kritische Masse an Entwickler*innen gibt, die es auch weitertreiben. Weil wenn du keine Entwickler*innen hast, die auch ihre Freizeit reinstecken, um so ein System am Laufen zu halten, dann ist es irgendwann entweder nicht mehr zeitgemäß oder bekommt Sicherheitslücken. Es gibt ein System, das heißt LineageOS und wird seit mehreren Jahren auch für Android-Telefone entwickelt. Da gibt es unzählige Geräte, die LineageOS unterstützen. Nachdem ich das hier vom Chaos Computer Club mitbekommen habe, habe ich erstmal geguckt welche Geräte es gibt und mir dann ein entsprechendes gerät besorgt, um dann eigenständig dieses System zu rooten und dann das System aufzuspielen. Das hat bei dem ersten Gerät, das ich mir gekauft habe nicht ganz so gut geklappt.

Katharina Larisch: Gar nicht.

Foto von Volker Wittpahl und Katharina Larisch

FM4/Lukas Tagwerker

Volker Wittpahl: Nein das stimmt nicht, es hat nicht nicht geklappt. Bei dem zweiten Gerät, das ich mir zugelegt habe, war es relativ einfach. Es klappte sofort. Genau nach Anleitung. Dann konnte ich mit dem eigentlichen Alltagsversuch anfangen. Man muss sich das mal vor Augen führen: In Deutschland hat Android rund 80% aller Nutzer*innen, iOS von Apple hat fast 20% und dann gibt es noch einige wenige Sonderbetriebssysteme. Wenn man bedenkt, dass LineageOS mit 1,5 Millionen Nutzer*innen das am weitesten verbreitete freie System ist, dann ist es eigentlich erstaunlich, wie gut es ist und wie wenig Leute damit bis dato arbeiten.

Euer Vorhaben zielt darauf ab, die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten oder zurück zu gewinnen. Was sind „eigene Daten“?

Katharina Larisch: Eigene Daten, das ist natürlich meine Identität. Am Ende geht es darum, dass ich meine eigene Identität schütze und kein Profiling gemacht werden kann. Das Smartphone kann ja überall lokalisiert werden. Das heißt, wenn rauskommt, dass ich dreimal die Woche zum Bioladen gehe und einmal die Woche zum Fitness-Studio, dann kann man versuchen, mich zu charakterisieren. Dann wird versucht mir darüber Werbung zu geben, mich zu beeinflussen, mich politisch zu manipulieren. Und das ist, was wir verhindern wollen. Ich möchte nicht, dass meine Vorlieben und meine sonstigen Dinge von irgendeiner dritten Person verwendet werden, verkauft werden für teures Geld und dann genutzt werden, um mich zu manipulieren.

Der frühere Facebook-Investor Roger Mcnamee warnt mittlerweile davor, dass die großen Firmen des Überwachungskapitalismus (Amazon, Apple, Facebook, Google) so etwas wie „Daten-Voodoo-Puppen“ von uns allen entwickelt haben, mit denen sie unser Verhalten vorhersagen und unsere Entscheidungen beeinflussen. Wie kann man das fassen, dass die „eigenen Daten“ anderen Firmen gehören?

Katharina Larisch: Also erstmal gehören meine Daten mir. Ich gebe sie ja freiwillig weg, oder aufgrund von Bequemlichkeit. Wenn ich mir WhatsApp auf mein Handy runterlade, kann die Eigentümer-Firma Facebook alles, was ich über WhatsApp verschicke, nutzen. Jedes Bild, das ich über WhatsApp verschicke, gehört dann Facebook, gehört Herrn Zuckerberg und er kann damit machen, was er will. Er kann es verkaufen, er kann es auf die Kellogs-Packung drucken und so weiter. Und er ist eigentlich nicht böse, weil ich habe dem zugestimmt.

Aber ich habe natürlich die Freiheit zu sagen, ich nehme nicht WhatsApp sondern einen anderen Messenger-Dienst, der das nicht macht. Aber dazu muss ich erst einmal wissen, was Facebook mit den Daten macht. Die Problematik liegt darin, dass es die Leute nicht wissen. Auf der Website des deutschen Bundesbeauftragten für Datenschutz steht ganz groß drauf, dass die Nutzungsbedingungen bei WhatsApp nur auf Englisch sind und deswegen für Deutschland gar nicht gelten. Aber trotzdem nimmt Facebook einfach alle Daten und sie machen damit was sie wollen.

Volker Wittpahl: Wenn wir uns jetzt vorstellen Katharina würde Facebook nutzen wollen, ich aber nicht. Sie hat aber meine Adressdaten in ihrem Telefon und sobald sie sich bei WhatsApp anmeldet, werden all ihre Kontaktdaten, die auf dem Handy sind, zu Facebook übermittelt inklusive der Mobilfunknummern. Das heißt auf einmal hat Facebook meine Mobilfunknummer und unter Umständen meinen Klarnamen, weil Katharina einfach WhatsApp genutzt hat. So kann Facebook auf einmal auf meine Daten zugreifen ohne dass ich etwas dazu beigetragen habe. Das ist vielen Menschen nicht bewusst. Wenn ich bestimme Sachen nutze, dann habe ich nicht nur eine Verantwortung gegenüber meinen eigenen Daten, selbst wenn ich sage, die interessieren doch keinen. Ich habe auch eine Verantwortung gegenüber den Daten, die ich von meinen Freunden und anderen bekommen habe.

Was sind Erkenntnisse aus einem Jahr Selbstversuch digitale Mündigkeit? Was kann man machen?

Katharina Larisch: Zum einen gibt es Alternativen. Nicht für alles aber für vieles. Zum anderen: die EU ist ein Markt. Die könnte sich gegen Facebook stellen. Wir hatten eine dänische EU-Wettbewerbs-Kommissarin, die wollte das machen. So richtig weit gekommen sind wir damit nicht. Aber das ist die politische Dimension, die kann ich alle 5 Jahre im Ansatz vielleicht beeinflussen. Ansonsten geht es darum, sich zu überlegen: wenn ich irgendwas aus Bequemlichkeit nutze, welchen Dienst auch immer, was gebe ich Preis? Und was heißt das für mich? Wir sind ja keine Herde von dummen Schafen, die durch die Gegend getrieben werden. Am Ende haben wir alle noch ein bisschen Hirn und können sagen, wenn jetzt WhatsApp so agiert und wenn jetzt Deutschland mit seinen 80 Millionen Einwohner*innen sagen würde: wir nutzen es nicht, dann ist die Frage, ob sich dann irgendwas ändern würde. Solange wir aber alles einfach ertragen und mitmachen und aus unseren Daten weiter Geld gemacht wird, wird sich doch nichts ändern.

Wie weit ist es möglich, die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten?

Volker Wittpahl: Du kannst freie und alternative Systeme nutzen. Also Open Source Projekte oder eben freie Dienste, die halt teilweise nicht ganz so komfortabel sind, wie das, was du kennst. Aber damit kannst du schon eine ganze Menge an Hoheit über deine Daten gewinnen. Das Dilemma ist zu einem großen Teil die Bequemlichkeit. Das ist so wie mit dem Rauchen oder mit dem Alkohol: du weißt, dass es nicht gut für dich ist, aber dann nutzt du doch wieder Google Maps oder was anderes, weil das geht eben schneller oder einfacher. Aber im Prinzip kannst du sagen: ich nutze entweder freie Dienste oder ich verzichte komplett drauf. Nur das Problem dabei ist – und deswegen haben wir auch diesen Selbstversuch gemacht – wenn du sagst, ich verzichte komplett auf das digitale Leben, dann wirst du irgendwann keine Chance mehr haben, mit dem Rest der Gesellschaft zu interagieren. Und dann ist die Frage: wie kann ich mich befreien aus dieser Gefangenschaft der Konzerne? Und da gibt es eben andere Systeme und das war eben der Versuch zu zeigen, ja, auch wir Laien schaffen es, diese Systeme uns anzueignen.

Nutzt du LineageOS immer noch?

Volker Wittpahl: Ja, ich nutze das Telefon, das ich mir im Rahmen dieses Selbstversuchs zusammenkonfiguriert habe, immer noch. Und das hört sich jetzt doof an, aber: ich bin stolz drauf. Nachdem ich das gemacht habe, haben wir einen befreundeten Hacker getroffen, der sagte: was, das hast du selber hingekriegt? Ich so: nein, mit Anleitung. Er so: oh-oh-oh-oh! Und das macht einen doch so bisschen stolz. Und es fühlt sich auch anders an. Der Unterschied zu dem Smartphone, das ich davor genutzt habe, ist einfach: es fühlt sich ruhiger an und ich kriege alle zwei Tage ein System-Update. Und das gibt mir das Gefühl, da sind Leute, die kümmern sich darum, dass das System auch sicher ist. Und dieses Sicherheitsgefühl ist ein sehr angenehmes.

Wieviel Aufwand und wieviel extra-Zeit und Beschäftigung bedeutet es für Laien diese Datenhoheit zu bekommen?

Volker Wittpahl: Wir haben das im Rahmen unseres normalen Alltags gemacht. Hätten wir es als Kern unserer Freizeit gemacht, wären wir bestimmt weitergekommen. Aber wir haben es unter realen Bedingungen, die wir durch unseren beruflichen und privaten Alltag haben, gemacht und man muss sagen: es dauert. Weil wenn du etwas Technisches ausprobieren möchtest, das klappt nicht sofort. Du musst nach hinten hin immer Zeit dafür einplanen. Also sowas am Abend zu machen, wenn du schon halb müde bist, besser sein lassen und dafür eher an einem Samstag oder Sonntag, wo du weißt, ich habe danach notfalls noch mehr Zeit, falls was nicht klappt.

Katharina Larisch: Das, was wir uns vorgenommen haben für dieses Jahr, haben wir nicht ganz geschafft. Wir haben einen Teil geschafft und der Versuch geht jetzt weiter. Wir hatten einen Plan und dann kam das Leben und wir sind auch auf Urlaub gefahren und wenn das Wetter schön war, wollten wir Fahrrad fahren. Es sind einfach solche Sachen und der Selbstversuch sollte nicht zur Belastung werden. Es gibt Sachen, die sind super einfach zum Umsetzen. Der erste Schritt geht ruckzuck, die zweiten 50% sind dann zäh.

Aus welchen Diensten oder Produkten seid ihr ausgestiegen?

Katharina Larisch: Also ich war sowieso nie auf Facebook, weil die waren mir immer schon suspekt. Außerdem haben wir keinen Fernseher, also mussten wir uns auch nicht von Netflix befreien. Und Smarthome war mir auch schon immer suspekt. Wozu brauche ich eine Waschmaschine, die ich über zwei Kontinente anschalten kann? Wo sind wir denn wirklich ausgestiegen?

Volker Wittpahl: Wir hatten WhatsApp als Messenger, das ist weg. Dann hatte ich diverse freie Email-Accounts durch Projekte, die ich früher mal gehabt habe, auch weg. Oder auch Cloud-Dienste wie zum Beispiel einen Dropbox-Account und dort haben wir systematisch ein Cleaning betrieben. Auch die mit den Windows-Rechnern verknüpften Konten sind gelöscht worden.

Katharina Larisch: Und wir sind nicht sozial isoliert.

Volker Wittpahl: Ne. (lacht)

Katharina Larisch: Beim Messenger-System habe ich ganz banal dann allen irgendwann geschrieben: so, ich steige aus, aus dem einen, gehe zu einem anderen, ich habe geschrieben warum. Ich habe ein paar Kontakte verloren, aber auf der anderen Seite sehe ich die Leute immer noch und irgendwie gibt es auch noch so etwas wie das Telefon, das funktioniert also.

Ist es insgesamt schon zu spät für den Schutz von Artikel 12 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Schutz der „Freiheitssphäre des Einzelnen“, wo es heißt „Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.“?

Katharina Larisch: Was wir natürlich wissen ist: wir kommen nur zu einem bestimmten Punkt. Es gibt einfach Sicherheitslücken in Systemen, die nicht geschlossen werden aus welchen Gründen auch immer. Sei es, dass die Unternehmen das so haben wollen, oder, dass es Regierungen so haben wollen. Was da genau passiert, das wissen wir einfach nicht. Also ist es zu spät? Ich weiß es nicht. Ich möchte einfach versuchen, ihnen so wenig Daten wie möglich zu geben und es ihnen so schwer wie möglich zu machen. Ob sie mich am Ende immer noch profilen können, das weiß ich nicht. Aber zumindest mache ich es ihnen so schwer wie möglich und präsentiere nicht alles am Tablett nur weil es bequem ist.

Volker Wittpahl: Das Problem mit dem Artikel ist, dass wenn etwas passiert, was nicht dokumentiert ist, dann kannst du dich nie dagegen wehren, weil du nicht weißt, dass es existiert. Das sind einfach undokumentierte Kommandos. Alles, was das betrifft, da werden wir nie Sicherheit haben. Vor einem Geheimdienst, der dich abhorchen will, wirst du dich wohl nie schützen können, weil die werden immer noch andere Möglichkeiten haben. Aber vor Konzernen, die ein Persönlichkeitsprofil von dir erstellen, um dich in deinen Entscheidungen zu beeinflussen – ob das Kaufentscheidungen oder andere sind – da kannst du zumindest versuchen etwas dagegen zu tun.

FM4 Auf Laut 22.10.2019 - Wem gehören meine Daten?

Unsere Namen, Emailadressen und Vorlieben führen längst ein Eigenleben im Netz. Viele fühlen sich dagegen machtlos und überlassen ihre Daten den IT-Giganten. Ist es in Zeiten zunehmender Digitalisierung überhaupt noch möglich, selbstbestimmt mit personenbezogenen Informationen umzugehen?

DigitalisierungsexpertInnen Volker Wittpahl und Katharina Larisch sind dieser Frage nachgegangen. Sie haben ein Jahr lang ihre Spuren im Internet verfolgt und versucht, die Kontrolle über ihre Daten zurückzugewinnen. Wie geht Datensouveränität? Warum ist sie überhaupt wichtig? Und wie technikaffin muss man dafür sein? Darüber spricht Lukas Tagwerker in FM4 Auf Laut mit seinen Gästen und mit euch.

Anrufen und Mitdiskutieren unter 0800 226 996 am 22.10.2019 von 21-22 Uhr.

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