Neues von Laurie, EsraP & Gasmac Gilmore, Young Rule, Vivin u.v.m.

Wie man gut am Leben leidet, wie aufgeräumt Chaos klingen kann, noch mehr Weihnachtsvideos. Die österreichische Musikwoche im Überblick.

Von Lisa Schneider

Die neuen FM4-Studios sind eingeweiht, wir freuen uns, dass das mit guten alten (langjährigen!) Freund*innen wie etwa James Hersey oder Lylit passiert ist. Beide haben uns als Einweihungsgeschenk einige ihrer Songs im exklusiven Akustik-Gewand dagelassen.

Wir wissen seit letzter Woche außerdem, wie inspirierend das vielleicht äußerlich fade Landleben sein kann: Leyya haben uns in FM4 im Viertel durch ihren Heimatort Eferding geführt.

Nicht ganz so urban gelegen fühlt sich auch unser brandneuer FM4 Soundpark Act im Dezember beim Schreiben am wohlsten: Paul Ruben ist von Kärnten nach Wien, und von Wien ins Burgenland gezogen. Dort hat er die notwendige Ruhe gefunden, um seine sehr gute EP „Halleluya“ aufzunehmen.

Und jetzt: ein paar neue Video-Schmankerl.

Laurie - Heaven On A Thread

Wenn mitten im Wort das Riff gewechselt wird, oder auf Wörtern wie „dense“ die intonierte, besagte Schwere liegt, weiß man - da schreibt jemand, der’s weiß. Laurenz „I am sad / so very, very sad“ Jandl, jetzt musikalisch als Laurie unterwegs, hat noch vor wenigen Jahren die mittlerweile aufgelöste, zu Zeiten eine der besten Bands des Landes gegründet: Polkov.

„Heaven On A Thread“ ist Lauries erste Solo-Single, im Studio waren wieder ein paar alte Polkov-Kumpels dabei, man hört’s, und es passt gut so. Kurzer Nostalgie-Atemzug auch im Video: Hier sehen wir Original-Footage eines Wiener Sängerknaben, der Anfang der 70er-Jahre um die Welt gereist ist.

Das Leben ist eines der härtesten, auch das weiß Laurie. Selbst, wenn das alles so herrlich unaufgeregt klingt. Die Größten waren schon immer die Unaufgeregtesten - vor allem dann, wenn es ums gitarrenbegleitete Geschichtenerzählen geht. Mit Lauries Musik jedenfalls lässt sich ein Bogen spannen, von den Travelling Wilburys zu Car Seat Headrest. Kleine Wilco-Abzweigung dazwischen. All jenen bleibt gemeinsam: Zeitlosigkeit ist nicht nur in der Mode eine kostbare Sache.

EsraP & Gasmac Gilmore - Galata und Riesenrad

Galata ist ein Stadtteil Istanbuls, das Riesenrad ist eine der überlaufenen Attraktionen Wiens. Beide sind Kulturgut und Touristenmagnet, vor allem aber auch identitätsstiftend. Ezra und Enes Özmen schreiben einmal mehr über ihr Aufwachsen in einer türkisch/österreichischen Familie, sie selbst Kinder der dritten Generation. Fremd und nah und irgendwie immer dieses komische Loch im Bauch: die Musik kittet, so wie es oft nur im Rap und Hiphop möglich ist.

Worum es EsraP geht, wird erst live richtig klar. Gemeinschaftsgefühl, Schweiß und Liebe. Kein Drängeln, kein Stoßen, ein gemeinsames Wogen und gutes Verrücktwerden, wenn der liebste Song drankommt. Zu erleben und mitzuschwitzen das nächste Mal - gemeinsam mit Gasmac Gilmore - am 19.12. im Wiener Chelsea.

Young Rule - Flux

Erinnert sich noch jemand an GODS? An die sehr gute Single „Unnatural“? GODS gibt es in besagter Formation nicht mehr, aber es kommt Gutes nach. Young Rule heißt das neue Projekt, hinter dem der österreichische Rapper und Produzent Benjamin Zombori maßgeblich die Fäden zieht.

Benjamin Zombori führt sein Leben mittlerweile in Berlin, Mexico City oder wo es ihn zwischendurch sonst hin verschlägt. Das Video zur Single „Flux“ ist Zeuge, Inhalt nämlich eine mexikanische Medien-Installation. In all seiner Frische bringt Young Rule auf „Flux“, in old-schooliger Tradition, die Beats straight und die Reime knapp. Gerissen.

„Tired of being late“: Gutes Motto auch für 2020. Schon Ende dieser Woche wird’s das nächste Video von Young Rule zu sehen geben.

Vivin - Kaos

Im schon überschaubaren Indie-Musikkosmos Österreich ist es ein amüsanter Zufall, dass es innerhalb von vier Jahren gleich zwei Alben mit demselben Titel gibt. Der Begriff „Kaos“ hat 2015 Kids’N’Cats gut gefallen, es hat auch gut gepasst zur lieb-verrückt-bunten Popgruppe. Vivin, schon noch eher brav im Vergleich, probieren sich auch am griechischen Großbegriff (Album-Veröffentlichung war im Mai 2019). Jetzt gibt’s zur titelgebenden Single auch ein Video.

Das „Kaos“ liegt hier außerhalb, in der Welt und ihren Zuständen. Die Band oder ihr Sound sind das Verlässliche in der allumfassenden Unruhe, die getupften Synthesizer, der Doppelgesang, die Songstruktur, die in der Atmosphäre aufgeht. Schutzmasken und -anzüge zur Abwehr, Bass, Mikro, Tasten zum Einklang. Aufgeräumtes Durcheinander.

So this is Christmas: Übernatürliches, Stallausmisten

Wieso nicht noch eine kleine vorweihnachtliche Tradition aufstellen: Letzte Woche mit Titus Probst geschunkelt - diesmal Kekse essen, lachen, weinen, und feiern mit der Assim Records Familie und ihrem weihnachtlichen Beitrag „Spirit Hand“.

Besungen wird das Label-Logo, die charmant-vermurkste Hand, unter deren Obhut sich aktuell Acts wie Mynth, Good Wilson, Mantha oder Steaming Satellites aufhalten. Ganz so, wie sich Assim Records eigentlich versteht: schon in erster Linie als Label, aber in zweiter, oder zweit-erster als Zusammenschluss junger Künstler*innen. Jinge-linge-ling.

Ställe und Ausmisten. Mit seinen „Pferdeäpfeln“ dockt Fuzzman eh irgendwie an christliche Bräuche an. Außerdem: berühmter Besuch, Sprühkerzen, Gitarren und ein bisschen Demut. Wie sich’s gehört.

Auch noch gut und gut zu wissen

• Astro Kit, also ein Survival-Package im Weltraum und eine Elektropop-Packung hier auf der Erde: das Wiener Duo hat gerade seine Debüt-EP veröffentlicht. Fetzt und knarzt und funkelt, so wie’s im All sein muss. Neues Video zum Song „Make Up“ gibt’s auch.

• Gegen den Winterschlaf: Mickey waren mit Kerosin95 im Studio, haben die Beats und die Heizung aufgedreht und legen gemeinsam „Alle Up“ vor. Pumpen, pumpen, pumpen, Englisch, Deutsch, hört es laut, schreit es raus.

• Doch ein bisschen Winterschlaf, zumindest Winterkuscheln mit dem Schmusechor. Das hat sich Yasmo gedacht und hat in einer sehr cosy Sofar Session den Song „Gut Genug“ aufgenommen.

• Es gibt ein neues Familienmitglied bei Assim Records, die Band heißt Elsa. Kratzt in der Stimme, traurig, bisschen. „76 Jahre“ heißt die erste Nummer, die jetzt schon mal wehmütig in die Zukunft schaut. Live zu sehen außerdem am 6.12. im Grillx in Wien.

• Auch neu: Pia Basey. Ursprünglich aus Tirol startet sie mit Single und Video „Flow“ die Solokarriere. 90er-Jahre-Krach, die gute Sorte, dichte Atmosphäre, und dann doch eher Rock-Schuppen denn Hipster-Disko.

• salute hat wieder gezaubert: zwei neue Remixes findet ihr hier.

• Gute Nachrichten für die Veranstalterszene Wiens: Der lange Ruf nach einem Nachtbürgermeister / einer Nachtbürgermeister soll in Form der Servicestelle „Vienna Club Comission“ umgesetzt werden.

• Elektro Guzzi sind vor allem für ihre knisternden, imposanten Liveshows bekannt. Runterschrauben! war das Motto beim Heimlich Podcast: Dafür haben Elektro Guzzi jetzt ganz langsam, und ganz genüsslich, eine Session eingespielt.

• Auch im Okto Studio sind wieder schöne Dinge passiert: Dives haben ihr Debütalbum geschnappt und für 12 Minutes Live die Regler aufgedreht.

• Der Traurige Gärntner marschiert freitags lautstark mit. Er hat zur musikalischen Untermalung der Klimaproteste die „Climate Justice EP“ aufgenommen.

• In der letzten Sonntags-Soundparkausgabe mit und von Stefan Trischler gab’s die oben erwähnte Session von Elektro Guzzi in voller Länge zu hören, außerdem war die Band Löven zu Gast - und Lylit hat alles über ihr brandneues Album „Inward, Outward“ erzählt.

• Und, ab jetzt auch wöchentlich dabei: die neue FM4-Soundparksendung, die jede Woche von 19.00 bis 22.00 stattfindet, gibt’s ebenfalls noch sieben Tage lang im FM4-Player nachzuhören. Inklusive - unter anderem - den Acoustic Sessions von Lylit und James Hersey, einem FM4 im Viertel mit Leyya und neuesten Tracks von Peter The Human Boy oder Downers & Milk.