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„Das schlimmste Jahr in der Geschichte von Hinds“

Große Erwartungen, große Enttäuschungen, der beste Moment des Jahres und ein Lokalaugenschein in Madrid - die spanischen Indie-Rockerinnen Hinds erzählen von ihrem 2020.

von Michaela Pichler

„2020 war wirklich das schlimmste Jahr, das wir uns als Hinds hätten vorstellen können. Natürlich hat niemand so etwas vorhergesehen. Wir hatten so viele Pläne und so viele Erwartungen.“

In Madrid scheint die Sonne, während Gitarristin und Sängerin Carlotta Cosials von Hinds über das Bandjahr reflektiert. Cosials, Ana García Perrote, Ade Martín und Amber Grimbergen hatten als Indie-Quartett große Pläne für 2020. Im Frühling sollten sie ihr drittes Album veröffentlichen, mit einer großen Welttournee sollte „The Prettiest Curse“ gefeiert werden. Es ist ein Album übers Heimweh, das Hinds doch seit Jahren geplagt hat. Immer on the run, immer on the road, zwischen Las Vegas und Hong Kong, zwischen Festivalwahnsinn und verrauchte Kellerlokale wurde Jahr um Jahr getourt. Da vermisst man auch schon mal sein Zuhause in Madrid, die Fernbeziehung oder einfach nur einen ganz normalen Alltag.

Hinds

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Das dritte Album von Hinds „The Prettiest Curse“ ist am 5. Juni 2020 via Lucky Numbers erschienen.

Das Album „The Prettiest Curse“ ist mit leichter Verzögerung trotzdem erschienen, allerdings ohne große Live-Momente. Wie es sich anfühlt, eine LP mitten in einer Pandemie zu veröffentlichen, für die man ein ganzes Jahr geschuftet hat? „Die Welt war nicht bereit, nicht so, wie wir uns das gewünscht haben.“ Das Feedback habe gefehlt, das sich für alle Musiker*innen in diesem Jahr wohl hauptsächlich auf Social Media und Musikrezensionen beschränkt hat.

„Wenn du das gewohnt bist, in so einem Musiker*innen-Job, dass du dich auf der Bühne am wohlsten fühlst und du auf dieses echte Feedback bei einer Show vom Publikum angewiesen bist, dann fühlt sich dieses Jahr einfach nur kalt an.“

Vom Jetleg-Life zum Lockdown-Alltag

2020 geht in die Bandgeschichte ein als das traurige Jahr mit den wenigsten Konzerten, seit es Hinds gibt.

„Ich habe sie letztens gezählt, es waren echt nur zehn!“, meint Carlotta Cosials im Interview. Vom Jetleg-Leben zum Lockdown-Alltag, seit März sind die vier Musikerinnen wieder in Madrid.

Im Frühjahr galt die Hauptstadt als die von Corona am härtesten getroffene Region in Spanien. Der Notstand wurde ausgerufen, bis Juni verharrten die knapp 7 Millionen Einwohner*innen in einem harten Lockdown. Im Sommer hieß es dann ein wenig aufatmen. Auch Hinds konnten ein paar kleine Sitzkonzerte spielen.

Normalerweise ist die Band für ihre energetischen, schweißtreibenden Auftritte bekannt. Für die „neue Normalität“ haben sich Hinds was anderes überlegt. „Wir sind die Sitzkonzerte ein bisschen so angegangen, als wäre es ein Theaterstück. Aber im zweiten Teil des Sets ist das Publikum dann wirklich aufgetaut, die Leute haben auf ihren Sitzplätzen getanzt. Da haben wir alle unsere Rocksongs rausgehauen! Ich habe diese Konzerte geliebt,“ lacht Carlotta Cosials durch die Webcam.

Hinds

Michaela Pichler

Auch die spanische Musikszene kämpft gerade ums Überleben. Einige Venues vermieten ihre Räume als Shooting-Locations oder Drehort für Musikvideos. Auch Hinds haben in einem Lokal ein Streaming-Konzert aufgezeichnet, im Moment mussten noch keine ihrer Lieblings-Venues schließen.

In Spanien sind Veranstaltende und Konzertlocations ebenso auf staatliche Corona-Subventionen angewiesen. „Diese enden allerdings im Februar. Niemand weiß zur Zeit, was dann passiert - das ist noch ein großes Mysterium“. Wie es nächstes Jahr um die lokale Musikszene in Madrid steht, bleibt wie auch in anderen Städten und Ländern auf der ganzen Welt ein großes Rätsel.

Ein Moment des absoluten Glücks

Blicken Hinds zurück, erinnern sich die Musikerinnen besonders gerne an den allerersten Tag des Jahres: Als sie gemeinsam mit the Strokes und Mac DeMarco ins neue Jahr gefeiert haben, zusammen mit über 10.000 Fans – ihr bester Moment 2020: „Wir haben in New York gemeinsam in den 1. Januar gefeiert, im Barclays Center, das ist ein Stadion in Brooklyn. Auf einmal haben wir uns so auf 2020 gefreut, weil es einfach so ein gewaltiger Anfang ins neue Jahr war. Wir waren noch ganz unschuldig und wirklich absolut glücklich!“

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